zum Hauptinhalt

Serie Bundestagswahlen: 2002: Stoibers Niederlage, Merkels Sieg

Der bayerische Ministerpräsident wurde 2002 nicht Kanzler - das bereitete der CDU-Chefin den Weg. Gerhard Schröder schaffte es trotz durchwachsener Bilanz noch einmal, nicht zuletzt wegen der Grünen. 

Die Deutschen wollen keinen Bayern als Kanzler. Das war das resignierte Fazit eines Vertrauten von Edmund Stoiber, nachdem der am 22. September 2002 eingestehen musste, es nicht geschafft zu  haben. Dabei hatte es gar nicht schlecht ausgesehen für den bayerischen Ministerpräsidenten, denn in den Umfragen hatte die Union über weite Strecken des Wahljahres vorne gelegen. Rot-Grün hatte sich nicht als das Geschoss erwiesen, das Gerhard Schröder 1998 mit seinem fulminanten Wahlsieg versprochen zu haben schien. Aber Stoiber, der Fußballfan, verstolperte den Torschuss, zugegebenermaßen nicht ganz freistehend, aber doch in aussichtsreicher Position. Am Ende lagen die beiden Volksparteien gleichauf: Jeweils 38,5 Prozent entfielen auf Union und SPD.

 Flut und Irak

Es war nicht allein die Flutkatastrophe in Ostdeutschland, die im August aus dem verzagten Kanzler wieder den Macher Schröder werden ließ und damit Rot-Grün den kaum noch erhofften Wahlsieg schenkte. Auf Schröders Punktekonto stand auch sein Nein zu einer Beteiligung der Bundeswehr am beginnenden Irakkrieg des US-Präsidenten George W. Bush. Andererseits war die Arbeitslosigkeit in den rot-grünen Jahren stark gewachsen, über fünf Millionen Menschen hatten keinen Job. Doch die Bürger schienen noch nicht bereit zu sein, die Union nach vier Jahren schon wieder ans Ruder zu lassen.

 Fischer schlägt Westerwelle

Angesichts des Patts der Volksparteien kam es auf die kleineren Parteien an. Und hier gelang es den Grünen (man darf das in der Rückschau getrost dem Außenminister Joschka Fischer zuschreiben), die FDP abzuhängen. Die hatte das „Projekt 18“ (also die Verdreifachung des Stimmenanteils) ausgerufen und ihren Spitzenmann Guido Westerwelle ernsthaft als Kanzlerkandidaten ins Rennen geschickt (und sich mit einer erfolglosen Klage in Karlsruhe, die ihm die Teilnahme am erstmaligen Kanzlerkandidatenduell im Fernsehen bringen sollte, lächerlich gemacht). Die Grünen legten auf 8,6 Prozent zu und sicherten Rot-Grün damit die weitere Herrschaft. Dass erstmals ein Grüner einen Wahlkreis gewinnen konnte – Hans-Christian Ströbele in Berlin – gehörte zum grünen Kleintriumph.

Die Partei hatte sich seit 1998 das notwendige Maß an Regierungsfähigkeit zugelegt. Das wurde nun belohnt. Die FDP landete bei 7,4 Prozent, besser zwar als in den beiden Wahlen zuvor, doch hatten Umfragen deutlich mehr erwarten lassen (worauf Stoiber auch gesetzt hatte; er war danach nie mehr gut auf die FDP zu sprechen und bezeichnete Westerwelle später als "Leichtmatrosen"). Tragisch verlief der Wahlabend für den bayerischen Ministerpräsidenten, der den Wahlkampf weitaus weniger kämpferisch und polemisch geführt hatte als Franz Josef Strauß 22 Jahre zuvor: In den frühen Hochrechnungen lag Schwarz-Gelb vor Rot-Grün, Stoiber durfte sich stundenlang als Sieger sehen, bevor ihn in der Nacht die bittere Realität einholte.

 Blockierte CDU-Chefin

Dass zum zweiten Mal in der Geschichte der Bundestagswahlen ein CSU-Politiker als Kanzlerkandidat der Konservativen antrat, war das Ergebnis der machtpolitischen Blockade innerhalb der CDU. Dort hatte die neue Parteichefin Angela Merkel zwar ihren Anspruch ein Jahr vor der Wahl formuliert, es zeigte sich aber, dass ihre Position nicht  stark genug war, ihn auch durchzusetzen. Zu viele Christdemokraten glaubten nicht, mit Merkel gegen Schröder bestehen zu können. Zu den Gegnern zählten mächtige Ministerpräsidenten wie Erwin Teufel und Roland Koch (der wohl selbst Ambitionen hatte, nur jetzt noch nicht) und der Fraktionschef im Bundestag, Friedrich Merz.

So trug am Ende Merkel selbst Stoiber die Kandidatur an, bei einem gemeinsamen Frühstück im Januar 2002 im Haus Stoibers in Wolfratshausen. Ähnlich wie Helmut Kohl 1980 sicherte sich die CDU-Chefin so die spätere Kanzlerkandidatur. Denn nach Stoibers Niederlage war die CSU im machtpolitischen Spiel innerhalb der Unionsparteien geschwächt, und Merkels Gegner in der CDU auch. Merz wurde nach der Wahl abgelöst – Merkel führte nun auch die Fraktion. Stoibers Niederlage war ihr Sieg.

 Verliererin PDS

Zu den Verlierern der Wahl von 2002 gehörte auch die PDS. Sie stürzte ab, fiel auf vier Prozent und brachte auch nur noch zwei Direktkandidaten durch – einer zu wenig für den Einzug als Partei. Das Wahldesaster sollte Folgen haben: Die SED-Nachfolgepartei, im Westen nicht konkurrenzfähig, machte sich jetzt daran, in neue Kleider zu schlüpfen. Die Linkspartei war das Ergebnis.

Die weiteren Teile der Serie zu den Bundestagswahlen lesen sie hier.

Zur Startseite