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Geldverteiler. Die Münchner Thomas Müller, Torhüter Manuel Neuer und Joshua Kimmich.

© Bernd Thissen/dpa

20-Millionen-Spende der Topklubs: Der deutsche Fußball muss in alle Richtungen solidarischer werden

Die vier deutschen Champions-League-Teilnehmer verzichten zugunsten der kleineren Klubs auf Geld. Aber das reicht nicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von David Joram

Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. So geht ein beliebtes Sprichwort. Und wer nicht spart, dem halten Spötter gerne das Gegenstück vor: Spare in der Not, dann hast du Zeit dazu.

Der deutsche Profifußball hat gerade viel Zeit. Mindestens bis 30. April ruht der Spielbetrieb, doch die Kosten laufen weiter – weshalb nun deutlich wird, dass die Klubs der Bundesliga und der Zweiten Liga, von wenigen Ausnahmen abgesehen, eher wenig Wert auf dicke Sparschweine gelegt haben.

Die Nachhaltigkeit fehlt

Am Donnerstag verkündete nun der Festveranstalter, die Deutsche Fußball-Liga (DFL), dass die vier deutschen Champions-League-Teilnehmer – Bayern, Dortmund, Leverkusen und Leipzig – erstmal die Spesen übernehmen sollen.

„Im Rahmen einer Solidaritätsaktion“, wie die DFL verkündete, stellen sie insgesamt 20 Millionen Euro zur Verfügung. Ziel sei es, in von der Coronavirus-Krise ausgelösten Härtefällen Klubs der Ersten und Zweiten Liga zu unterstützen.

Ein Teil (12,5 Millionen Euro) resultiert aus einem Topf von Medienerlösen, die die vier Champions-League-Teilnehmer im kommenden Jahr erhalten würden (und nun eben etwas weniger einstreichen werden). 7,5 Millionen Euro fließen direkt aus den Klubkassen. Wie der Soli verteilt wird, stehe noch nicht fest, darüber befinde das Präsidium, teilte die DFL mit.

Eine gute Aktion, sicher. Aber sie wirft natürlich auch die Frage auf, warum der deutsche Profifußball, der quasi alljährlich neue wirtschaftliche Rekordzahlen herausgibt, derart schnell in seinem Wesen bedroht ist. An den Zuwendungen kann es nicht liegen. Für die Spielzeiten 2017/2018 bis 2020/2021 schloss die DFL einen TV-Vertrag ab, der ihren Klubs insgesamt 4,64 Milliarden Euro bescherte, 1,16 Milliarden jährlich.

Dritte Liga, Amateure und Frauenfußball sollten stärker partizipieren

Doch der saftige Speck, den die TV-Anstalten in fetten Scheiben geliefert haben, hat es offenbar nicht in den Räucherkeller geschafft. Spieler, Berater und eine aufgeblasene Funktionärselite samt Apparatur speiste stets in großem Stil, dafür selten nachhaltig.

Nur jene, die im Rausch gar nicht so viel essen konnten, wie sie aufgetischt bekamen, haben noch ein paar Konserven übrig. Die Bayern, der BVB – und natürlich die Klubs der Konzerne und Mäzene wie Leverkusen (Bayer) oder Leipzig (RB), Wolfsburg (VW) oder Hoffenheim (Hopp).

Und sonst? Nagen vor allem die Zweitligisten am Hungertuch. Warum, das liegt auf der Hand. Die größten Stücke des TV-Kuchens landen stets in ohnehin schon aufgeblähten Mägen. Die Umverteilung, die die vier Champions-League-Teilnehmer in kleinem Rahmen nun mittragen, sie müsste viel intensiver betrieben werden – in alle Richtungen.

Der immergleiche Meister, FC Bayern heißt er, und sein oft gleiches internationales Gefolge müssten dauerhaft zugunsten der restlichen Bundesliga Abstriche machen. Die Bundesliga müsste wiederum näher an die Zweite Liga heranrücken. Was auch Erstliga-Klubs, die absteigen, nicht zu Sparmaßnahmen zwingen würde – sofern sie seriös wirtschaften.

Nur jedes siebte DFB-Mitglied ist weiblich

Und die 36 Spitzenvereine der Ersten und Zweiten Liga sollten die Dritte Liga an den Tisch bitten. Auch dort wird Profifußball geboten, allerdings mit ganz bescheidenen Mitteln. Rund zehn Millionen Euro kassiert die beste Drittliga-Mannschaft weniger als die schlechteste der Zweiten Liga – bei ähnlichen Gehaltsstrukturen. Ein gesunder Übergang fehlt. Der fehlt auch ins Amateurlager und in den Frauenfußball, wo es mehr oder weniger immer weniger Ehrenamtliche irgendwie richten sollen.

Der Fußball, speziell in Deutschland, nimmt viel Geld ein, die Verteilung aber ist ein Desaster. Sie ist getrieben vom Anspruch internationaler Wettbewerbsfähigkeit – während die Breite ausfranst. Der TV-Fußball frisst den ortsbezogenen, der Werte vermitteln soll, aber um seine Wurzeln fürchten muss.

Im Wirtschaftszweig Bundesliga sprechen die Beteiligten gerade viel von Solidarität. Es wäre nun ebenso angebracht ein Konzept auszuarbeiten, das die gesamte Breite des Fußballs in den Blick nimmt. Die Zeit ist reif – und die Not groß.

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