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Immer volle Pulle. Jonas Mattisseck (gelbes Trikot) bringt bei Alba sehr oft Energie von der Bank.

© imago images/camera4+

Alba Berlins Jonas Mattisseck im Interview: „Wir finden immer Wege, wie einer Donuts mitbringen muss“

Albas junger Guard über das Spiel am Freitag gegen den großen Rivalen aus München, seine Entwicklung, die Kunst des Verteidigens und die Corona-Einschränkungen.

Jonas Mattisseck, 21, ist in Lichtenrade aufgewachsen und wechselte 2016 in den Nachwuchs von Alba Berlin. Nach ersten Einsätzen bei den Profis im Jahr 2018 erarbeitete sich der Guard eine feste Position im Kader und wurde 2019 erstmals in die deutsche Basketball-Nationalmannschaft berufen. In der vergangenen Saison wurde er mit Alba Deutscher Meister und Pokalsieger. Am Freitag (20.30 Uhr, Magentasport) tritt Mattisseck mit Alba in der Euroleague bei Bayern München an.

Herr Mattisseck, am Freitag spielen Sie mit Alba in der Euroleague bei Bayern München. Dort hatten Sie im Dezember 2018 mit 15 Punkten Ihren ersten großen Auftritt für die Profis. Wie oft denken Sie noch an diesen Sieg im Pokal-Viertelfinale?
Anfangs sehr häufig. Mittlerweile ist es aber ein paar Jahre her und ich konzentriere mich mehr auf das Hier und Jetzt. Aber vergessen werde ich es nie, weil es ein Megaerlebnis war. Auf dem Spielfeld war ich damals schon sehr glücklich, als ich gemerkt habe, dass wir wirklich gewinnen. Aber die Feier in der Kabine und der ganze Abend haben es unvergesslich gemacht.

Bayern gegen Alba ist in den vergangenen Jahren zu einer großen Rivalität geworden. Wie gehen Sie als Spieler damit um?
Sich jedes Mal in etwas hineinzusteigern, wäre nicht gut. Aber eine Rivalität ist auf jeden Fall da und das ist auch etwas Gutes. Wenn man sagen kann, dass man der Rivale von Bayern ist, heißt das, dass man selbst auch einen guten Job gemacht hat als Verein. Wir haben die letzten Jahre immer wichtige Spiele gegeneinander gehabt und man geht in so ein Duell schon anders rein. Deshalb freuen wir uns sehr auf Freitag.

Bayern steht in der Euroleague sehr gut da, aber auch Alba hat einige große Gegner geschlagen und sich viel Respekt erarbeitet. Wie viel sagt das über die Entwicklung des deutschen Basketballs aus?
Die Entwicklung ist sehr positiv und die Erfolge in der Euroleague helfen dem deutschen Basketball enorm. Bayern spielt extrem gut in dieser Saison und wir hatten immer wieder starke Phasen mit wichtigen Siegen. Zwischendurch hatten wir ziemliches Verletzungspech und haben ein paar Spiele in der Schlussphase knapp verloren, weshalb unsere Bilanz jetzt halt so ist, wie sie ist. Aber wir werden uns höchstwahrscheinlich im Vergleich zum letzten Jahr deutlich verbessern und darauf kann man aufbauen.

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Gibt es bei Ihnen Unterschiede in der Herangehensweise zwischen Bundesliga- und Euroleague-Spielen?
In der BBL haben wir einen ganz anderen Druck, wir sind Favorit und müssen die meisten Spiele gewinnen. Natürlich wollen wir in der Euroleague auch so viel Erfolg haben wie möglich, wir gehen da aber manchmal ein bisschen befreiter in die Spiele. Wir sind alle richtig heiß, wollen eine geile Leistung zeigen und gucken dann, was dabei rauskommt. Es ist einfach nice, überhaupt gegen solche Teams zu spielen, dort hinzureisen und das alles zu erleben.

Am Sonntag gegen Vechta waren sie offensiv sehr auffällig. Es passiert aber auch häufig, dass Sie kaum Würfe bekommen und vor allem in der Verteidigung gefragt sind. Wie liegt Ihnen diese Rolle?
In meinem Alter ist es ganz normal, dass du in einem Euroleague-Team die Rolle nehmen musst, die du bekommst. Ich habe mir diese Position erarbeitet und glaube, dass ich ein sehr guter Verteidiger bin. Die Coaches vertrauen mir und darüber freue ich mich sehr.

