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Der Regionalligist aus Verl hat in der heimischen Sportclub-Arena in dieser Saison schon zwei höherklassige Vereine ausgeschaltet.

© Friso Gentsch/dpa

1. FC Union im DFB-Pokal-Achtelfinale: Wenn der Videoassistent vor dem Stadion sitzt

Bei Regionalligist SC Verl ist der 1. FC Union klarer Favorit. Von den ungewohnten Bedingungen wollen sich die Berliner nicht aus dem Konzept bringen lassen.

Größer könnte der Kontrast kaum sein. Am Samstag waren die Profis des 1. FC Union noch zu Gast bei Borussia Dortmund, in einem der größten Fußballtempel Europas. 81 365 Zuschauer füllten das Westfalenstadion bis auf den letzten Platz, als die Berliner in der Bundesliga 0:5 verloren. Nur vier Tage später geht es für Union direkt aus der Champions League in die Regionalliga. Zumindest in Bezug auf die äußeren Bedingungen. Am Mittwoch (18.30 live bei Sky) treten die Köpenicker im Achtelfinale des DFB-Pokals beim SC Verl an, in der mit 5135 Zuschauern ausverkauften Sportclub-Arena.

Mit dem Regionalligisten aus der Nähe von Bielefeld hat Union einen von nur noch zwei verbliebenen Viertligisten erwischt und damit ein vermeintlich einfaches Los. Der Einzug ins Viertelfinale würde sich für den Klub durch eine Prämienzahlung des DFB in Höhe von 1,4 Millionen Euro auch finanziell auszahlen. Dass die Berliner den Gegner aber nicht auf die leichte Schulter nehmen, zeigt schon die Vorbereitung von Urs Fischer. Der Trainer fuhr am Freitagabend extra nach Verl, um sich das Team beim 1:0-Sieg gegen den SV Lippstadt aus nächster Nähe anzuschauen. „Ich habe eine Mannschaft gesehen, die immer wieder hoch anläuft, die versucht den Gegner zu pressen und Fußball zu spielen“, sagt Fischer. „Sie stehen kompakt und haben schnelle Leute.“

Zum letzten Mal im Viertelfinale stand Union 2001

Wer Fischer kennt, der weiß, dass er über jeden Gegner respektvolle Worte verliert, ob dieser nun Borussia Dortmund heißt oder ein semi-professioneller Verein aus einem 26.000-Einwohner-Städtchen ist. Natürlich erwartet Unions Trainer auch in Verl eine „ganz schwierige Aufgabe“. Dass er nicht ohne Grund warnt, zeigt der Blick auf die bisherige Saison des Gegners. In der Regionalliga West liegt Verl auf dem zweiten Platz, hat bei sieben Punkten Rückstand aber auch drei Spiele weniger absolviert als Tabellenführer Rödinghausen.

Der Weg ins Achtelfinale

Im Pokal schaltete der Verein in der ersten Runde Unions Ligakonkurrenten FC Augsburg mit 2:1 aus, in Runde zwei gab es einen Erfolg im Elfmeterschießen gegen Zweitligist Holstein Kiel. „In Verl sind schon einige gescheitert“, sagt Innenverteidiger Marvin Friedrich und Fischer fügt hinzu: „Das sollte Warnung genug sein, wir werden Verl ganz sicher nicht unterschätzen.“ Der Trainer wird wie in den bisherigen Pokalspielen einigen Stammspielern eine Pause gönnen, aber vermutlich keine komplette Rotation durchführen. „Ich mag Englische Wochen, wenn viele Spiele sind“, sagt Kapitän Christopher Trimmel. „Vielleicht haben jetzt aber auch andere Spieler die Chance, sich zu beweisen.“

Allen Respektsbekundungen zum Trotz wissen die Berliner natürlich, dass sie als klarer Favorit ins Achtelfinale gegen den drei Klassen tiefer spielenden Gegner gehen und alles andere als ein Sieg eine Sensation wäre. Schlussendlich kommt es nur auf Union selbst an. Wenn die Mannschaft ihre Leistung abruft, steht sie im Viertelfinale – zum ersten Mal seit 2001, als der damalige Regionalligist erst im Finale gegen Schalke verlor.

1520 Berliner Fans fahren mit nach Verl

Das Endspiel im Olympiastadion fühlt sich im kleinen Verl noch besonders weit entfernt an, die ungewohnten äußeren Bedingungen will Fischer aber nicht als Ausrede gelten lassen. „Das Stadion hat seinen Charme“, sagt Fischer, sein Team solle sich aber lieber auf den Fußball konzentrieren und nicht auf die Begleitumstände. Dazu gehört auch der Rasen, der am Freitag schon nicht in besonders gutem Zustand gewesen sein soll und den der Regen der vergangenen Tage vermutlich noch tiefer gemacht hat. „Es gilt, sich darauf einzustellen“, fordert Fischer.

1520 Berliner Fans werden am Mittwoch dabei sein und das leicht provisorische Drumherum erleben. Die angrenzende Straße ist aufgrund des großen Andrangs – Verls Zuschauerschnitt in der Liga liegt bei knapp 1100 – gesperrt. Da längst nicht alle Interessierten ein Ticket bekommen haben, hat die Stadt ein Public Viewing in einer Schützenhalle organisiert. Um eine adäquate Beleuchtung für die Fernsehübertragung zu gewährleisten, gibt es im Stadion zusätzliche mobile Flutlichtanlagen. Da das Stadion in Verl keinen Glasfaseranschluss hat, ist eine Verbindung in den Kölner Keller nicht möglich. So wird der Videoassistent in einem Van in Stadionnähe sitzen. Auf die in der Bundesliga verpflichtende Torlinientechnik muss der Schiedsrichter komplett verzichten. Der Pokal hat bekanntlich seine eigenen Gesetze.

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