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Unschuldslamm. Albas Spielmacher Peyton Siva war in dieser Situation tatsächlich unschuldig. Die Schiedsrichter sahen das anders. Doch schon am Mittwoch können die Berliner die Serie im Heimspiel gegen die Bayern wieder ausgleichen.

© imago images / Oryk HAIST

Alba Berlin im Finale gegen Bayern München: Viel Wut über die Wächter des Basketballs

Alba macht die Niederlage gegen Bayern auch an den Schiedsrichtern fest – die stehen ohnehin in der Kritik.

Peyton Siva, anders kann man es nicht sagen, ist ein herzensguter Kerl. Da hatte der Spielmacher von Alba Berlin in der Schlussphase gegen Bayern München einen richtigen Lauf. Er versenkte mit beneidenswerter Leichtigkeit seine Würfe. Es schien sein Abend zu werden. Doch beim Stand von 70:71 aus Sicht von Alba hatten die Schiedsrichter etwas dagegen und schickten ihn nach einem vermeintlichen Offenisvfoul vom Feld.

Vermutlich hätten 99 von 100 Basketballern in einer ähnlichen Situation diverse Hasstiraden gegen die Referees geäußert. Siva aber stand am Sonntag nach dem Spiel mit einem Handtuch um die Schultern vor der Kamera und sagte, dass die Schiedsrichter schon einen harten Job hätten und man nicht ihnen die Schuld geben könne – Schuld geben an der 70:74-Niederlage von Alba Berlin im ersten Spiel der Finalserie gegen Bayern München.

Die bemerkenswerte Nachsicht des US-Amerikaners teilten nicht alle. Einen Tag später fiel es Albas Manager Marco Baldi schwer, seinen Ärger zu unterdrücken. Er wolle keine künstliche Schärfe reinbringen, sagte er. Ein Satz, der geradezu nach einer Ergänzung schrie. „Aber es ist das Schlechteste für ein Basketballspiel, wenn nicht die Spieler ein Spiel entscheiden“, erklärte er. Sondern die Schiedsrichter, aber das sagte er nicht mehr. Der 57-Jährige war mehr damit beschäftigt, sich selbst wieder einzufangen. „Es bringt nichts. Wir dürfen das nicht mit uns herumtragen, wir dürfen nicht zurückblicken.“

Nur: Die Szenen vom Vortag ließen sich schwerlich vertreiben. Bei Sivas vermeintlichem Foul war Bayerns Vladimir Lucic – über zwei Meter groß und 91 Kilogramm schwer – zu Boden gegangen, als hätte ihn ein Tornado umgeblasen. Zudem hatte Lucic bei dem leichten Zusammenprall keine Verteidigungsposition eingenommen – was ein geahndetes Offensivfoul vielleicht noch gerechtfertigt hätte. So aber war der Ärger bei den Berlinern groß.

Zumal kurz zuvor der bis dahin überragende Alba-Spieler Landry Nnoko beim Dunking-Versuch von Lucic geschubst worden war. Anschließend beschwerte sich Nnoko und kassierte ein Technisches Foul, was gleichbedeutend mit seinem Feldverweis war. „Das hat nichts mit der Cleverness eines Lucic zu tun. Die Frage ist doch: Was ist Cleverness und wo sind die Schiedsrichter einfach auf etwas hereingefallen“, schimpfte Baldi.

Die Beschwerden häufen sich

Die Schiedsrichter haben es in diesen Basketball-Playoffs nicht leicht. Zum wiederholten Male ziehen sie den Zorn der Teams auf sich. Schon im Halbfinale hatte Oldenburgs Trainer Mladen Drijencic die Leistungen der Referees stark kritisiert. Überhaupt, und darin liegt wohl das Dilemma des Schiedsrichterwesens, liest man selten etwas Gutes über die Wächter der Regeln. In die Schlagzeilen schafft es meistens nur die Wut über sie.

Mo Damiani findet das ungerecht. Er ist Referent Schiedsrichterwesen des Deutschen Basketball Bundes. „Wir machen eine gute Arbeit und genießen hohes Ansehen auch im Ausland“, sagt Damiani. Er untermauert die Aussage damit, dass aktuell neun von 28 festen Bundesliga-Schiedsrichtern auch Spiele in den europäischen Wettbewerben leiten, eine sehr gute Quote. „Wir wollen ein gutes Produkt haben. Und gute Schiedsrichter sind ein wichtiger Bestandteil“, sagt Damiani.

Damit gute Schiedsrichterleistungen gewährleistet sind, finden jedes Jahr gemeinsame Gespräche mit den Bundesligatrainern statt. Darin geht es um Regelinterpretationen und konkrete Saisonvorgaben. So einigte man sich vor ein paar Jahren darauf, taktische Fouls härter zu ahnden, da sie das Spiel unattraktiv machen. „Inzwischen haben wir viel weniger taktische Fouls“, sagt Damiani.

Trotz solcher Erfolge sind die regelmäßigen Beschwerden von Managern und Trainern über die Schiedsrichter auffällig. Sie fußen durchaus auf einem strukturellen Defizit. In Deutschland gibt es insgesamt rund 9300 Basketball-Schiedsrichter. Das ist verhältnismäßig wenig. „Wir haben wie andere Sportarten ein Problem mit dem Ehrenamt“, sagt Damiani. Und weil das so ist, ist es schwieriger als etwa im Fußball, viele Top-Schiedsrichter für die beste Liga zu gewinnen. Außerdem sind die Arbeitsbedingungen selbst für die besten nicht ideal. Die Gage für ein Hauptrundenspiel liegt bei 625 Euro für einen Schiedsrichter. Das ist nicht gerade üppig, will man dem Job einigermaßen professionell nachgehen. Insofern verdienen die Schiedsrichter gewiss die Nachsicht, wie sie ihnen durch Peyton Siva zuteil wurde.

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