Sie bekommen es in der Defense häufig mit dem gegnerischen Spielmacher zu tun und sind dabei sehr bissig. Haben Sie schon immer Spaß an dieser Drecksarbeit gehabt, die man in keinem Highlightvideo sieht?
Ein bisschen schon. Im Jugendbereich war ich aber meistens damit beschäftigt, Offense zu spielen und musste hinten manchmal meine Kräfte schonen. Erst bei den Profis habe ich mich wirklich darauf fokussiert und es macht mir viel Spaß. Im letzten Jahr habe ich mich mit Hilfe der Trainer sehr verbessert und gelernt, smarter zu spielen. Das ist im Prinzip wie in der Offense: Es gibt unglaublich viele Facetten und kleine Details, an denen man arbeiten kann. Dass auch Defense so komplex ist, denkt man erst mal gar nicht.

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Welcher Gegenspieler ist besonders schwer zu verteidigen?
Auf jeden Fall Mike James, aber auch Wilbekin, Larkin, Micic – in der Euroleague gibt es so viele Point Guards, die unglaublich schwer zu verteidigen sind.

Sind Sie froh, dass Sie Maodo Lo, der vorher bei Bayern gespielt hat, nur noch im Training stoppen müssen?
Ja, Maodo gehört auch in diese Kategorie. Im Training war das anfangs ein bisschen lustig, weil wir uns aus den Spielen nur als Gegner kannten und noch nicht als Teammates.

Als Sie Ihre ersten Einsätze bei den Profis hatten, steckten Sie noch mitten im Abitur. Mittlerweile sind Sie festes Mitglied eines Euroleague-Teams – und das in Ihrer Heimatstadt. Was soll der nächste Schritt in Ihrer Entwicklung sein?
Ich habe keinen festen Karriereplan, aber ich versuchen jeden Tag hart zu arbeiten, um besser zu werden und meine Rolle im Team zu vergrößern. Ich freue mich, wenn ich jetzt schon in bestimmten Situationen mehr Verantwortung übernehmen kann – und es ist auch mein Ziel, offensiv nach und nach mehr Anteile zu bekommen.

Ihr Freund Bennet Hundt hat Alba vor anderthalb Jahren in Richtung Göttingen verlassen und spielt mittlerweile in Bamberg. War es auch für Sie zwischenzeitlich eine Überlegung, aus Berlin wegzugehen, um bei einem kleineren Klub schnell mehr Verantwortung zu bekommen?
Es gibt unterschiedliche Wege, nicht einen richtigen und einen falschen. Bei Bennet hat es super funktioniert, aber ich habe mich vor zwei Jahren bewusst dagegen entschieden und einen langfristigen Vertrag bei Alba unterschrieben. Darüber bin ich immer noch sehr glücklich. Bisher geht es alles so auf, wie ich es mir gewünscht habe. Die Situation hier passt für mich einfach sehr gut.

Vor zwei Jahren hatten Sie sich für den NBA-Draft angemeldet und dann wieder zurückgezogen. Ist die NBA immer noch ein Traum oder haben Sie das Thema abgehakt?
Ich bin ein Typ, der nicht so gerne darüber spricht, was er vielleicht irgendwann mal erreichen will. Im Kopf habe ich viele Ziele, ich schaue aber lieber in die Gegenwart und die nahe Zukunft.

Mike James (links) gehört zu den ganz großen Namen der Euroleague - und für Mattisseck zu den härtesten Gegenspielern.
Mike James (links) gehört zu den ganz großen Namen der Euroleague - und für Mattisseck zu den härtesten Gegenspielern.

