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Schwer zu stoppen. Berlins Robert Andrich (l.) versucht es gegen Leipzigs Timo Werner.

© Jan Woitas/dpa

1. FC Union macht Fortschritte: RB Leipzig ist nur noch eine Nummer zu groß

Bei RB Leipzig reichen die Fortschritte des 1. FC Union nicht. Allerdings machen sie für das kommende Spiel gegen den FC Augsburg Mut.

Während hinter Christian Gentner in den Katakomben des Leipziger Zentralstadions die gegnerischen Spieler feixend in die Kabine schlenderten, geriet der Mittelfeldroutinier des 1. FC Union bei seiner Analyse fast ein bisschen ins Schwärmen. Nicht nur er vertrat die Meinung, dass sich der 1. FC Union am Samstag trotz der 1:3-Niederlage beim Tabellenführer sehr teuer verkauft hatte, die Qualität von Rasenballsport Leipzig rang ihm aber viel Respekt ab.

„Wir haben jetzt zwei Mal gegen sie gespielt und ich habe keinen stärkeren Gegner gesehen“, sagte Gentner und machte das auch an den überragenden Individualisten des Gegners fest. Einen so guten Verteidiger wie den jungen Franzosen Dayot Upamecano „habe ich vielleicht viele Jahre in der Liga nicht mehr gesehen“, sagte Gentner – und in 15 Spielzeiten als Profi hat der Schwabe allerhand Weltklasseverteidiger aus nächster Nähe erlebt. „Wir wissen alle, was Sebastian Andersson für ein Klotz ist, aber da ist es dann natürlich schwer, vorne Bälle festzumachen.“

Dayot Upamecano lässt Union-Angreifer verzweifeln

Letztlich mussten alle Berliner anerkennen, dass Leipzig mindestens eine Klasse besser ist. Der so hoch gepriesene Upamecano ließ die Berliner Angreifer mit seiner beeindruckenden Mischung aus Schnelligkeit und Kraft immer wieder abprallen und nach einer halben Stunde erhöhte Leipzig zusehends den Druck. Durch zwei vermeidbare Tore von Timo Werner und Marcel Sabitzer drehte der Tabellenführer das Spiel nach der Pause schnell.

„Über 90 Minuten war das ein verdienter Sieg“, sagte Unions Trainer Urs Fischer und revidierte seine Einschätzung vor Saisonbeginn, als er den aktuellen Tabellenführer nicht ganz oben auf dem Zettel hatte. „Ihr zählt tatsächlich zu den Mannschaften, die um die Meisterschaft mitspielen können“, sagte er an Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann gerichtet.

Im Gegensatz zur Hinrunde, als die Berliner im ersten Bundesliga-Spiel der Vereinsgeschichte nach ordentlicher Anfangsphase mit 0:4 überrollt wurden, gingen Fischer und sein Team zum Rückrundenstart aber mit einem guten Gefühl vom Platz. Die Fortschritte in den vergangenen fünf Monaten sind deutlich und waren am Samstag ebenfalls zu erkennen.

Springt nicht höher als er muss. Nordi Mukiele im Zweikampf mit Sebastian Andersson.
Springt nicht höher als er muss. Nordi Mukiele im Zweikampf mit Sebastian Andersson.

© Matthias Rietschel/Reuters

Auch ohne den erkrankten Kapitän Christopher Trimmel bricht Union unter dem gegnerischen Druck nicht mehr zusammen, ist im Offensivspiel viel gefährlicher geworden und verlangte Leipzig einiges ab. Selbst nach dem Rückstand fingen sich die Berliner wieder und hatten durch Robert Andrich noch eine Chance auf das 2:2. Auch wenn das Ergebnis dieses Mal nicht stimmte, bereitete Union nach den Borussias aus Dortmund und Mönchengladbach mal wieder einem Spitzenreiter Probleme.

„Union ist eine Mannschaft, die schwierig zu bespielen ist, und das war ein hartes Stück Arbeit“, sagte Nagelsmann und seinem Schweizer Kollegen auf Berliner Seite gefiel vor allem die Reaktion seines Teams auf die schwierigen Phasen im Spiel. „Leipzig hat in gewissen Phasen enormen Druck entwickelt, wir haben aber trotzdem gut verteidigt und sind mutig geblieben“, sagte Fischer und sprach von einem tollen Auftritt. Auch Gentner erkannte große Fortschritte im Vergleich zum Saisonauftakt: „Wir sehen, dass wir uns weiterentwickeln, dass die Truppe noch besser zusammenwächst, dass Abläufe noch besser funktionieren.“

Bei allen positiven Eindrücken, die Union in Leipzig hinterlassen hat, bleibt unter dem Strich aber eine Niederlage – nach jenen gegen Hoffenheim und in Düsseldorf ist es bereits die dritte in Folge. Gewonnen hat der Aufsteiger seit vier Spielen nicht mehr und so ist der zwischenzeitlich komfortable Vorsprung auf den Tabellenkeller mittlerweile deutlich geschrumpft. Nach dem 14. Spieltag lag Union noch sieben Punkte vor dem Relegationsrang und sogar elf vor einem direkten Abstiegsplatz, nun sind es nur noch drei beziehungsweise fünf Zähler.

Durch die Siege von Köln und Bremen wird es enger

Dass es durch die jüngsten Erfolge von Köln und Bremen wieder enger geworden ist, wissen die Berliner natürlich – auch wenn sie betonen, in dieser Phase der Saison noch nicht so sehr auf die Konkurrenz zu schauen. „20 Punkte werden zum Schluss nicht reichen, egal wie die anderen spielen. Du kannst dich nicht auf dem ausruhen, was du dir in der Vorrunde erarbeitet hast“, sagte Fischer.

Mit 20 Punkten liegt Union noch im Soll, für Tabelle und Selbstvertrauen wäre ein Sieg im kommenden Heimspiel gegen den FC Augsburg am Samstag aber durchaus wichtig. Denn Augsburg liegt nur drei Punkte vor Union und gehört trotz des guten Laufs vor der Winterpause zu den Mannschaften, die noch in Abstiegsgefahr geraten könnten.

„Die Tabelle kenne ich nicht auswendig“, sagte Gentner, bezeichnet die Aufgabe gegen Augsburg aber als „Highlight-Spiel“. „Das bringt schon wieder ein bisschen Druck mit sich und wir sollten es auf unsere Seite ziehen, um weiter in Ruhe arbeiten zu können“, sagte Gentner. Dann sollte auch Trimmel wieder fit sein und vielleicht reicht es bis dahin auch für die lange verletzten Keven Schlotterbeck sowie Grischa Prömel für eine Rückkehr in den Kader.

Zudem hat der erst am Freitag aus Wolfsburg ausgeliehene Yunus Malli, der in Leipzig nach seiner Einwechslung unauffällig geblieben war, bis dahin mehr Zeit zur Eingewöhnung. Beim 1:2 im Test gegen St. Gallen am Sonntag stand er bereits eine Stunde auf dem Platz; Schlotterbeck spielte eine Halbzeit. Eine mindestens ebenso gute Nachricht für die Berliner ist jedoch, dass die Augsburger Gegenspieler nicht Upamecano oder Werner heißen.

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