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Angela Merkel am Montag im Konrad-Adenauer-Haus.

© AFP / John MACDOUGALL

Update

Ziel große Koalition: Merkel: "Ernsthaft, engagiert und redlich" mit SPD sprechen

Die Kanzlerin will eine "stabile Regierung" und eine Neuauflage der großen Koalition. SPD-Chef Martin Schulz betont, es gebe "unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit".

Die Union strebt erneut eine große Koalition an und will zu diesem Zweck jetzt Gespräche mit der SPD führen, das hat Bundeskanzlerin Merkel in einer Pressekonferenz am Montagmittag noch einmal deutlich gemacht. Im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin sagte die CDU-Vorsitzende, man habe am Sonntag im CDU-Präsidium und an diesem Montag im Bundesvorstand die Lage analysiert und sei gemeinsam zu diesem Entschluss gekommen. CDU wie CSU sei es wichtig, ein "Stabilitätsanker" für Deutschland zu sein: "Und das geht am besten mit einer stabilen Regierung."

SPD-Chef Martin Schulz, der direkt nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen noch kategorisch eine Neuauflage der großen Koalition ausgeschlossen hatte, verwies am frühen Nachmittag in einem Auftritt in der SPD-Parteizentrale auf die "Dynamik des politischen Prozesses", angesichts derer "alle ihre Entscheidungen weiterentwickeln müssen". Schulz bemühte sich allerdings deutlich, ein weiteres Regierungsbündnis mit der Union nicht als selbstverständliche Entwicklung erscheinen zu lassen. Er betonte, dass es "unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit" gebe. Falls man sich dann "über eine Form der Zusammenarbeit verständigt" haben sollte, würden dann auch "die Mitglieder darüber abstimmen".

Die SPD-Mitglieder favorisieren einer Umfrage zufolge die Tolerierung einer schwarz-grünen Minderheitsregierung. In einer Forsa-Umfrage für RTL/ntv sprechen sich 48 Prozent der befragten SPD-Mitglieder für die Option Tolerierung aus, 36 Prozent für eine Neuauflage der großen Koalition. Neuwahlen wollen demnach nur 13 Prozent. Der SPD-Linke Matthias Miersch hatte am Morgen im Deutschlandfunkt von einem "vierten Weg" neben Jamaika, einer großen Koalition und einer reinen Minderheitsregierung gesprochen, bei dem mit der Union verbindliche Verabredungen in wichtigen Themenfeldern wie der Europapolitik getroffen würden, ohne aber in eine große Koalition einzutreten oder eine feste Unterstützung für eine Minderheitsregierung zu garantieren.

Seehofer: "Große Koalition beste Variante für Deutschland"

Schon am Wochenende hatten sich Union und auch Sozialdemokraten auf den Weg hin zu einer weiteren Groko gemacht. Merkel und auch Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatten betont, Neuwahlen seien keine Lösung für die aktuelle Regierungsfindungskrise. CSU-Chef Horst Seehofer wiederum hatte "ein Bündnis von Union und SPD" als "die beste Variante für Deutschland" bezeichnet. 

Wie die Sondierungen mit FDP und Grünen wolle ihre Partei diese Gespräche "ernsthaft, engagiert, redlich" führen, sagte die Kanzlerin nun am Montag. Vorbedingungen gibt es von ihrer Seite dazu offiziell nicht, aber auch keine Zugeständnisse. Die Union habe natürlich "ein Regierungsprogramm" mit bestimmten "sehr bedeutsamen" Punkten. "Aber wir wissen natürlich, dass solche Gespräche auch immer Kompromisse erfordern."

Sowohl eine "Vielzahl von Problemen in Deutschland" als auch die "Erwartungshaltung in Europa" und generell die internationale Lage erfordere eine stabile Regierung, begründete Merkel die Entscheidung der Parteigremien. Sie verwies dabei neben den Plänen von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und von Frankreichs Präsident Emanuel Macron zur Reform der Europäischen Union auch explizit auf die Situation im Nahen Osten, Russland und den USA. Im Blick darauf sei es "gut, wenn Deutschland handlungsfähig ist".

Merkel: "Nicht absehbar, dass nach Wahlen so viele Parteien nicht regieren wollen"

Aber auch in Deutschland seien Fragen wie die Digitalisierung, die Ungleichheit der Lebensverhältnisse sowie die sich verschärfende Wohnungsnot Herausforderungen, "die auf der Tagesordnung" stünden - zumeist noch "mit größerer Dringlichkeit als vor vier Jahren". Deshalb habe sie "einen einheitlichen Auftrag des Präsidiums und des Vorstands, mit dem ich in diese Gespräche gehen kann". Am Donnerstag allerdings treffen sich jetzt erst einmal Merkel, Seehofer und SPD-Chef Martin Schulz gemeinsam bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Merkel betont, die Mütter und Väter des Grundgesetzes hätten wohl "keine Situation vorausgesehen, dass nach Wahlen so viele Parteien gar nicht regieren wollen". Insofern nehme sie auch den FDP-Chef Christian Lindner beim Wort, der am Wochenende noch einmal betont hat, dass aus seiner Sicht eine Koalition aus Union, FDP und Grünen "auf absehbare Zeit nicht in Frage kommt". Für sie, sagt Merkel, sei die "Bildung einer stabilen Regierung ein Wert an sich für das Land nach Bundestagswahlen." Vielleicht gebe es ja auch in anderen Parteien Personen, "die das so sehen".

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