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Und noch ein Überschuss - seit 2015 geht das so.

© imago images/Steinach

Zu viel Geld im Bundeshaushalt: Überschüsse in Serie? Da stimmt was nicht!

Die Einnahmen sprudeln, die Koalition im Bund reiht Überschuss an Überschuss. Aber so kann und darf es nicht weitergehen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Wolfgang Schäuble hatte seine schwarze Null. Olaf Scholz hat nun seine dicke Neunzehn. Er ist der Bundesfinanzminister, der sich mit dem höchsten Überschuss im Bundeshaushalt schmücken darf, den es in der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik gegeben hat. Was der Vizekanzler am Montag verkünden konnte, ist eine weitaus höhere Zahl, als zuletzt angenommen worden war. Offenkundig läuft die Wirtschaft besser, ist die Beschäftigungslage stabiler geblieben als gedacht, was zu einem Steuerplus über die Schätzungen hinaus geführt hat. Nun kann man Scholz nicht den Vorwurf machen, dass er zu pessimistisch geplant, um nun als Olaf im Glück die Überraschungstaler austeilen zu können. Vor einem Jahr drohte tatsächlich ein stärkerer Abschwung. Da plant man besser vorsichtig – mit geringeren Einnahmen, ohne gleichzeitig schon die Ausgaben massiv zu erhöhen, also das Pulver vorzeitig zu verschießen.
Andererseits sind Überschüsse aber nicht wirklich ein Schmuck, vor allem, wenn sie in Serie gehen. Denn dann stimmt etwas nicht. Und so ist irgendwann der Vorwurf gerechtfertigt, dass zu viel Geld im Staatssäckel sein könnte. Immerhin hat sich beim Bund nun eine Rücklage von 48 Milliarden Euro angesammelt. Nimmt man nicht abgeflossene Mittel in Sondervermögen, Investitionsfonds oder nachgeordneten Etats dazu, dann wird man locker auf eine Summe von 60 bis 70 Milliarden Euro kommen, die quasi in der Hinterhand sind. Also etwa ein Sechstel des gesamten Haushaltsvolumens des Bundes.

Der Staat soll nicht das Geld er Bürger zurücklegen

Das ist einfach zu viel. Die Steuerzahler haben nämlich nicht die Erwartung, dass der Staat ihr Geld für sie zurücklegt. Daher drängt sich zweierlei auf. Zum einen eine Entlastung bei den Steuern. Zum anderen die von Scholz angekündigte Investitionsoffensive. Im einen Fall bietet sich an, das Ende des Solidaritätszuschlags vorzuziehen. Für 90 Prozent der Zahler, so hat es die Koalition schon beschlossen, soll der „Soli“ am 1. Januar 2021 Geschichte sein. Warum nicht ein bisschen früher? Und warum nicht für alle? Es ist keine Kleckersumme, um die es da geht, das ist schon wahr. 20 Milliarden Euro sind aber angesichts des Polsters auch keine Unsumme, zumal der Ausfall zum Teil ja schon in den Planungen drinsteckt.

Sollte die für 2020 angenommene Wachstumsschwäche tatsächlich eintreten, wäre das Vorziehen der „Soli“-Abschaffung auch konjunkturpolitisch nicht falsch. Und mit der Ausdehnung auf die Wohlhabenden und die Unternehmen wäre auch die Entlastung für die Wirtschaft enthalten, welche die Union ständig fordert.

Mehr eigene Mittel für die Kommunen

Was die staatlichen Investitionen betrifft, sollte sich der Bund (im Verein mit den Ländern) endlich mit dem Gedanken anfreunden, dass das Problem bei den Kommunen liegt. Sie konnten in den vergangenen Jahren insgesamt zu wenig tun, weil sie zu wenig Geld haben. Eine dauerhafte Neuverteilung der Steuern zugunsten der Kommunen würde verlässlich Mittel dorthin bringen, wo sie am ehesten gebraucht werden. Die Kommunen wissen selber am besten, was bei ihnen zu tun ist. Mehr eigenes Geld für eigene Projekte – statt Milliarden im fernen Etat im fernen Berlin, die nicht abfließen, weil die Programme des Bundes nicht passgenau genug sind. Dann dürfte auch der Ausbau der Planungskapazitäten in den Kommunen Schwung bekommen, den alle vermissen. Den finanzschwachen Kommunen, nicht zuletzt den hoch verschuldeten, kann gern zusätzlich geholfen werden – direkt vom Bund oder über eine entsprechend zielgerichtete Verteilung der zusätzlichen Kommunaleinnahmen.

Kurzum: Die Koalition könnte jetzt mutig Verzicht leisten zugunsten der Bürger, ihrer Städte, Gemeinden und Kreise. Denn eines kann sie jetzt nicht mehr riskieren: Dass Historiker das Kapitel Haushaltspolitik der schwarz-roten Jahre einmal mit der Überschrift „Und ewig grüßt der Überschuss“ versehen.

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