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Zyperns Außenminister Nikos Christodoulides (2.v.r) beim Treffen mit seinen Amtskollegen am Montag in Brüssel.

© dpa

Zypern blockiert Belarus-Sanktionen: Die EU leidet an der Vetomacht einzelner Mitglieder

Die europäische Diskussion um Belarus-Sanktionen zeigt vor allem eines: Das Prinzip der Einstimmigkeit hat bei Strafmaßnahmen ausgedient. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Bei einem Treffen mit der belarussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag, er sei „wirklich beeindruckt vom Mut und der Ausdauer“ der Belarussen und insbesondere der Frauen, die seit Wochen gegen den Wahlbetrug des Präsidenten Alexander Lukaschenko demonstrieren. Andersherum dürfte sich aber gerade jene Belarussen, die den Protest in diesen Tagen aufrechtzuerhalten versuchen, kaum beeindruckt von der Europäischen Union zeigen. Denn die Gemeinschaft gibt in der Frage, ob Sanktionen gegen belarussische Regimeanhänger verhängt werden sollen, ein schwaches Bild ab.

Es war stets klar, dass sich die EU nach dem Wahlbetrug vom August nicht mit dergleichen Energie zu Gunsten der Protestbewegung einsetzen würde, wie sie dies seinerzeit in der Ukraine getan hatte. Umso dringlicher ist es für die Gemeinschaft daher, zumindest Sanktionen gegen jene Einzelpersonen im Umkreis von Lukaschenko zu verhängen, die für Wahlmanipulation und Gewalt gegen Demonstranten verantwortlich sind.

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Aber selbst dieser Aufgabe ist die EU nicht gewachsen. Die Regierung des EU-Mitglieds Zypern blockiert Sanktionen gegen Belarus, weil sie die Gemeinschaft auf einen harten Kurs gegenüber dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zwingen will. Wenn die Konten von belarussischen Rechtsbrechern eingefroren werden, so wird in Nikosia argumentiert, dann sollen bitteschön auch weitere Strafen gegen jene verhängt werden, die an den umstrittenen türkischen Erdgasbohrungen in der Nähe Zyperns beteiligt sind.

Zypern unternimmt einen plumpen Erpressungsversuch

Eine solche Verknüpfung zwischen den unhaltbaren Zuständen in Belarus und dem Gasstreit im östlichen Mittelmeer lässt sich aber inhaltlich nicht begründen. Wenn Nikosia auf einem derartigen Junktim beharrt, ist das vielmehr ein plumper Erpressungsversuch. Obendrein darf sich Ursula von der Leyen bestätigt fühlen. Die Kommissionschefin hat gerade einen Verzicht auf das Einstimmigkeitsprinzip in Sanktionsfragen gefordert. Überfällig wäre ein solcher Schritt. Wenn die EU in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft als geopolitischer Akteur erst genommen werden will, muss sie die Vetomacht einzelner Mitgliedstaaten beenden.

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