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Ziemlich elegant und umsichtig: Toni Kroos.

© dpa

120-Millionen-Vertrag bei Real Madrid: Toni Kroos: Dirigent mit vorpommerscher Gelassenheit

Toni Kroos verdient bei Real Madrid künftig 20 Millionen Euro im Jahr. Das ist unverschämt viel Geld und dennoch nachvollziehbar.

Kennen Sie noch Tischläufer? Jetzt legen Sie diesen nicht längs, sondern quer über den langen Esstisch. So sieht es von oben im Fußballstadion aus, wenn Deutschland gegen – sagen wir – Nordirland spielt. Das Geschehen spielt sich innerhalb eines Rechtecks ab, das zwar über die gesamte Spielfeldbreite reicht, aber nur vielleicht dreißig Meter tief ist. Der Einzige, der dieses Gebilde verschiebt (vorzugsweise vor das fremde Tor), ist Toni Kroos.
156 Pässe gab der 26 Jahre alte Mittelfeldspieler im Spiel gegen die Nordiren ab. Seine Erfolgsquote lag bei 95 Prozent. Unerreicht waren seine Werte auch bei der WM 2014 und der EM 2016. Inzwischen wissen um seine Qualität auch jene, die gar keinen Fußball gucken. Man weiß das eben.

Toni Kroos, geboren im Januar 1990 in Greifswald, also einziger Weltmeister, der aus der DDR stammt, ist von seltener Begabung. Er hat nichts Wuseliges wie die einstigen Dribbelkönige Littbarski und Häßler, noch viel fremder ist ihm die von großem Ego geprägte Spielweise eines Effenbergs und Ballacks. Kroos hat etwas Dirigentenhaftes in seinen Beinen. Sein Tun ist sinnlich und zugleich präzise, trotzdem durchdringend und maßgeblich. Für Kenner ist seine Spielweise atemraubend. Sie verlangt allerhand Übersicht, Orientierungsvermögen, Intuition und Ballgefühl. Für Real Madrids früheren, argentinischen Sportdirektor, den allseits anerkannten Fußballphilosoph Jorge Valdano, gibt es mit dem Ball am Fuß keinen besseren. Oder wie es Nordirlands Trainer O’Neill nach dem 0:2 seines Teams sagte: „Unsere wichtigste Maßgabe war, Toni Kroos irgendwie ruhig zu halten, das geht aber leider nicht.“

Toni Kroos kommt ohne autoritäre Gesten aus

Ohne autoritäre Gesten, sondern mit von vorpommerscher Gelassenheit durchdrungener Perfektion verteilt er Bälle: mal kurz, mal das Spiel verlagernd diagonal, mal vertikal tief. Für das deutsche Spiel besitzt Kroos eine Unverrückbarkeit wie sonst nur noch Manuel Neuer.

Toni Kroos ist der einzige deutsche Spieler, der mit zwei verschiedenen Klubs die Champions League gewonnen hat, 2013 mit dem FC Bayern, 2016 mit Real Madrid. Der dortige Trainer Zinedine Zidane sagt: „Es ist ein Glück, einen Spieler wie ihn zu haben.“ Am Mittwoch hat der Weltklub Kroos einen Vertrag bis 2022 gegeben, bei einem jährlichen Verdienst von 20 Millionen Euro. So viel, wie Cristiano Ronaldo bekommt. Beim FC Bayern waren sie 2014 nicht bereit, für Kroos die Hälfte an Gehalt auf den Tisch zu legen. Ziemlich dumm gelaufen.

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