© imago images/Jan Huebner

Alba ist dieses Jahr auf den Guard-Positionen mit Peyton Siva, Maodo Lo, Jayson Granger und Marcus Eriksson sehr stark besetzt. Bei wem können Sie sich am ehesten etwas abgucken?
Die Konkurrenz ist natürlich enorm auf den Positionen, aber das Schöne ist, dass ich von jedem sehr viel lernen kann. Es sind Typen, die mir gerne Ratschläge geben, wenn ich eine Frage habe. Außerdem sind sie spielerisch alle unterschiedlich. Maodo hat ein unglaubliches Ballhandling. Jayson und Peyton kommen über ihre Physis und die Spielintelligenz. Und Marcus ist auf der Zwei einer der Besten in Europa, weil er nicht zu verteidigen ist, wenn er über den Block kommt. Mit solchen Jungs zusammenzuspielen, hilft mir extrem.

Sehen Sie sich perspektivisch wieder mehr als Point Guard?
Ich liebe es, Point Guard zu spielen und trainiere sehr viel dafür, auch individuell. Es ist auf jeden Fall mein Ziel, irgendwann auf der Eins zu spielen. Als Shooting Guard macht es mir aber auch sehr viel Spaß, deshalb spiele ich sehr gerne dort, wo ich gerade gebraucht werde.

Egal mit wem man bei Alba spricht: Alle loben die Stimmung in der Mannschaft. Ist bei einem solch engen Spielplan, durch den Sie teilweise mehr Zeit mit Ihren Kollegen als mit Ihrer Familie verbringen, die Teamchemie vielleicht sogar wichtiger als die individuelle sportliche Qualität?
Wir würden sicher nicht so gelassen durch diese Phasen mit Spielen, Reisen, Spielen, Reisen kommen, wenn wir uns nicht jeden Tag darüber freuen würden, uns zu sehen. Manchmal verfallen wir nach vielen Auswärtsspielen im Mannschaftsbus in Diskussionen und sagen, jetzt sind wir langsam einen Tag zu lange zusammen. Aber wir haben auch in dieser Saison sehr viel Spaß und die Teamchemie ist das A und O.

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Im Team gibt es die Regel, dass der Spieler, der den 100. Punkt erzielt, Donuts mitbringen muss. In dieser Saison habt ihr die Marke erst drei Mal erreicht. Haben Sie schon Entzugserscheinungen?
Ne, ne (lacht). Wir finden immer Wege, wie einer Donuts mitbringen muss. Sei es ein Geburtstag oder Luke wird Euroleague-MVP der Woche. Da fällt uns schon was ein.

Ihre Freundin Minerva Hase ist Eiskunstläuferin. Wie schwer ist es als Profisportler-Paar, zwischen Trainingslagern, Spielen und Reisen genügend Zeit füreinander zu finden?
Es ist manchmal nicht einfach. Ich bin deutlich häufiger weg als sie, weil sie in Berlin trainiert. Das Wichtigste ist, dass man sich darauf einstellt und lernt, damit umzugehen. Die Zeit, die man zusammen hat, muss man gut nutzen – und wenn wir uns nicht sehen, telefonieren wir viel. Da haben wir schon Wege gefunden, wie wir trotzdem Zeit miteinander verbringen können.

Vom Gegner zum Mitspieler. Maodo Lo (links, hier noch im Trikot von Bayern München) spielt mittlerweile mit Mattisseck zusammen bei Alba.
Vom Gegner zum Mitspieler. Maodo Lo (links, hier noch im Trikot von Bayern München) spielt mittlerweile mit Mattisseck zusammen bei Alba.

© imago images/Philippe Ruiz

Der Basketball hat mit den Corona-Einschränkungen und dem Zuschauerverbot zu kämpfen, aber immerhin wird gespielt. In anderen Sportarten wie Eiskunstlauf fallen viele Wettbewerbe aus. Wird Ihnen durch die Situation Ihrer Freundin besonders bewusst, wie gut Sie es als Basketballprofi haben?
Wir sind auf jeden Fall extrem privilegiert und sehr glücklich, dass wir die Saison zwar ohne Fans, aber ansonsten fast normal spielen können.

Ihre Freundin studiert neben der sportlichen Karriere, Ihr Mitspieler Tim Schneider ebenfalls. Haben Sie auch Pläne in diese Richtung?
Irgendwann möchte ich auf jeden Fall nebenbei studieren und bei uns im Team machen das schon einige. Ich habe mir aber am Anfang meiner Profikarriere vorgenommen, dass ich mich zwei, drei, vier Jahre voll auf Basketball konzentrieren will und das läuft bisher sehr gut.

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