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Max Kruse war mal wieder einer der auffälligsten Berliner.

© Annegret Hilse/dpa

3:3 gegen Eintracht Frankfurt: 1. FC Union zwischen Traumwelt und Katastrophe

Der 1. FC Union muss sich trotz einer frühen 2:0-Führung mit einem Punkt zufrieden geben. Max Kruse bewahrt die Berliner am Schluss sogar vor einer Niederlage.

Genervt und mit gereizter Stimme schrie Urs Fischer seine Spieler an. Grischa! Sheraldo! Max! Wer dem Schweizer Trainer in der ersten Halbzeit zuhörte, hätte kaum geglaubt, dass es seiner Mannschaft gut ging. Im Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt hatte der 1. FC Union durch Tore von Robert Andrich und Max Kruse einen Blitzstart hingelegt und war mit einer 2:0-Führung auf einem guten Weg, den vierten Bundesliga-Sieg in Folge zu feiern. Doch Fischer war nicht zufrieden und der weitere Spielverlauf gab ihm Recht. 

Denn am Ende wurde es nichts mit den drei Punkten und dem Vereinsrekord von vier Erstliga-Siegen in Folge. Die frühe Führung verspielte Union noch vor der Halbzeitpause. In der zweiten Hälfte lagen die Köpenicker sogar kurzzeitig mit 2:3 hinten, bevor Kruse die Berliner mit einem Traumtor zum 3:3 (2:2)-Endstand noch vor der ersten Niederlage seit dem ersten Spieltag bewahrte.

"Es war ein verdientes Unentschieden", sagte Kruse bei Sky, nachdem er den Ball aus 20 Metern zum späten Ausgleich ins obere Eck geschossen hatte. "Wir hätten gerne gewonnen, aber wir haben 16 Punkte nach neun Spielen. Das muss man sich auch vor Augen führen." Ähnlich positiv sah es Fischer selbst nach dem Spiel: "Es ist ein wichtiger Punkt, den wir gewonnen haben. Bei mir ist das Glas halbvoll und nicht halb leer", sagte er.

Fischer hat zuletzt oft für ein bisschen mehr Nüchternheit plädiert. Es sei "doof und dumm", über Europa nachzudenken, sagte er vergangene Woche, als Union auf Platz fünf stand. In den ersten Minuten am Sonnabend bewegte sich Union aber noch wie in einer Traumwelt und nahm eine Mannschaft auseinandernahm, die erst vor anderthalb Jahren in einem Europa-League-Halbfinale gestanden hatte. Für einen magischen Moment waren die Berliner sogar auf Platz zwei in der Blitztabelle. Doch es blieb nur ein Moment. 

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Insofern war dieses Spiel vielleicht auch ein Testlauf für die gesamte Saison. Mit 16 Punkten aus den ersten neun Spielen hat Union nämlich einen Traumstart hingelegt. Die Frage ist nur, wie lange der Höhenflug dauert. Ob die vielen Verletzungen und die müden Beine sich irgendwann bemerkbar machen. Am Sonnabend sah man erstmals seit ein paar Wochen wieder, dass Union bei allem Kampfgeist und aller Spielfreude als Bundesligist noch viel zu lernen hat. Andererseits sah man auch, dass diese Mannschaft auch in schwierigen Momenten die Ruhe bewahrt. 

Im Vergleich zum Auswärtssieg in Köln stellte Union-Trainer Urs Fischer nur auf einer Position um. Für den angeschlagenen Sebastian Griesbeck kehrte Grischa Prömel erstmals seit Mitte Oktober wieder in die Startelf zurück. Eine erfolgreiche Formel ändert man schließlich nicht und zumindest in den ersten Minuten blieb diese Formel äußerst erfolgreich.

Dank eines Torwartfehlers und eines Elfmeters stand Union schon nach knapp mehr als fünf Minuten 2:0 vorne. Nach einer Flanke von Marcus Ingvartsen ließ Kevin Trapp den Ball zu einfach aus seinen Händen flutschen und Andrich schaufelte den Ball über die Linie. Wenige Minuten später wurde Taiwo Awoniyi im Strafraum gefoult und Kruse verwandelte den Elfmeter sicher. 

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Auch, wenn Fischer noch nicht zufrieden war, hatte Union allerbeste Chancen, um das Spiel vorzeitig zu entscheiden. Wie so oft in den vergangenen Wochen konnte sich Awoniyi für seine harte Arbeit und die guten Aktionen nicht mit einem Tor belohnen. Zweimal hatte der Nigerianer kurz vor dem Tor das 3:0 auf dem Fuß und zweimal schoss er Trapp direkt an. "Sie hätten 3:0 oder 4:0 führen können, und dann wäre das Spiel vorbei gewesen", sagte der Frankfurt-Torwart später bei Sky. 

Stattdessen kämpften sich die Gäste zurück ins Spiel und glichen durch zwei Tore von Andre Silva noch vor der Pause zum 2:2 aus. Beim ersten Tor verschätzte sich Torwart Andreas Luthe bei einer allerdings auch exzellent geschlagenen Hereingabe von Daichi Kamada, beim zweiten war der gefährliche Portugiesen bei einem Standard zuerst mit dem Kopf am Ball. In beiden Fällen ärgerte sich Fischer. Die 30 Minuten vor der Pause waren "katastrophal", sagte er später. 

In einer immer härter umkämpften zweiten Hälfte fand Union aber wieder zur alten Ordnung. Auch als Bas Dost Frankfurt elf Minuten vor Schluss in Führung schoss, ließ sich Fischers Mannschaft nicht aus der Ruhe bringen. Nur drei Minuten später behielt Kapitän Christopher Trimmel auf dem rechten Flügel die Übersicht. Er blickte mit kühlem Kopf nach oben und spielte abgeklärt zum freistehenden Kruse, der den Ball von der Strafraumkante ins Netz ballerte. Der Abend war gerettet, Union blieb im siebten Spiel in Folge ungeschlagen und auch der nüchterne Urs Fischer konnte mit einem halbvollen Glas nach Hause gehen.

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