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Augen zu und durch. Dedryck Boyata erlebte ein bitteres Pflichtspieldebüt mit Hertha BSC. Die Berliner sind jetzt Tabellenletzter.

© dpa

Ante Covics Kampf gegen Widrigkeiten: Hertha BSC kommt nur in Trippelschritten voran

Gegen den Mainz 05 kassiert Hertha BSC die dritte Niederlage hintereinander. Immerhin war das Pflichtspieldebüt von Dedryck Boyata ein Lichtblick.

Dedryck Boyata hat am Samstag beim FSV Mainz 05 mit einiger Verzögerung sein Debüt für Hertha BSC gefeiert. Er hat – man muss das leider so sagen – maßgeblich zur dritten Niederlage im vierten Saisonspiel beigetragen, weil die Entstehung des Mainzer Führungstreffers entscheidend von ihm begünstigt wurde. Ein schuldhaftes Verhalten lag allerdings nicht vor. Eher ein unglücklicher Umstand.

Unter normalen Umständen wäre die Hereingabe des Mainzers Pierre Kunde eine leichte Beute für Herthas Verteidigung gewesen. Doch was ist bei Hertha derzeit schon normal? Der Ball streifte Boyatas Unterschenkel, so dass er weder für Marius Wolf noch für Torhüter Rune Jarstein erreichbar war und genau bei Robin Quaison landete. „Das war die Krönung“, sagte Herthas Trainer Ante Covic.

Der Berliner Fußball-Bundesligist und sein Trainer haben derzeit mit allerlei Widrigkeiten zu kämpfen. Das ist keine ganz neue Erfahrung für Teams, die sich im unteren Drittel der Tabelle bewegen. Die Berliner sind nicht die Ersten, die in einer solchen Situation das Gefühl haben, dass eigentlich alles gegen sie läuft. In Mainz jedenfalls kam erneut einiges zusammen: die Entstehung des Mainzer 1:0 mit der abgefälschten Hereingabe; der späte Siegtreffer zum 2:1-Endstand durch Jeremiah St. Juste, durch den Spieler also, der nach Ansicht einiger Berliner wegen einer Tätlichkeit gegen Davie Selke eigentlich gar nicht mehr auf dem Platz hätte stehen dürfen. „Die Niederlage fühlt sich beschissen an“, sagte Trainer Covic am Morgen danach.

Der Kroate sprach von einem ordentlichen Auswärtsauftritt seiner Mannschaft, führte als Beleg unter anderem die 16 Torschüsse an, die für Hertha gezählt worden waren. „Wenn du zehn Spiele gegen Mainz so spielst wie gestern, gewinnst du sieben Spiele, zwei enden unentschieden, eins verlierst du“, sagte Covic. „Aber im Moment fällt es uns brutal schwer, uns für den Aufwand, den wir betreiben, zu belohnen.“

Herthas Trainer nahm für sich in Anspruch, die Dinge differenzierter zu betrachten und sich bei der Bewertung der Situation nicht allein von der Tabellensituation leiten zu lassen. Zu einer differenzierten Betrachtung gehört allerdings auch, dass der Gegner am Samstag Mainz 05 hieß; dass dieser Gegner Tabellenletzter war und bis dahin alle vier Pflichtspiele dieser Saison verloren hatte; dass Trainer Sandro Schwarz einige wichtige Spieler ersetzen musste – und das fußballerische Potenzial der Mannschaft doch sehr begrenzt ist.

Trotzdem reichte es für Hertha nicht mal zu einem Punkt. „Uns fehlt die Leichtigkeit“, sagte Covic. „Es gelingt und nicht, die Spiele spielerisch zu dominieren und zu gewinnen. Wir müssen es erzwingen.“ Von der Idee, mit dem neuen Trainer offensiv, dominant und mutig aufzutreten, ist schon nach wenigen Wochen nichts mehr geblieben. „Es fehlt eine gewisse Überzeugung. Die Selbstverständlichkeit im letzten Drittel ist bei uns noch nicht vorhanden“, sagte Covic. „Es gibt nur einen Weg zum Erfolg – indem wir weiterhin so fleißig sind, wie wir waren.“

Trotz der Niederlage gibt es Lob vom Trainer

Von einer grundlegenden Veränderung ist erst einmal nicht mehr die Rede; es geht allenfalls um Trippelschritte in die richtige Richtung. So lobte der Trainer den Umgang der Mannschaft mit den Rückschlägen. Nach dem ersten Tor der Mainzer habe sie eine Reaktion gezeigt: „Auf Schalke habe ich so eine Reaktion vermisst.“ Da hieß es am Ende 0:3.

In der Situation, in der Hertha steckt, muss man sich an den kleinen Dingen erfreuen. Am ersten Pflichtspieleinsatz von Dedryck Boyata zum Beispiel. „Für mich war es ein frustrierendes Debüt“, sagte der 28-Jährige. Aber das bezog sich auf den Ausgang des Spiels – nicht auf die eigene Leistung. „Dedryck ist ein Spieler, der hinten für eine gewisse Stabilität sorgt. Das konnte man in Mainz schon erkennen“, sagte Covic. „Er hat gezeigt, warum wir ihn nach so kurzer Zeit im Training schon wieder haben spielen lassen.“

Das 2:1 für die Mainzer fiel erst, als Covic Boyata bereits vom Platz geholt hatte. Es fiel nach einer Ecke – und möglicherweise wäre das mit dem kantigen Belgier im Zentrum nicht passiert. Bei seinem Bundesligadebüt war Boyata präsent, umsichtig, stabil im Spielaufbau. Er bestätigte die Eindrücke aus den ersten Wochen der Vorbereitung, als er auf dem besten Wege schien, sich bei Hertha gleich einen Stammplatz zu erobern. Doch zu Beginn des Trainingslagers in Österreich verletzte sich der Neuzugang und fiel im Anschluss fast sechs Wochen aus.

Covic tauschte fast die halbe Mannschaft aus

Seit knapp vierzehn Tagen trainiert er nun wieder mit der Mannschaft. Auch seinetwegen stellte Covic für das Spiel in Mainz um, wechselte vom 4-2-3-1 auf ein 3-5-2. Es wäre für Boyata zu früh gewesen, in einer Viererkette Mann gegen Mann zu spielen, erklärte Covic. „In der Dreierkette, die er auch aus der Nationalmannschaft kennt, hat er gut performt.“

Insgesamt veränderte Herthas Trainer die Startelf auf fünf Positionen, tauschte also fast die halbe Mannschaft aus. „Wenn wir das Spiel gewinnen, sagen alle: Geil, super gewechselt“, erklärte Covic. „Die Jungs bieten sich unter der Woche im Training an, darauf habe ich reagiert.“ Auch den Systemwechsel verteidigte er. Nach den beiden 0:3-Niederlagen sei es um mehr Stabilität gegangen, die Umstellung auf Dreierkette sei daher genau richtig gewesen. Dass sich seine Spieler in dieser Phase, in der sie Sicherheit brauchen, überfordert fühlen könnten, glaubt Ante Covic nicht: „Die Mannschaft hat blindes Vertrauen in das, was wir entscheiden.“

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