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Der Kapitän: Niels Giffey ist Albas dienstältester Spieler aus dem aktuellen Kader.

© BBL-Foto/Imago

Alba-Kapitän Niels Giffey vor dem Finale: „Ein bisschen Hardware wäre schon geil“

Am Wochenende kann Niels Giffey mit Alba Berlin Meister werden. Im Interview spricht er über das Quarantäne-Turnier in München und Finalgegner Ludwigsburg.

Niels Giffey, 29, spielte bereits als Jugendlicher für Alba und kehrte dann 2014 nach vier Jahren am US-College als Profi zu den Berlinern zurück. Am Wochenende hat der Kapitän beim Finalturnier der Basketball-Bundesliga in München gemeinsam mit seinen Teamkollegen die Chance auf Albas ersten Meistertitel seit 2008. Das Hinspiel gegen Ludwigsburg steht am Freitag (20.30 Uhr/Magentasport) an, das entscheidende Rückspiel folgt dann am Sonntag (15 Uhr). Vorher haben wir mit ihm gesprochen.

Herr Giffey, wer am Wochenende beim Finalturnier der Basketball-Bundesliga das Finale gewinnt, der wird ...
(zögert) ... Meister?

Also nicht „Corona-Cup-Gewinner“? Das war vor dem Start Ihre Bezeichnung für den Turniersieger.
Ich weiß nicht, wie man das nennen soll. Es ist halt wirklich eine ganz andere Situation mit der Turnierform, die wir jetzt haben, ohne die klassischen Play-off-Runden.

Würden Sie sich denn als vollwertiger Deutscher Meister fühlen, wenn es am Wochenende klappt?
Das ist schwierig zu sagen. Ich muss mal gucken, wie sich das dann wirklich in der Situation anfühlt.

Die sportliche Wertigkeit des Turniers wurde sehr skeptisch betrachtet: Geschrumpfte Kader, viele Spiele, kaum Vorbereitungszeit. Wie sehen Sie es inzwischen?
Es waren schon wirklich ein paar superinteressante Spiele mit dabei, das Viertelfinale zwischen Ludwigsburg und Bayern zum Beispiel oder das Halbfinale mit Ludwigsburg und Ulm. Das ist einfach ein Riesenwert für die Fans, dass das wieder stattgefunden hat und so präsent war.

Fast noch größer waren die Zweifel an den speziellen Umständen mit drei Wochen Quarantäne, ohne echten Kontakt nach außen. Auch Sie haben sich kritisch geäußert.
Also wenn die Frage aufkommen würde, ob so ein Turnier noch mal stattfinden sollte, dann würde ich mich wieder dagegen aussprechen. Weil ich kein Fan davon bin, drei Wochen von der Familie und der Welt abgeschnitten zu sein, mich nicht um Sachen kümmern zu können. Trotzdem muss man sagen, dass die Leute von der Liga schon einen ziemlich guten Job gemacht haben. Das Hotel ist schon 1a. Und so unangenehm die Situation ist: Wir als Basketball-Community haben das Beste daraus gemacht.

Man kennt sich: Niels Giffey duellierte sich bereits in der Gruppenphase mit Thomas Wimbush und den Ludwigsburgern.
Man kennt sich: Niels Giffey duellierte sich bereits in der Gruppenphase mit Thomas Wimbush und den Ludwigsburgern.

© Poolfoto/Imago

Wie gut sind Sie selbst in den letzten Wochen zurechtgekommen?
Da gab es Aufs und Abs. Jeder hat Tage gehabt, an denen er mental Probleme hatte, weil man ja kaum die Möglichkeit hatte, sich frei zu bewegen und nur zwischen Zimmer, Hotellobby und Halle pendeln konnte. Aber ich glaube, wir haben uns eine gute Zeit daraus gemacht.

Gar nicht gefallen hat Ihnen, dass während des Turniers externe Dopingkontrolleure von der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) in die Quarantäne-Blase eingedrungen sind.
Keine Ahnung, was da los war. Anscheinend wurde die Liga auch nicht richtig informiert, dass die Nada hier Tests machen möchte. Aber zwei Personen haben sich die Freiheit genommen und sind dann – immerhin mit Mundschutz und Abstand – in unseren Raum eingetreten und haben die Tests durchgeführt, auch bei mir. Das war auf jeden Fall ein unprofessionellerer Moment. Das verstehe ich nicht, weshalb so was nicht vorher kommuniziert wird. 

