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Seltener Zug zum Korb. Bei der Niederlage im ersten Finalspiel in München kam Rokas Giedraitis (rechts) kaum zum Abschluss und blieb mit sieben Punkten deutlich unter seinem Saisonschnitt.

© Nordphoto/Imago

Alba Berlin im Meisterschaftsfinale: Rokas Giedraitis sucht seinen Rhythmus

Nach einer starken Hauptrunde läuft der Litauer seiner Topform etwas hinterher. Das soll sich im zweiten Finale am Mittwoch gegen Bayern München ändern.

In der Trainingshalle von Alba Berlin schnappt sich Rokas Giedraitis einen Ball nach dem anderen. Obwohl alle Türen und Fenster aufgerissen sind, ist es am Tag vor dem zweiten Finalspiel um die deutsche Meisterschaft zwischen Alba und Bayern München (Mittwoch, 20.30 Uhr, Arena am Ostbahnhof und live bei Magentasport) bereits heiß, doch der 26 Jahre alte Litauer wirft und wirft. Immer wieder. Giedraitis fängt den Ball auf Brusthöhe, führt ihn in einer flüssigen Bewegung nach oben und drückt ab – in Sekundenbruchteilen. Im anglophilen Basketball-Jargon wird der letzte Teil der Wurfaktion, wenn der Ball die Hand verlässt, Release genannt und Giedraitis hat einen der schnellsten Releases der Basketball-Bundesliga. Oder um es mit einem beliebten Comic-Helden zu sagen: Er wirft schneller als sein Schatten.

Damit hat sich der Flügelspieler, der im vergangenen Sommer aus dem litauischen Vilnius kam, bei Alba umgehend zum Leistungsträger entwickelt. In der Hauptrunde war er mit 12,6 Punkten im Schnitt bester Scorer des Teams, doch in den Play-offs kann er an diese Leistungen nur selten anknüpfen. Im ersten Spiel der Finalserie, das Alba am Sonntag ebenso knapp wie umstritten 70:74 in München verlor, blieb er mit sieben Punkten deutlich unter seinem Schnitt. Vor allem wirkte Giedraitis aber weniger eingebunden ins Offensivspiel seines Teams. In 29 Minuten nahm der Litauer nur sechs Würfe aus dem Spiel, alle von hinter der Dreierlinie, und traf zwei davon.

„Manchmal wirft man mehr, manchmal weniger, das ist ein Teamsport“, sagt Giedraitis gewohnt einsilbig. Seine Mitspieler beschreiben ihn als sehr lustigen Typen, doch in der Öffentlichkeit spricht er meist in kurzen, unverfänglichen Sätzen. Die vermeidbare Niederlage in München habe er bereits abgehakt. „Gestern haben wir viel darüber nachgedacht, jetzt müssen wir aber nach vorne schauen.“

Das gilt auch für seine persönliche Leistung. Trotz einer langen Saison, in der er nur ein einziges Spiel verpasst hat, fühlt sich Giedraitis nicht müde. Seine Dreierquote ist zwar von 42,8 Prozent in der Hauptrunde auf 26,5 Prozent in den Play-offs gesunken, doch Giedraitis vertraut auf seine Qualitäten: „Mit meinem Wurf ist alles in Ordnung.“ Die hervorragende Technik hat er dabei nicht nur der traditionell guten litauischen Basketball-Schule zu verdanken, sondern vor allem seinem Vater Robertas. Der war ebenfalls Profi und übte schon früh mit dem kleinen Rokas. „Die Wurftechnik kommt von ihm“, sagt der mit 2,01 Meter nicht mehr ganz so kleine Rokas. „Entscheidend ist aber der Kopf.“

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Sein Trainer Aito Garcia Reneses macht sich aufgrund des unauffälligen Auftritts von Giedraitis in München keine Sorgen und will nicht von einer Formschwäche sprechen. Es sei ganz normal, dass die Leistungen im Laufe einer Saison auf und ab gingen. „Das ist auch bei Rokas so. Manchmal ist er sehr auffällig, mal stehen andere Spieler im Fokus. Wichtig ist, dass das Team gut spielt“, sagt Reneses.

Giedraitis kann nicht nur werfen, sondern auch dunken

Dennoch wird es für die Berliner eine der wichtigsten Aufgaben sein, Giedraitis besser ins Spiel zu integrieren – und nicht nur seine Qualitäten hinter der Dreierlinie zu nutzen. Denn neben seinem Distanzwurf verfügt der Litauer auch über eine starke Athletik. Im vergangenen Sommer wurde er als Ersatz für seinen Landsmann Marius Grigonis geholt, der zu Zalgiris Kaunas in die Euroleague gewechselt war. Auch Grigonis ist ein gefürchteter Dreier-Werfer, doch Giedraitis ist noch vielseitiger. Mit seiner Größe und Robustheit bringt er in der Defensive mehr Physis mit und lebt offensiv auch von seinem Zug zum Korb.

Seine krachenden Dunks und Alley-Oops haben das Berliner Publikum in dieser Saison schon häufig in Ekstase versetzt, doch zuletzt kam er kaum in Korbnähe zum Abschluss. „Vielleicht warte ich zu lange draußen auf den Dreier“, sagt Giedraitis, aber Bayern kenne natürlich auch seine Stärken und verteidige sehr gut. Zudem kamen ihm und seinem Team das eher langsame Spieltempo in München nicht entgegen. Alba spielt am liebsten schnell. Und genau dann, wenn die gegnerische Verteidigung noch nicht richtig sortiert ist, kommt auch Giedraitis am häufigsten zum Abschluss.

Den Rhythmus des Spiels zu bestimmen, ist Albas wichtigstes Ziel für Mittwoch, denn eine Niederlage können sich die Berliner nicht leisten. „Wir wissen, worum es geht“, sagt Giedraitis. „Wenn wir dieses Spiel nicht gewinnen, wird es ganz schwierig mit der Meisterschaft.“ Das gesamte Team sei sehr motiviert, denn für solche Highlights trainiere man das ganze Jahre. In dieser langen Saison mit den Endspielen in Meisterschaft, Pokal und Eurocup stand Alba schon einige Male mit dem Rücken zur Wand. „Diese Erfahrung wird unserem jungen Team helfen“, sagt Giedraitis. Vor dem eigenen Publikum müsse die Mannschaft nun 40 Minuten konzentriert spielen und nicht nur 38. Damit die Saison doch noch mit einem Titel endet, „und wir glücklich in die Sommerpause fahren“.

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