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Was wird aus dem Olympiastadion? Eine Lösung ist noch nicht in Sicht.

© Maurizio Gambarini/dpa

Architekten wollen „deutsches Wembley“ in Berlin: Ein „Nationalstadion“ im Olympiapark wäre befremdlich

Ein „Nationalstadion“ dort, wo Adolf Hitler einst den Sport missbraucht hat? Das wäre wunderlich. Vielmehr lohnt ein Blick nach München. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Martin Einsiedler

Es geht tatsächlich ohne Fußball. Das verrät ein Blick nach München, der Stadt in Deutschland, die den mit Abstand erfolgreichsten Profiklub beheimatet. Zwar ist dort der Olympiapark in diesen Tagen wegen der Coronavirus-Pandemie größtenteils geschlossen. Ansonsten aber tobt in dem 85 Hektar großen Areal das Leben. Hunderte von Veranstaltungen finden in coronafreien Jahren hier statt, zudem nutzen über das Jahr gesehen viele hunderttausend Menschen den Park zum Sporttreiben.

Der Olympiapark macht München, auch wenn er Geld kostet, zu einer lebenswerteren Stadt. Und das, obwohl der Profifußball in die Arena nach Fröttmaning gezogen ist. Drittligist Türkgücü, der seit dieser Saison im Olympiastadion spielt, ist für das Areal nicht der entscheidende Faktor. München kann eine Blaupause sein – für Berlin.

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Dort zermartern sich Senat, Landessportbund und Fußball-Bundesligist Hertha BSC seit Jahren die Köpfe in der Frage, wie es weitergehen kann mit dem Olympiastadion. Für Hertha ist es zu groß, zu alt und nicht rentabel. Die Stadt aber will ihren Ankermieter nicht verlieren; und der Landessportbund pocht auf den Erhalt des historischen Baus, der auch anderen Sportarten als Fußball eine Bühne gibt. Das Dumme ist: Man kann jede Seite nur allzu gut verstehen, doch sie sind nicht miteinander vereinbar.

Keine Lösung ist deshalb, das Olympiastadion in ein sogenanntes „Nationalstadion“ nach dem englischen Vorbild „Wembley“ umzubauen, also in ein reines Fußballstadion, in dem Hertha spielen soll und sämtliche Länderspiele der deutschen Nationalmannschaft ausgetragen werden sollen. Das haben jüngst die Architekten Hubert Nienhoff und Hans Joachim Paap vorgeschlagen.

Diese Idee ist von bloßer Profitorientierung getrieben. Hertha bleibt, die Nationalmannschaft kommt, ein gutes Geschäft, so der Gedanke dahinter. Doch zum einen dürfte ein Nationalstadion für den sehr ambitionierten, aber wenig erfolgreichen Klub Hertha BSC immer noch viel zu groß sein. Und zum anderen wären die ohnehin schon gebeutelten Sportarten wie etwa die Leichtathletik die Gelackmeierten.

Zudem gibt es noch eine historisch-politische Komponente, die gegen den Vorschlag der Architekten spricht. Ein „Nationalstadion“ als fester Austragungsort der deutschen Nationalmannschaft an der Stelle, an der Adolf Hitler einst die Athleten mit dem Adler auf dem Trikot beklatscht hat, wäre befremdlich.

Ein Olympiapark ohne Profifußball ist nicht nur möglich, sondern vielleicht sogar wünschenswert. Warum soll in Berlin nicht klappen, was in München funktioniert hat?!

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