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Rote Wucht. Wenn Mittelfeldspieler Grischa Prömel für den 1. FC Union über den Rasen sprintet, hält ihn so leicht keiner auf.

© Beautiful Sports/Imago

1. FC Union gegen Bayer Leverkusen: Grischa Prömel spielt gegen die Zweifel

Unions dynamischer Mittelfeldspieler Grischa Prömel sorgte sich lange um seinen Körper. Nun will er wieder seinen Platz im Team finden.

Von David Joram

Als Dirk Zingler in dieser Woche das Training des 1. FC Union inspizierte, wirkte er gelassen. Hinter der Seitenlinie stand der Präsident, in seinen Fingern einen Glimmstängel haltend, in die Luft blies er frischen Rauch, und sein Blick wanderte dorthin, wo die Fußballer in den roten Trainingsanzügen Bälle jagten und aufs Tor droschen.

Bundesliga-Alltag kann so schön sein, wird sich Zingler vielleicht gedacht haben. Zum einen beträgt der Vorsprung der Berliner auf den Relegationsplatz vor dem Heimspiel gegen Leverkusen (Samstag, 15.30 Uhr, live bei Sky) neun Punkte, zum anderen sah Zingler, dass Akaki Gogia wieder seine Runden um den Trainingsplatz drehte, jener Spieler, der sich Ende September das Kreuzband gerissen hatte.

Wieder in den Alltag kommen

Und Zingler durfte auch feststellen, dass Grischa Prömel so herzhaft seinen wuchtigen Körper in die Zweikämpfe warf, als hätte es in den vergangenen Monaten keinerlei Zweifel bei ihm gegeben – dabei war das Gegenteil der Fall.

Wenn die Berliner den Tabellenfünften empfangen, wird Prömel, 25, auf der Bank Platz nehmen. Er wird dem Alltag dann wieder ein Stück näher rücken, den er in dieser Saison so selten erlebt hat. Fürs Erste genügt ihm das, denn hinter Prömel liegen Monate, in denen der Mittelfeldspieler das Vertrauen in seinen Körper suchte – und lange nicht fand.

„Der Körper ist mein Kapital, deswegen muss ich mich drum kümmern, dem Körper viel Liebe schenken“, sagt Prömel inzwischen. Nach dem zweiten Spieltag, die Berliner hatten in Augsburg ihren ersten Bundesligapunkt erkämpft, hatten die Sorgen begonnen. Prömel klagte über Knieprobleme. Eine Patellasehnenreizung habe er, diagnostizierten die Ärzte.

Was vergleichsweise harmlos klingt, entpuppte sich als Geduldsprobe. Denn nach diesem zweiten Spieltag am 24. August geriet seine bis dahin so geschmeidig verlaufene Fußballkarriere ins Stocken. „Es ist nicht so wie bei einer anderen Verletzung, wo man nach sechs Monaten sagt, es ist alles vorbei. Man muss immer ein bisschen ein Auge drauf haben“, sagt Prömel, nachdem er in den vergangenen Monaten allerhand ausprobierte, von Eigenbluttherapie bis Spritzenkur.

Eigenbluttherapie und Spritzenkur

Manche Dinge halfen, andere nicht. Gespräche folgten, mit der Familie, mit Rehatrainern, mit medizinischen Experten, aber auch mit Profis wie Bayerns Serge Gnabry, die schon eine ähnliche Misere erlebt haben. „Die Ursachenforschung ist immer ein bisschen schwierig, so ganz kann man es immer noch nicht zu 100 Prozent festlegen“, sagt Prömel.

„Deswegen war es schwierig und hat sich länger gezogen; man musste probieren: was tut mir gut?“, erzählt er. Pläne wurden entworfen, ein paar Wochen getestet, dann wieder verworfen. „Für den Kopf war das nicht einfach“, sagt Prömel.

Zwischenzeitlich, bei Unions Auswärtsspiel in München, stand er in der Fankurve und sang die Lieder mit, die von Liebe und Treue zum Klub aus Köpenick künden. „Ich wollte das mal selbst erleben, im Block zu stehen. Spätestens seit dem Aufstieg kennt man eh jedes Lied“, sagt Prömel.

Mittendrin war er also, nur nicht dabei. Andere spielten sich in den Vordergrund, Prömels Position im zentralen Mittelfeld besetzten die Neuzugänge Robert Andrich und Christian Gentner mehr als adäquat. Das Team reifte, Prömel arbeitete solo an seiner Rückkehr, wohlwissend, dass im Fußball niemand unersetzlich ist. „Es ist sehr schwierig für den Kopf, wenn man die ganze Zeit alleine trainiert“, sagt Prömel, in dieser Phase sei er „nicht so Teil der Mannschaft“ gewesen, wie er das habe sein wollen.

Comeback beim 0:5

Zuletzt aber deutete sich an, dass er wieder eine feste Stütze dieser Elf werden kann. Gegen Dortmund, Verl und Bremen durfte Prömel als Einwechselspieler mitwirken. Über das Spiel beim BVB sagt er: „Für mich war’s die schönste 0:5-Niederlage in meiner Karriere.“

Dabei entspricht weder das Ergebnis noch die Rolle als Joker Prömels Anspruch. In der vergangenen Zweitliga-Saison galt der gebürtige Stuttgarter mit seiner kompromisslosen wie dynamischen Art als unersetzlich.

Sieben Tore schoss er auf dem Weg in die Relegation. Wenn er einsatzbereit war, spielte Prömel auch, das war Gesetz. Doch die lange Pause hat ihn demütiger werden lassen. Natürlich wolle er wieder in die Startelf, sagt er, doch Eile hat Prömel keine.

Die Prioritäten sind erstmal andere, gesund bleiben vor allem, die Zweifel ausräumen. Er betreibe nun mehr Präventivmaßnahmen, habe den Umfang erhöht und ein gutes Körpergefühl bekommen, sagt Prömel. Alles andere sieht der Spieler derzeit gelassen – wie sein Präsident.

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