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Was für ein Tor! Max Kruse bejubelt das 3:3.

© imago images/Camera 4

1. FC Union seit acht Spielen ungeschlagen: Max Kruse ist ein echter Zocker

Beim 3:3 des 1. FC Union gegen Eintracht Frankfurt gelingt Max Kruse ein überragendes Tor. Aber nicht nur deshalb hebt er die Berliner auf ein neues Niveau.

Die Social-Media-Accounts der meisten Fußballprofis sind an Austauschbarkeit kaum zu überbieten. Nach einem schönen Tor wird ein Jubelbild gepostet, dazu ein nichtssagender Text, ein personalisierter Hashtag. Die Kollegen und Fans kommentieren das meist mit den szenetypischen Emojis, vor allem der angespannte Oberarm ist beliebt oder eine lodernde Flamme.

Schaut man auf den Instagram-Account von Max Kruse ist manchmal kaum zu erkennen, dass der 32-Jährige Fußballprofi ist. Am Sonntag, nachdem er beim 3:3 gegen Eintracht Frankfurt zwei Tore für den 1. FC Union geschossen hatte, setzte Kruse nach dem leichten Auslaufen jedenfalls andere Prioritäten. Warzone-Turnier um 16 Uhr, erinnerte er seine Follower in einem kurzen Video.

Viele Fußballer verbringen ihre Freizeit gerne und häufig an der Konsole oder dem Computer, so öffentlich wie Kruse macht das aber kaum jemand. Auch als Gamer hat er mittlerweile eine solide Fanbase. Und sollte er bei dem Kriegsspiel der Reihe „Call of Duty“ ähnliche ballistische Qualitäten besitzen wie auf dem Fußballplatz, dürften seine Gegner dort ebenfalls gewaltige Probleme bekommen.

Denn sein später Ausgleich gegen Frankfurt war eine seltene Mischung aus Präzision, Timing und Kraft. Einen Pass von der rechten Seite durch Christopher Trimmel schoss er direkt mit links in die rechte obere Ecke. Es war eine Vorarbeit, die ein Rechtsfuß bequem mit der Innenseite aufs Tor geschlenzt hätte. Um den Ball aus diesem Winkel mit links zu nehmen, bedarf es allerdings einer bemerkenswerten Koordination.

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Das sah auch Urs Fischer so. Der Trainer wiederholte zwar mantraartig, dass Kruse ohne seine Mitspieler nicht in der Lage wäre, derart zu glänzen, empfand aber durchaus Bewunderung für das Kunstwerk seines Stürmers. „Ich habe mir das Tor aus der Hintertorkamera angeschaut“, sagte der Schweizer. „Die Flugbahn ist schon erstaunlich, er trifft den Ball optimal.“

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Kruse ist bei Union der Mann für die besonderen Momente, denn auch an den anderen beiden Toren war er direkt oder indirekt beteiligt. Das 1:0 leitete er mit einem schnellen Zuspiel auf Marcus Ingvartsen ein, das 2:0 erzielte er per Elfmeter selbst. Zuvor hatte er Taiwo Awoniyi mit einem direkten Pass in den Lauf mustergültig eingesetzt. Besonders seine Fähigkeit, das Spiel mit einem oder zwei Kontakten schnell zu machen und sein Gefühl für den Raum heben Unions Fußball auf eine andere Ebene. „Wir wissen um seine Qualität“, sagte Torwart Andreas Luthe.

Die kennen natürlich auch die Gegner. Nachdem Köln Kruse vor einer Woche in enge Manndeckung genommen hatte, versuchte es Frankfurt wieder herkömmlich als kollektiv. „Letzte Woche war es extrem“, sagte Kruse. „Ich glaube, das wird die Seltenheit bleiben, aber es kann auch mal wieder vorkommen. Dann mache ich halt wieder die Räume frei und jemand anderes nutzt sie.“

Kruse war an zehn der letzten 14 Tore direkt beteiligt

Nach seinem ersten Doppelpack für Union hat Kruse nun bereits sechs Treffer und fünf Assists auf dem Konto und steht damit auf Rang drei der Bundesliga-Scorerliste. An zehn der letzten 14 Toren war er direkt beteiligt. „Ich bin sehr zufrieden. Max ist bereit, weite Wege zu machen und auch Defensivarbeit zu erledigen, hat aber noch Luft nach oben“, sagte Fischer.

Das gilt gleichermaßen für seine Mannschaft. Ein Punkt gegen Frankfurt klingt aus Berliner Sicht erst mal nicht schlecht. Führt man nach etwas mehr als fünf Minuten allerdings bereits 2:0, hinterlässt solch ein Remis durchaus gemischte Gefühle. Letztlich überwog bei Union aber das Positive – vor allem, weil die Mannschaft nach dem späten 2:3 noch mal zurückgekommen ist. „Aus solchen Spielverläufen musst du deine Lehren ziehen. Das hilft dir, die nächsten Schritte zu machen“, sagte Fischer.

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Für einen Trainer ist ein 3:3 nur selten angenehm, Kruse genoss den unterhaltsamen Nachmittag aber sichtlich. „Solche Spiele tun dem Fußball gut und machen auch uns Spielern Spaß – zumindest uns Offensiven“, sagte er und ergänzte mit Blick auf die Gesamtsituation. „Wir haben jetzt acht Spiele nicht verloren, das muss man sich mal vor Augen führen.“

Die Ausgangslage für das Derby gegen Hertha am kommenden Freitag könnte sicherlich schlechter sein. Der Druck wird im Olympiastadion aufgrund der Tabellensituation und der Erwartungshaltung vor allem bei Hertha liegen. Union hat sein Soll mit 16 Punkten bisher deutlich übertroffen. „Ich habe schon einige Derbys gespielt“, sagte Kruse. „Freitagabend, 20.30 – was gibt es Geileres im Fußball.“

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