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Die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses: Nancy Pelosi.

© Imago Images/Zuma Wire/Rod Lamkey/Cnp

Zweites Impeachment gegen Trump: Eine Sternstunde der amerikanischen Demokratie

Trump hat das zweite Verfahren gegen sich überstanden. Aber der Prozess war nicht überflüssig. Er war eine wichtige Botschaft für die Amerikaner. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Andrea Nüsse

Auf den ersten Blick mag es aussehen, als sei das vergebene Liebesmüh gewesen. Auch im zweiten Impeachment-Verfahren, diesmal wegen der Anstiftung zum Sturm auf das Kapitol am 6. Januar, ist der ehemalige US-Präsident Donald Trump vom Senat freigesprochen worden. Das war trotz einer interessanten Volte in letzter Sekunde vorhersehbar gewesen. Obwohl immerhin sieben Republikaner für eine Verurteilung gestimmt hatten – aber das reichte eben nicht für eine Zweidrittelmehrheit.

Dennoch war das Verfahren nötig und erfolgreich: Es war eine Sternstunde amerikanischer Demokratie, in der demokratische Senatoren multimedial und akribisch genau nachzeichneten, wie Trump seine Anhänger mit seinen Tweets und Video-Ansprachen aufgehetzt hatte, das Wahlergebnis nicht anzuerkennen und sich den angeblichen Sieg nicht nehmen zu lassen – um keinen Preis. Ganz Amerika konnte damit noch einmal in Ruhe die verstörenden Vorgänge und die Verantwortung des damaligen Präsidenten nachverfolgen. Man kann nur hoffen, dass dies auch bei manchen Wählern Spuren hinterlässt.

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Vor allem aber haben aufrechte Demokraten Zeugnis auch für die Nachwelt abgelegt, dass Anstachelung zur Gewalt ein No-Go ist, die die schärfste Waffe gegen einen Präsidenten (oder Ex-Präsidenten) rechtfertigt: ein Impeachment-Verfahren. Für die Selbstvergewisserung der amerikanischen Demokratie war das nötig.

Wenn man genau hinschaut, ist es trotz des Jubels der loyalsten Trump-Anhänger ein Freispruch zweiter Klasse: Nicht nur haben sieben Republikaner für die Amtsenthebung „ihres“ Präsidenten gestimmt. Selbst der mächtige Fraktionschef der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, hat Trump „praktisch und moralisch“ für schuldig befunden und ihm die Verletzung seiner Amtspflichten vorgeworfen. Dennoch stimmte er für einen Freispruch – nach seiner Interpretation könne ein Impeachment-Verfahren nicht einen ehemaligen Präsidenten verurteilen.

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Dieses unentschlossene Verhalten ist leider kein klarer Schnitt und zeugt von der verstörenden Feigheit so vieler Republikaner: Erst haben sie sich vor Trump in den Staub geworfen, nun kuschen sie vor der Wählerbasis, wo Trump nach wie vor populär ist. Und diese Trump-Anhänger fühlen sich bestätigt, dass dieses Verfahren nur eine politisch motivierte Hexenjagd der politischen Gegner war. Damit steht der republikanischen Partei eine Zerreißprobe bevor: Der Kern der Trumpisten gegen jene Republikaner, die ihre Partei wieder mit Anstand und Würde zurückgeben wollen.

Den Demokraten bleibt nur, durch eine bessere, gerechtere Politik, einen respektvollen Umgang miteinander und mit der Welt die Wähler zu überzeugen, dass dies der amerikanische Weg ist, der auch „Amerika wieder groß machen“ kann – angesehener in der Welt und in Übereinstimmung mit den als uramerikanisch gefeierten Werten.

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