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Ein Häftling der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wriezen (Symbolbild).

© Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/ZB

Zwölf von 10.000 Gefangenen nehmen sich das Leben: Mehr Suizide in deutschen Haftanstalten

Laut Statistik hat Deutschland EU-weit einige der höchsten Suizidraten in Gefängnissen. Die Linke kritisiert die schlechte Betreuung von akut Gefährdeten.

Die Zahl der Suizid-Fälle in deutschen Haftanstalten steigt. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, starben im Jahr 2017 im Justizvollzug 173 Menschen, 82 von ihnen durch Selbsttötung. So viele Suizide in der Haft hat es seit 2005 nicht gegeben. Für das Jahr 2018 gibt es noch keine bundesweite Übersicht.

Ein Anstieg ist auch dann festzustellen, wenn man die jeweilige Zahl der Inhaftierten berücksichtigt. Im Jahr 2017 waren die Justizvollzugsanstalten im Durchschnitt mit 64 063 Menschen belegt. Im Jahr 2015 waren es 58 836 Häftlinge, im Jahr 2005 saßen im Jahresdurchschnitt 72 146 Menschen in Haft.

Haben Sie dunkle Gedanken? Wenn es Ihnen nicht gut geht oder Sie daran denken, sich das Leben zu nehmen, versuchen Sie, mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Das können Freunde oder Verwandte sein. Es gibt aber auch eine Vielzahl von Hilfsangeboten, bei denen Sie sich melden können.

Der Berliner Krisendienst ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern variieren nach Bezirk, die richtige Durchwahl für Ihren Bezirk finden Sie hier.

Weiterhin gibt es von der Telefonseelsorge das Angebot eines Hilfe-Chats. Außerdem gibt es die Möglichkeit einer E-Mail-Beratung. Die Anmeldung erfolgt – ebenfalls anonym und kostenlos – auf der Webseite. Informationen finden Sie unter: www.telefonseelsorge.de

Die hohe Zahl der Selbsttötungen in Haft sei „eine Schande“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke. „Wenn Gefangene eines unnatürlichen Todes sterben, spielt nicht selten menschliches Fehlverhalten eine Rolle: Häufig wird eine akute Suizidgefährdung bei Inhaftierten nicht erkannt, die psychologische und medizinische Versorgung ist schlecht“, fügte sie hinzu. Nach Angaben der Bundesregierung kümmerten sich im Jahr 2018 bundesweit rund 850 Mitarbeiter des psychologischen und soziologischen Dienstes sowie rund 280 Mitarbeiter des seelsorgerischen Dienstes um im Jahresdurchschnitt etwa 64.000 Häftlinge.

Laut einer Statistik des Europarates sind die Suizidraten in französischen, deutschen und österreichischen Gefängnissen deutlich höher als im Durchschnitt der Mitgliedstaaten. Deutschland kam demnach 2016 auf 11,8 Selbsttötungen pro 10.000 Gefangene, mehr als doppelt so viele wie im Durchschnitt aller 47 Mitgliedstaaten (5,5).

In Brandenburg hatte sich Mitte November ein 57-jähriger Mann offenbar in der Untersuchungshaft das Leben genommen. Der Sprecher des Justizministeriums, Uwe Krink, bestätigte den Suizid.

Zuvor hatten die „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ in ihrer Online-Ausgabe berichtet, dass der Mann in seiner Haftzelle tot entdeckt worden war. Die Todesursache müsse laut Staatsanwaltschaft noch ermittelt werden, berichtet die Zeitung. Eine Obduktion sei veranlasst worden. Gegen den Mann wurde wegen Totschlags an seiner 60 Jahre alten Ehefrau ermittelt. (dpa)

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