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Mit Köpfchen. Marko Grujic brummt der Schädel, trotzdem erzielte er das 2:1.

© Imago/Christian Kolbert

Update

Achtungserfolg zum Bundesliga-Auftakt: Hertha BSC trotzt dem FC Bayern einen Punkt ab

Zum Bundesliga-Auftakt führen die Berliner dank Lukebakio und Grujic zur Halbzeit beim FC Bayern. Mit seinem zweiten Tor sichert Lewandowski das 2:2.

Die erste Halbzeit der neuen Saison der Fußball-Bundesliga war fast vorüber, als in der Münchner Arena bekannte Gesänge erklangen. „Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey!“ tönte es von den Rängen. Das ist nicht ungewöhnlich. Ungewöhnlich war nur, dass die Rufe von den Gäste-Fans unter dem Dach kam. Und ungewöhnlich war auch, dass die Rufe nicht etwas ironisch, sondern ernst gemeint waren.

Als die erste Hälfte wenig später abgepfiffen wurde, verließen die Spieler von Hertha BSC dank einer 2:1-Führung tatsächlich als virtueller Tabellenführer das Feld. Zum ganz großen Triumph, zum ersten Sieg der Berliner in München seit 1977, reichte es am Ende nicht. Aber auch das 2:2 (1:2) am Ende eines munteren Spiels und einer ansprechenden Leistung der Gäste war ein schöner Erfolg für Hertha und den neuen Trainer Ante Covic.

Der 43-Jährige hatte vor seinem ersten Spiel in der Fußball-Bundesliga von Vorfreude gesprochen, nicht von Nervosität. Das Aufwärmen seiner Mannschaft verfolgte er, äußerlich entspannt, mit den Händen in den Hosentaschen. Als Covic eine halbe Stunde vor dem Anpfiff den Rasen verließ, kam ihm auf der Treppe ins Untergeschoss Niko Kovac entgegen. Zwei Kroaten aus Berlin, gemeinsam bei der Arbeit in München. Covic und Kovac packten sich gegenseitig im Nacken, sie umarmten sich, redeten kurz, umarmten sich noch einmal und verabschiedeten sich schließlich mit einem freundschaftlichen Klaps.

Covic schickte seine Mannschaft in einem 3-4-3 aufs Feld und nahm im Vergleich zum Pokalspiel gegen Eichtstätt zwei Änderungen vor: Klünter und Dodi Lukebakio ersetzten Jordan Torunarigha und Salomon Kalou. Lukebakio war der einzige Neuzugang, der bei den Berlinern auf dem Feld stand. Natürlich hatte sich Covic von seinem Mitwirken auch einen psychologischen Effekt erhofft. Exakt 265 Tage lag das vermutlich größte Spiel des Belgiers zurück. Im November 2018 erzielte er in der Münchner Arena für seinen damaligen Klub Fortuna Düsseldorf beim 3:3 gegen die Bayern alle drei Tore.

Beim FC Bayern wird über Wechsel spekuliert

Bei den Bayern spielte mit Benjamin Pavard ebenfalls nur ein Neuer mit. Bald werden es noch ein paar mehr sein: Neben Ivan Perisic, der gesperrt fehlte, wird auch Philippe Coutinho vom FC Barcelona für ein Jahr ausgeliehen. Das bestätigte Sportdirektor Hasan Salihamidzic am Freitagabend. Zudem soll auch der Wechsel des Franzosen Michael Cuisance von Borussia Mönchengladbach unmittelbar bevorstehen. Zu Beginn des Spiels funktionierte es bei den Bayern auch mit dem vorhandenen Personal. Der Meister begann mit viel Ballbesitz und viel Dominanz, aber auch in dieser Phase war schon zu sehen, was Covic mit Hertha vorhat.

Die Gäste ließen sich nicht einschüchtern, sondern rückten weit auf und attackierten früh. Natürlich ist eine solche Herangehensweise nicht ohne Risiko, weil die Berliner den Münchnern hinter der letzten Linie viel Raum ließen. So war es auch vor dem ersten Tor der neuen Saison. Niklas Stark störte Robert Lewandowski tief in der Münchner Hälfte. Der Pole behauptete den Ball, spielte ihn auf die rechte Seite und sprintete dann in den Berliner Strafraum, wo er die Hereingabe von Serge Gnabry zum 1:0 über die Linie grätschte.

Nur Sekunden später hätte Hertha beinahe sogar das 0:2 kassiert, aber wer bei den Bayern etwas holen will, braucht eben auch das nötige Matchglück. Rune Jarstein parierte Gnabrys Flachschuss. "Uns war klar, dass wir einige gute Momente nach vorn brauchen", sagte Covic nach dem Spiel. "Und uns war auch klar, dass wir einige Momente überleben müssen." So wie in dieser Phase. Doch einmal konnte sich Hertha BSC befreien – und schon stand es 1:1. Weil Lukebakio nicht energisch attackiert wurde, probierte er es einfach mal aus der Distanz. Der Ball prallte an den Rücken von Vedad Ibisevic und von dort unhaltbar für Manuel Neuer zum Ausgleich ins Tor. Gegen die Bayern gelingt Lukebakio offenbar alles, was er anpackt: Fünf seiner elf Tore in der Bundesliga erzielte er gegen die Münchner.

Erfolgreiche Abwehrschlacht für Hertha BSC

Ante Covic bejubelte den Treffer ausgelassen, dann bekreuzigte er sich. Und es sollte noch besser kommen. Nach einem Kopfballduell mit Marko Grujic brummte Pavard so der Kopf, dass er dem Serben nicht mehr folgen konnte. Grujic, von Ibisevic frei gespielt, umkurvte Neuer und traf zum 2:1 für die Gäste.

Hertha und die 3000 Fans aus Berlin durften von der großen Sensation träumen – bis nach einer knappen Stunde aus dem Nichts ein Pfiff ertönte. Der Videoassistent hatte sich gemeldet. Schiedsrichter Harm Osmers eilte zur Seitenlinie und erkannte auf den Fernsehbildern ein strafwürdiges Eingreifen von Marko Grujic gegen Lewandowski. Der Serbe hatte den Polen ohne Not zu Boden gerissen. Lewandowski verwandelte den Elfmeter sicher zum Ausgleich. "So eine Szene darf das Spiel nicht entscheiden", war Kapitän Ibisevic nach dem Spiel sichtlich verärgert über den Elfmeter. Sein Trainer pflichtete ihm bei. "Der Elfmeter gegen uns ist sehr ärgerlich", sagte Covic, um hinzuzufügen: "Aber dennoch nehmen wir das 2:2 gerne mit."

Dass es so kam lag an der erfolgreichen Abwehrschlacht der Hertha in der Schlussphase. Dass die Berliner dem Druck bis zum Ende standhielten, lag zum einen an ihrem unerbittlichen Kampf gegen die eigene Müdigkeit, aber auch daran, dass den Bayern in der Frühphase der Saison im Angriffsdrittel erkennbar die Präzision fehlte.

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