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Internationaler Vorgeschmack. Im letzten Testspiel trat Rekordtransfer Taiwo Awoniyi (links) mit Union gegen Bilbao an.

© Andreas Gora/dpa

1. FC Union im Saisoncheck: Der schwerste Gegner ist die Dreifachbelastung

Nach drei Jahren, in denen es nur bergauf ging, zeigt der 1. FC Union Respekt vor der neuen Saison. Die große Frage ist, wie das Team den Europacup verkraftet.

Am Samstag startet der 1. FC Union in seine dritte Bundesligasaison. Vor dem Heimspiel gegen Bayer Leverkusen (15.30 Uhr, Stadion An der Alten Försterei und live bei Sky) werfen wir einen Blick zurück auf die Vorbereitung und nach vorne auf die Chancen in dieser Spielzeit.

Was hat sich verändert?

Wie im Vorjahr gab es einen mittelgroßen personellen Umbruch, der Unterschied liegt jedoch in den Details. Verließen damals mit Sebastian Andersson und Rafal Gikiewicz noch absolute Führungsspieler den Verein, hat Union im Sommer 2021 die begehrtesten Profis gehalten. Lange sah es so aus, als würden Robert Andrich und Marvin Friedrich den nächsten Schritt fernab von Berlin machen. Doch Abwehr- und Mittelfeldchef sind immer noch an Bord. Damit kann Urs Fischer trotz der enormen Fluktuation mit neun Abgängen und elf Neuen auf eine bewährte Achse zurückgreifen.

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Zu dieser gehört auch Taiwo Awoniyi, der nach seiner Leihe in der vergangenen Saison nun fest vom FC Liverpool verpflichtet wurde. Mit einer Ablösesumme in Höhe von angeblich 6,5 Millionen Euro ist der bullige Stürmer aus Nigeria der mit Abstand teuerste Spieler, den Union je unter Vertrag genommen hat. Auch die Verpflichtungen der bundesligaerfahrenen Genki Haraguchi, Rani Khedira und Levin Öztunali sowie des polnischen EM-Teilnehmers Tymoteusz Puchacz zeigen, dass Unions Stellenwert und die eigenen Ansprüche mittlerweile ganz andere sind als vor einigen Jahren.

Welche Auswirkungen hatte Corona?

Wie alle Klubs im Profifußball hat die Pandemie auch Union sehr viel Geld gekostet. Allein zwischen März und Dezember 2020 sind Einnahmen in Höhe von 12,4 Millionen Euro weggebrochen, erstmals seit 2008 beendete Union ein Geschäftsjahr mit einem negativen Ergebnis – und auch 2021 dürfte es trotz des sportlichen Erfolgs noch nicht viel besser aussehen. Ohne (wesentliche) Ticketverkäufe fehlt schließlich eine der wichtigsten Einnahmequellen.

Lange wurde ein Abschied von Robert Andrich als sehr wahrscheinlich angesehen, doch noch spielt der Mittelfeldchef in Berlin.
Lange wurde ein Abschied von Robert Andrich als sehr wahrscheinlich angesehen, doch noch spielt der Mittelfeldchef in Berlin.

© Matthias Balk/dpa

Dennoch steht Union solide da und investiert weiter in die Mannschaft, wie der Awoniyi-Transfer zeigt. Jenseits der finanziellen Auswirkungen hat Union in der Pandemie für einige negative Schlagzeilen gesorgt. Nicht zuletzt die Party auf dem Stadionparkplatz nach dem Einzug in den Europapokal hat den Eindruck gefestigt, dass sich der Verein bei allem Gerede von Solidarität im Zweifel doch selbst am nächsten ist.

Wer hat das Sagen?

Das Trio aus Dirk Zingler, Oliver Ruhnert und Urs Fischer. Ohne Präsident Zingler geht bei Union nichts, das ist seit Jahren bekannt und wird sich auch so schnell nicht ändern. Durch die extrem erfolgreichen vergangenen drei Jahre haben sich aber auch Trainer und Manager als sportlich Verantwortliche ein enormes Standing im Verein und bei den Fans erarbeitet. Mit ihrer Art scheinen Fischer und Ruhnert perfekt zu Union zu passen.

Was ist in dieser Saison möglich?

Nach drei Jahren, in denen es steil bergauf ging, steht Union vor einer großen Herausforderung. Die Dreifachbelastung aus Liga, Pokal und Europacup hat schon deutlich etablierteren Vereinen Probleme bereitet. Fischer weiß das und warnt trotz oder vielleicht gerade wegen der sehr guten Vorbereitung, in der unter anderem Athletic Bilbao besiegt wurde, immer wieder vor einer schwierigen Saison.

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Das offizielle Ziel ist wieder einmal der Klassenerhalt, und angesichts von Konkurrenten der Kategorie Bielefeld, Bochum sowie Fürth gehört Union erstmals nicht zu den heißen Abstiegskandidaten. Die neue Conference League ist eine Zugabe, doch zumindest die Gruppenphase sollte das Team schon erreichen.

Und sonst?

Könnten neben den Besuchen in der ungeliebten Europapokalheimat Olympiastadion einige sehr spezielle Auswärtsspiele auf Mannschaft und Fans zukommen. Los geht es am kommenden Donnerstag mit einer Reise nach Finnland. Dort geht es im Hinspiel der Play-offs gegen KuPS Kuopio, das sich nach einer großen Aufholjagd 4:3 beim FC Astana aus Kasachstan durchsetzte. Schafft es Union in die Gruppenphase dieses neuen und verwirrenden Wettbewerbs ist von großen Namen wie AS Rom, Tottenham oder Feyenoord bis zu Amateuren wie Lincoln Red Imps aus Gibraltar vieles möglich.

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