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Sozialpalast in Berlin-Schöneberg

© Mike Wolff

Schöneberger Pallasseum: Denkmalschutz statt Sprengung: Der Aufstieg des Sozialpalasts

Zwei Toiletten, riesige Fenster, Balkon – für Meleh Ördüz war das der reinste Luxus, als sie 1987 in den Berliner Sozialpalast zog. Wie steht es heute um den Klotz? Unser Blendle-Tipp

Von Andreas Austilat

Ein Denkmal? Sein Haus? Ali Ördüz lächelt. Der Sportpalast, der hier vorher stand, das sei ein Denkmal gewesen. Weil er nämlich historisch war. Und er meint nicht wegen Goebbels und seinem Schrei nach dem totalen Krieg. Was schert ihn diese alte Nazi-Geschichte. Nein, wegen James Brown zum Beispiel, den Godfather of Soul, den hat er hier gesehen, als er, Ali Ördüz, noch lange schwarze Haare hatte und nicht diesen grauen Haarkranz, der ihm heute geblieben ist.

Ein Denkmal? Die Mieter wundern sich

Das muss nach 1970 gewesen sein, dem Jahr, als er aus dem türkischen Adana nach Deutschland kam. Aber vor 1973. Da wurde der alte Sportpalast abgerissen, machte Platz für dieses Gebäude hier, das sie bald den Sozialpalast nannten. Was keineswegs schmeichelhaft gewesen ist. Und diese Ansammlung von Betonriegeln, deren größter 13 Etagen hoch die Schöneberger Pallasstraße überspannt, die ist jetzt also ein Baudenkmal. Ganz offiziell mit dem Segen der Landesdenkmalpflege und bestätigt vom Kultursenator.

Ali Ördüz aus Adana, gelernter Modellschreiner und heute 68 Jahre alt, lächelt wieder auf seine leise und ein wenig schüchterne Art. Er steht in der Tür zu seinem Wohnzimmer. Durch das große Fenster scheint viel Licht auf helle, gut 20 Quadratmeter. Seine Frau Meleh sitzt auf dem Sofa, den Esstisch umstellen vier halbkugelige Sessel, die ein wenig futuristisch aussehen. „Die haben die Kinder ausgewählt“, sagt er, die Kinder, die bis auf eine Tochter längst ausgezogen sind. Vom Balkon fällt der Blick sechs Etagen tiefer auf den Spielplatz, auf dem an diesem Montagvormittag ziemlich wenig los ist, geht drüben wieder sechs Etagen die Fassade des gegenüberliegenden Blocks hoch. „Müssten Sie mal abends kommen“, sagt Ali Ördüz, dann sei da unten vielleicht ein Krach.

Meleh Ördüz, Anwoghnerin vom Pallasseum
Hohe Fenster. Im Vergleich zu dem Haus, in dem sie vorher lebte, sei dieses hier Luxus gewesen, sagt Meleh Ördüz.

© Mike Wolff

Was soll also besonders sein an diesem Haus? Von dem er sich nie habe träumen lassen, dass er hier einmal wohnen würde. Nicht vorübergehend, sondern nun schon seit 30 Jahren. Hat es vielleicht irgendwelche Verdienste – außer dass es noch steht? Klaus-Rüdiger Landowsky zum Trotz. Der ehemalige CDU-Fraktionsvorsitzende hatte 1998 den Abriss gefordert. „Man muss den Mut haben, Gebäude wie das Neue Kreuzberger Zentrum oder den Sozialpalast zu sprengen.“ Es war der Tiefpunkt für den Ruf des Sozialpalastes.

Es waren harte Zeiten

Ali Ördüz erinnert sich gut, wie das damals war. Da musste man ja kämpfen, wenn man nach Hause kam. Mit den streitlustigen Jugendlichen im Treppenhaus. Tochter Berna – die 45-Jährige wohnt gleich um die Ecke ebenfalls im Sozialpalast, der längst Pallasseum heißt – durfte als Mädchen nicht runter, jedenfalls nicht, wenn es dunkel wurde. Freundinnen kamen dann auch keine mehr, im Hof lungerten die Fixer, wenn sie nicht in den Müllräumen rumlagen. Und vor der Tür, auf der Potsdamer Straße, lüfteten die Nutten auf der Suche nach Freiern ihre knappen Röcke.

Meleh Ördüz, seit 43 Jahren mit Ali verheiratet, lächelt auch. Luxus, sagt die 64-Jährige mit dem kurzen schwarzen Haar, diese Wohnung sei Luxus gewesen. Ja, dies war ein dreckiges Haus, nicht von Anfang an, eigentlich erst in den 90ern. Aber im Vergleich, der reinste Luxus! Bis 1987 wohnten sie in der Schöneberger Grunewaldstraße, Altbau mit Ofenheizung, ohne Bad und einer Hausverwaltung, die sich um nichts kümmerte. Erinnert sich noch jemand an den Berliner Winter 1986? Dauerfrost, 21 Tage lang hatten sie kein Wasser.

Dann dieser Palast, zwei Toiletten, Balkon. Vier Zimmer, Fahrstuhl, riesig hohe Fenster. Sie zeigt aus der Küche auf den grünen Hof. Und erzählt, wie sie damals protestiert hat, gegen einen Abriss. Sogar zum Rathaus sei sie gelaufen.

Sozialpalast in Schöneberg
Augen auf und durch. Die Pallasstraße führt unter dem Haus hindurch.

© Thilo Rückeis

Tatsächlich scheinen sich die Freunde des Palastes dort heute noch in Grenzen zu halten. Jedenfalls reagierten die Bauexperten von CDU und SPD in der Schöneberger Bezirksverordnetenversammlung überrascht bis verstimmt, als im Juni bekannt wurde, das Pallasseum stehe nun auf der Denkmalliste....

Den vollständigen Text lesen Sie für 45 Cent im Online-Kiosk Blendle.

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