Alba Berlins K.o.-Spiele beim BBL-Finalturnier

  • Viertelfinale, Hinspiel: Göttingen – Alba Berlin 68:93
  • Viertelfinale, Rückspiel: Alba Berlin – Göttingen 88:85
  • Halbfinale, Hinspiel: Oldenburg – Alba Berlin 63:92
  • Halbfinale, Rückspiel: Alba Berlin – Oldenburg 81:59
  • Finale, Hinspiel: Ludwigsburg – Alba Berlin (Freitag, 26. Juni, 20.30 Uhr)
  • Finale, Rückspiel: Alba Berlin – Ludwigsburg (Sonntag, 28. Juni, 15 Uhr)

Sie saßen ja nicht nur mit Ihren Alba-Kollegen, sondern auch mit den anderen Teams und sogar den Referees im selben Hotel. Was für eine Atmosphäre war das?
Am Anfang war es echt interessant, als hier noch viele Teams waren und man die Chance hatte, sich mit vielen Leuten zu unterhalten. Man kennt ja gewisse Leute schon seit Jahren, spielt immer wieder gegeneinander, aber erwischt sich halt sonst in der Saison nur mal fünf Minuten vor einem Spiel. Und hier hatte man mal die Zeit, sich eine Stunde hinzusetzen, einen Wein zu trinken, Karten zu spielen oder ein paar Leute am Golf-Simulator rauszufordern. Das war schon ganz cool.

Hatten Sie denn die Münchner besonders im Blick? „Dass die Bayern-Spieler ihre in München wohnenden Familien drei Wochen nicht sehen, kann mir keiner erzählen“, haben Sie ja vorher gesagt.
(lacht) Die Jokes gab es auf jeden Fall. Ich verstehe mich extrem gut mit ein paar von den Jungs, manche haben in Berlin gespielt, und die haben das natürlich auch gelesen. Aber das muss man dann auch alles nicht so ernst nehmen.

Jetzt sind nur noch Sie und die Ludwigsburger im Hotel. Gehen Sie sich vor dem Finale nun absichtlich aus dem Weg?
Bisher eigentlich kaum. Aber ich wette, in zwei Tagen gibt es vielleicht mal eine komische Situation beim Frühstück. Dabei bleibt es dann aber, glaube ich, auch.

In der Gruppenphase haben Sie Ludwigsburg bereits geschlagen. Welchen Einfluss hat das aufs Finale?
Das Spiel hat beiden Teams gezeigt, wie die andere Mannschaft zum jetzigen Zeitpunkt spielt. Ludwigsburg ist eine sehr physische und athletische Mannschaft und auf gewisse Weise abhängig davon, dass einzelne Spieler kreieren und Eins gegen Eins gehen. Aber jetzt spielen wir ja auch zweimal mit Hin- und Rückspiel. Das wird also eine Serie, in der du wirklich 80 Minuten durchziehen musst, weil der Gesamtscore zählt. Das wird also noch mal etwas ganz anderes.

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Im dritten Jahr in Folge stehen Sie nun im Finale um die Meisterschaft. War die Chance auf den Titel schon einmal größer?
Ich glaube, wir hatten jedes Jahr eine klare Chance. Aber im Endeffekt kümmert mich das auch nicht, wie das von außen eingeschätzt wird. Am Ende des Tages musst du erst mal die Aufgaben im Spiel lösen. Da interessiert mich nicht so sehr, wer wen als Favoriten ansieht.

Unter Trainer Aito Garcia Reneses hat Alba nun sieben von acht möglichen Finals erreicht. Was macht ihn so besonders?
Er hat einfach so eine sehr angenehme, ruhige, stoische Art und Weise, immer weiterzuarbeiten. Egal, wie die Situation aussieht, ob es gut um das Team steht oder man gerade eine Niederlagenserie durchmacht. Und das ist für alle Spieler extrem positiv, diese Mentalität mitzunehmen. Diese Ruhe, die er ausstrahlt, die hilft auch in solchen Situationen wie hier extrem.

Applaus, Applaus: Alba Berlin ist beim BBL-Finalturnier bislang ungeschlagen.
Applaus, Applaus: Alba Berlin ist beim BBL-Finalturnier bislang ungeschlagen.

© BBL-Foto/Imago

Aber wenn Sie jetzt nach dem Pokal auch die erste Meisterschaft mit ihm holen, wird er dann mit 73 Jahren und diesem krönenden Abschluss nicht seine Laufbahn beenden?
Ich glaube, den krönenden Abschluss hätte er längst haben können. Da gab es ja einiges Größeres, was er gewonnen hat. Ich glaube auch, das interessiert ihn gar nicht so sehr. Der Titel ist ein Endprodukt, aber diese Entwicklung und dieses alltägliche Arbeiten, das ist für ihn viel spannender. Er hat ja auch kein Problem, ein, zwei Tage nach dem Pokalsieg schon wieder in die Halle zu gehen und normal weiterzutrainieren, als wäre nichts gewesen.

Worüber würden Sie sich denn am Sonntag mehr freuen: Dass Sie dann vielleicht den Titel geholt haben oder dass Sie endlich wieder nach Hause fahren können?
Es wäre schon sehr, sehr geil, mit ein bisschen Hardware nach Hause zu fahren. Aber ich freue mich auch, dass das jetzt hier nach drei Wochen zu Ende geht.

Das haben Sie sich aber ja auch ein bisschen selbst eingebrockt. Sie hätten ja nicht so viele Spiele gewinnen müssen.
Das stimmt. So hätte man da natürlich auch rangehen können. Aber da kommt dann doch der Wettkämpfer durch.

Leonard Brandbeck

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