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Serie Bundestagswahlen: 1961: Der Beginn der Ära Brandt

Die SPD verlor zwar die Wahl 1961 – aber es war eine Niederlage mit Aussicht. Denn nun begann der unaufhaltsame Aufstieg der Sozialdemokratie zur Kanzlerpartei

Die Bundestagswahl am 17. September 1961 hat Willy Brandt zum Bundeskanzler gemacht. Nicht sofort natürlich, der Berliner Regierende Bürgermeister war an jenem Spätsommerabend der Wahlverlierer. Aber mit dieser Niederlage begann der Weg des charismatischen Politikers an die Spitze der Partei (1964), in die Regierung mit der Union als Vizekanzler (1966) und schließlich ins Kanzleramt (1969). Die Sechzigerjahre sahen den unaufhaltsamen Aufstieg der Sozialdemokratie. Der Auftakt dazu war die Wahl von 1961. Brandt konnte die SPD deutlich nach oben hieven, sie kam jetzt auf 36,2 Prozent, das zweitbeste Ergebnis der Partei bei nationalen Wahlen (nur im Revolutionsjahr 1919 war der Stimmenanteil etwas höher).

Die SPD gewinnt die Jüngeren

Der einstige Emigrant war nicht zuletzt bei jüngeren Wählern eine Zugnummer, die von ihm ein Ende der restaurativen, als politisch muffig empfundenen Nachkriegsjahre erhofften. Und die Sozialdemokraten, nie eine einfache Partei, was ihr Führungspersonal angeht, machte nicht den Fehler, Brandt nach der einen Wahl wieder fallen zu lassen. Endlich hatte sie einen Siegertypen. Brandt wurde als deutscher Kennedy präsentiert, als Mann für den Aufbruch. Und mit dem Godesberger Programm von 1959 hatte sich die Partei auch inhaltlich von der Vergangenheit verabschiedet.

 Ende der Ära Adenauer

Der Beginn der Ära Brandt in der Bundespolitik war zugleich der Anfang vom Ende der Ära Adenauer. Die Union konnte ihre absolute Mehrheit, vier Jahre zuvor errungen, nicht halten konnte und brach auf 45,3 Prozent ein. Der „Alte“ wirkte nun mit seinen 85 Jahren wirklich alt, der erste Kanzler der Bundesrepublik hatte seine beste Zeit eindeutig hinter sich. Das Denkmal wankte. Ein Grund dafür war der Bau der Berliner Mauer seit dem 13. August 1961. Adenauer hatte zögerlich reagiert, während Brandt im Zentrum der Ereignisse stand. Der zeigte sich staatsmännischer als der Kanzler, lag in Umfragen zwischenzeitlich sogar vor Adenauer.

 Die Umfallerpartei

Auch die FDP durfte sich als Gewinnerin der Wahl von 1961 fühlen. Sie kam auf 12,8 Prozent, ihr bis dahin bestes Resultat bei einer Bundestagswahl (erst 2009 sollten es noch mehr werden). Freilich fühlte sich die Freien Demokraten stärker, als sie eigentlich waren. Sie hatten gepunktet, weil Parteichef Erich Mende eine Koalition mit der Union an die Ablösung Adenauers binden wollte. Doch damit setzte sich die FDP nicht durch; Adenauer war nur bereit, einen vorzeitigen Rückzug vom Amt anzukündigen.

Die FDP, die fürchtete, Union und SPD könnten sich zu einer großen Koalition zusammenfinden (wofür es auch Anzeichen gab), musste sich wieder auf ein schwarz-gelbes Bündnis einlassen – sozialliberal wäre zwar rechnerisch möglich gewesen, doch politisch war die Zeit noch nicht reif. Dass sie Adenauer als Kanzler nicht verhindern konnte, trug ihr das Etikett „Umfallerpartei“ ein. Bis heute: Wer den Begriff googelt, landet bei Kommentaren zur FDP. Die 1961 gebildete Koalition war stets fragil, zur wachsenden Freude der SPD.

Die weiteren Teile der Serie zu den Bundestagswahlen lesen sie hier.

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