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Es geht doch. In Eastbourne erreichte Angelique Kerber zum zweiten Mal in dieser Saison ein Finale.

© AFP

Angelique Kerber in Wimbledon: Grün ist die Hoffnung

Nach ihrem Wimbledon-Sieg vor einem Jahr hatte Angelique Kerber einige Probleme – die Rückkehr auf Rasen soll das ändern.

Angelique Kerber ist zurück am Ort ihrer Träume. Vor einem Jahr holte sie als erste Deutsche seit Steffi Graf den Titel in Wimbledon und sprach hinterher vom „größten Moment“ ihrer Karriere. Nun ist es so, dass Kerber auf dem Tennisplatz durchaus schon andere herausragende Momente gehabt hat, aber der Sieg in Wimbledon steht immer noch über allen anderen Erfolgen. Im Sport aber ist es wie meistens im Leben – es gibt immer ein nächstes Mal. Und so steht die 31-Jährige bei den am Montag beginnenden 133. All England Championships vor der nicht eben kleinen Herausforderung, ihren Titel an der Church Road zu verteidigen.

„Es ist schön wieder hier an diesem für mich so speziellen Ort zu sein. Aber es ein neues Jahr, alles geht wieder bei null los“, sagte Kerber am Sonntagmittag sozusagen auf ihrer Antrittspressekonferenz in Wimbledon. Während der Großteil der Stars schon tags zuvor Fragen zum Turnierstart beantwortete, hatte Kerber am Samstag Besseres zu tun. Obwohl – ganz so gut lief es für sie im Finale von Eastbourne nicht, sie verlor es gegen die Tschechin Karolina Pliskova. Das 1:6 und 4:6 zeigte, dass spielerisch noch nicht alles nach Wunsch läuft für die Deutsche.

Leicht wird es in Wimbledon ohnehin nicht für sie. In der Vergangenheit hatte sie hin und wieder ihre Probleme, wenn der Druck von außen zu groß wurde. Und nach ihrem Triumph 2018 werden am Dienstag bei ihrem Eröffnungsmatch gegen ihre Landsfrau Tatjana Maria alle Augen auf Kerber gerichtet sein. Für viele Experten ist sie auch in diesem Jahr wieder eine der Top-Favoritinnen. Eine gewisse Lockerheit ist bei der Norddeutschen inzwischen spürbar, beweisen muss sie angesichts ihrer Erfolge niemandem mehr etwas.

Tatsächlich ist sie die erfolgreichste Tennisspielerin der vergangenen Jahre. Sie holte seit 2016 drei Grand-Slam-Titel und damit mehr als jede andere in diesem Zeitraum auf der Frauen-Tour. Dazu stand sie 20 Wochen lang an der Spitze der Weltrangliste. Seit ihrem Wimbledon-Sieg vor einem Jahr lief so viel allerdings nicht mehr bei ihr zusammen, 2018 gewann sie anschließend nur noch sieben Matches – genauso viele, wie zuvor in London in zwei Wochen.

2019 sollte mit ihrem neuen Trainer Rainer Schüttler alles besser werden – das klappte aber nur bedingt. Der Saisonstart war noch gut, in Melbourne bei den Australian Open war dann aber bereits im Achtelfinale Schluss. Im Frühjahr häuften sich gesundheitliche Probleme. Auf Sand ging deshalb nichts, so ruhen Kerbers Hoffnungen nun auf Gras. Wieder einmal. „Es fühlt sich für mich ganz natürlich an, sich auf einem Rasenplatz zu bewegen und mein Tennis zu spielen. Aber das war ein Prozess über viele Jahre“, sagte Kerber am Sonntag.

Kerbers Formkurve zeigt nach oben

Eastbourne war dafür ein Beleg, dort erreichte sie ihr zweites Finale in dieser Saison. Die Formkurve zeigt rechtzeitig zum Saisonhöhepunkt nach oben, auch wenn Kerber weiter auf einen Turniersieg warten muss. Den letzten gab es vor zwölf Monaten – in Wimbledon.

Dort ist sie an Position fünf gesetzt, wobei die Rangliste bei den Frauen eher wenig aussagekräftig ist. Ashleigh Barty, die vor drei Wochen die French Open gewann, ging in Paris als Nummer acht ins Turnier. Bei den vergangenen zehn Grand-Slam-Turnieren siegte nur einmal die Weltranglistenerste. Und die ersten 18 WTA-Events des Jahres sahen 18 verschiedene Siegerinnen. Kein Wunder, dass sich deshalb viele Spielerinnen in Wimbledon etwas ausrechnen.

Umso wichtiger, dass Kerber nicht nur gut präpariert, sondern auch selbstbewusst ins Turnier geht. Vor Eastbourne erreichte sie schon auf Mallorca das Halbfinale und konnte sich damit viel Matchpraxis auf Rasen verschaffen. „Ich fühle mich gut, habe gute Matches gegen gute Gegnerinnen bestritten. Der Rhythmus ist zurück“, sagte Kerber.

Angesichts der durchaus knackigen Auslosung mit einer möglichen Finalneuauflage aus dem Vorjahr gegen Serena Williams bereits im Achtelfinale und weiteren ehemaligen und aktuellen Topspielerinnen, auf die sie mehr oder weniger früh treffen könnte, wird sie das auch brauchen. Doch ganz egal, wie Wimbledon 2019 für die Deutsche läuft: Ihren Traum hat sie sich bereits erfüllt. Alles anderes ist nun Zugabe. Die Voraussetzungen für eine mögliche Wiederholung ihres Coups von vor zwölf Monaten sind allerdings nicht die schlechtesten.

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