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Gespenstisch. Da kommen die Bayern zum ersten Pflichtspiel nach Berlin-Köpenick und das Stadion An der Alten Försterei muss leer bleiben.

©  Hannibal Hantschke/dpa

1. FC Union verliert gegen FC Bayern: Eine Niederlage mit Anstand und Abstand

Der 1. FC Union schlägt sich auch ohne die Unterstützung des eigenen Anhangs beim 0:2 gegen den großen FC Bayern achtbar.

Felix Kroos sprang auf und gestikulierte. Er erregte sich darüber, dass sein Teamkollege Florian Hübner im eigenen Strafraum gefoult worden war. Kroos war gut zu verstehen am Sonntagabend beim Spiel des 1. FC Union gegen den FC Bayern München. Auch wenn er sich nur auf der Tribüne befand, dort wo sich die Auswechselspieler im Stadion An der Alten Försterei aufhalten mussten. Die schmale Ersatzbank bietet in Zeiten des Coronavirus zu wenig Platz, um die Abstandsregeln einzuhalten.

Bis auf die Spieler auf dem Rasen und die Trainer trugen alle Anwesenden Masken, Kroos durfte seine später ablegen, weil er sich für einen möglichen Einsatz aufwärmte. Da führten die Bayern nach einem Elfmetertor von Robert Lewandowski mit 1:0, am Ende von 90 gespenstischen Minuten im sonst so lauten Köpenick hieß es aus Sicht der Berliner 0:2 (0:1).

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„Im Spiel ist man konzentrierter, man kann das ausschalten. Aber am Ende merkt man schon, dass die Fans fehlen, gerade in diesem Stadion. Es ist schade, aber wir gehen damit um“, sagte Unions Kapitän Christopher Trimmel anschließend auf der aus Hygienegründen virtuell durchgeführten Pressekonferenz. Bayerns Trainer Hansi Flick analysierte sportlich: „Wir wussten natürlich, dass am Anfang vielleicht nicht alles so rund läuft. Aber am Ende haben wir das Spiel verdient gewonnen.“

Vor gut zwei Monaten hatten die Unioner noch darauf gehofft, die Bayern vor ihrem gefürchteten Anhang empfangen zu dürfen, das ließ das Coronavirus trotz zunächst gegenteiliger Aussagen von Präsident Dirk Zingler allerdings nicht zu. Nun verliefen sich nur die zugelassenen 300 Menschen im Stadion, von Stimmung keine Spur. Immerhin: Zingler war dabei, neben den Granden des FC Bayern verfolgte er das erste Heimspiel von Union gegen die Münchner in der Fußball-Bundesliga mit Mundschutz.

Vor der Begegnung hatte es Befürchtungen gegeben, dass sich Fans trotz des Geisterspiels einfinden könnten, um ein bisschen Unruhe zu stiften. Letztlich mussten die 400 Einsatzkräfte der Polizei allerdings nur zwei Platzverweise aussprechen, weil zwei Anhänger auf einen Baum in Stadionnähe geklettert waren, um zumindest etwas vom Spiel mitzubekommen. Zuvor waren einige Schaulustige höflich, aber bestimmt, dazu auffordert, sich doch bitte aus dem Umfeld der Arena zu entfernen. Dabei hätten viele Menschen die großen Bayern wohl einfach nur gern mal aus der Nähe gesehen.

Ein Fehltritt von Neven Subotic leitete die Niederlage ein

Das war so letztlich allein den Spielern des 1. FC Union vorbehalten, die ihrem Gegner mit Respekt, aber ohne Angst begegneten. 15 Minuten lang tat sich wenig bis gar nichts, ehe der Ball plötzlich im Tor der Berliner zappelte. Thomas Müller hatte nach einer Ecke eine Kopfballablage von Serge Gnabry verwertet und in Torjägermanier getroffen. Allerdings schaltete sich der Videoassistent ein und erkannte tatsächlich eine minimale Abseitsstellung des Münchners.

Das Nicht-Tor half den Berlinern, ihre Ruhe zu finden und das Zweikampfverhalten noch ein wenig zu optimieren. Natürlich hatte der Tabellenführer den üblichen Ballbesitz deutlich jenseits der 70 Prozent, aber Chancen konnte sich das Team von Trainer Hansi Flick so gut wie keine erspielen. Union machte das, was Union am besten kann: dem Gegner den Spaß an der Arbeit nehmen. Nach vorne ging bei den Gastgebern zwar auch wenig, aber angesichts des Spielstandes von 0:0 war das zu verschmerzen.

Urs Fischer dürfte zufrieden gewesen sein, auch wenn der Trainer wegen eines Trauerfalls in der Familie selbst an diesem Sonntag dienstfrei hatte und von Co-Trainer Markus Hoffmann vertreten wurde. Doch dann stolperte Leon Goretzka in Unions Strafraum über das Bein von Neven Subotic, Schiedsrichter Bastian Dankert entschied auf Elfmeter. Robert Lewandowski, von dem bis dahin nichts zu sehen war, verlud seinen Landsmann Rafal Gikiewicz zur Führung für den Favoriten. Auf der alten Anzeigetafel an der Waldseite wurde dieser Treffer aber ignoriert, das gute Stück war am Sonntag außer Betrieb.

Nur mit Maske. Die Ersatzspieler halten Distanz und schauen zu.
Nur mit Maske. Die Ersatzspieler halten Distanz und schauen zu.

© Hantschke/dpa

In der zweiten Halbzeit änderte sich zunächst wenig am Spielgeschehen. Die Bayern dominierten, ohne wirklich zwingend zu werden und Union beschränkte sich auf die Verteidigung. Angesichts des nur knappen Rückstands hofften die Berliner aber noch auf ein kleines Fußballwunder. Dafür hatte Hoffmann seinen Topstürmer Sebastian Andersson vorgesehen, er wechselte ihn nach etwas mehr als 70 Minuten ein. Später sagte der Coach: „Für den Klassenerhalt braucht man Punkte und nicht gute oder schlechte Spiele.“ Tatsächlich wurde Union nun mutiger, vielleicht auch, weil ein einsamer Fan von irgendwoher die Vereinshymne trällerte.

Chancen konnten sich die Berliner aber kaum wirklich nennenswerte erarbeiten, anders als der Gegner. Benjamin Pavard war es schließlich vorbehalten, mit einem Kopfball nach Ecke die Entscheidung zu erzielen. Bei diesem 0:2 blieb es. Union hatte sich achtbar geschlagen, die Fans hätten ihr Team trotz der Niederlage mit Sicherheit gefeiert.

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