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Tanks von Transneft, einem staatlichen russischen Unternehmen, das die Erdöl-Pipelines des Landes betreibt.

© dpaFoto: Igor Russak/dpa

Zwischen Januar und April: Europa steigerte offenbar seine Öl-Importe aus Russland

Eigentlich sollten die Importe sinken und die russische Wirtschaft geschwächt werden. Stattdessen stieg der Anteil russischen Öls in Europa zuletzt offenbar an.

Hunderte Millionen Euro flossen Tag für Tag von Europa nach Russland. Gekauft wurden damit vor allem Öl, Gas und Kohle. Dann marschierte Russland in der Ukraine ein.

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Als Reaktion auf die Invasion verhängte die EU daher am 31. Mai ein Teil-Ölembargo gegenüber Russland. Dieses gilt jedoch bisher lediglich für Erdöl, das auf dem Seeweg transportiert worden ist und betrifft damit lediglich 75 Prozent der EU-Importe.

Der „Economist“ berichtete nun, die Sanktionen würden bisher nicht ihre gewünschte Wirkung erzielen – im Gegenteil, die EU-Importe von russischem Öl hätten sich seit Beginn des Krieges sogar erhöht. Dabei bezogen sie sich auf Zahlen des Preis-Informationsdienstes „Argus Media“. Demnach stiegen diese zwischen Januar und April um 14 Prozent, von 750.000 auf 857.000 Barrel am Tag.

Ungarn verhindert ein wirkvolles Embargo

Das beschlossene Embargo gilt bisher lediglich für Erdöl, das auf dem Seeweg transportiert worden ist, nicht betroffen sind Lieferungen per Pipeline. Dabei handelt es sich um ein Zugeständnis an Ungarn, welches das Abkommen zuvor blockiert hatte.

Die sogenannte Druschba-Pipeline beliefert derzeit Raffinerien in Ungarn, Tschechien und der Slowakei sowie in Deutschland und Polen. Letztere beide Länder wollen dies bis Ende des Jahres vollständig einstellen. Damit sollte das Embargo dann 90 Prozent des russischen Öls betreffen.

Derzeit zeichnet sich jedoch ein anderer Trend ab. Deutschland, der Hauptbezieher der Druschba-Pipeline, ist nach dem Bericht das einzige Land, das seit Kriegsausbruch seine Importe reduziert hat. Ungarn und Polen haben laut den Zahlen von „Argus Media“ hingegen ihre Importe erhöht. Die Slowakei soll nach wie vor 92 Prozent ihres Bedarfs mit russischem Öl decken.

Russisches Öl derzeit deutlich günstiger

Dahinter dürfen vor allem finanzielle Gründe stecken. Der Anreiz, sich derzeit von russischen Öllieferungen zu lösen, ist gering. Das für Russland wichtige Urals-Öl wird derzeit deutlich unter dem Brent, die Referenzsorte für den Weltmarkt, gehandelt.

Im vergangenen Monat soll das Urals-Öl laut „Economist“ 40 US-Dollar günstiger gewesen sein als das Nordseeöl, das von Norwegen, Großbritannien, Dänemark, Deutschland und den Niederlanden gefördert wird.

Einige ostereuropäische Länder wie Tschechien und die Slowakei unterstützen daher zwar grundsätzlich ein Importverbot, fordern jedoch eine Anpassungsfrist von zwei bis drei Jahren.

Ungarn spricht sogar von vier Jahren, die es brauchen wird, bis die notwendige Infrastruktur geschaffen ist, um Öl aus einer alternativen kroatischen Pipeline zu gewinnen. Ein vollständiges Embargo würde laut dem ungarischen Premierminister Viktor Orban einer „Atombombe“ auf die Wirtschaft seines Landes gleichkommen. (Tsp)

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