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Friedrich Merz (CDU), Vizepräsident des Wirtschaftsrats, spricht beim Deutschlandtag der Jungen Union.

© Harald Tittel/dpa

Zerreißprobe in der CDU: „Grottenschlechte Regierung“

Friedrich Merz verschärft den Machtkampf in der CDU – und Kanzlerin Merkel wird angezählt. Was heute geschah.

Nach der SPD wird auch in der CDU der Verdruss über die große Koalition zur innerparteilichen Zerreißprobe. Nach dem Debakel bei der Landtagswahl in Thüringen wagen sich immer mehr Gegner von Kanzlerin Angela Merkel und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer aus der Deckung.

Der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz bezeichnete das Erscheinungsbild der Bundesregierung im ZDF als „grottenschlecht“. Wo bisher der Bundesparteitag der SPD vom 6. bis 8. Dezember in Berlin als entscheidende Wegmarke für die Zukunft der Koalition galt, könnte nun der vorher am 22./23. November in Leipzig stattfindende Bundesparteitag der CDU zum Scherbengericht für die schwankende Regierung werden.

Die „Untätigkeit und die mangelnde Führung“ Merkels lege sich seit Jahren wie ein „Nebelteppich“ über das Land, sagte Merz. „Ich kann mir schlicht nicht vorstellen, dass diese Art des Regierens in Deutschland noch zwei Jahre dauert.“

Merz zielt auf Merkel, trifft aber auch Kramp-Karrenbauer, der er zusammen mit Jens Spahn 2018 im Ringen um den CDU-Vorsitz unterlegen war. Er versicherte ihr pflichtschuldig seine Unterstützung, sie habe bei den Entwicklungen „kaum eine negative Rolle gespielt“.

In der CDU glauben viele, der Sauerländer wolle nach der Kanzlerkandidatur greifen – dann könnte Kramp-Karrenbauer über kurz oder lang den Vorsitz verlieren. Als Vehikel könnten Anträge beim Bundesparteitag für eine Urwahl durch die Mitglieder dienen. Da werden dem begnadeten Redner große Chancen zugesprochen – wenngleich CSU-Chef Markus Söder bereits betont hat, dass auch seine Partei ein Mitspracherecht habe.

SPD nicht gewillt

Merz, der Vizepräsident des Wirtschaftsrats der CDU, gilt seit seiner Ablösung als Unionsfraktionschef 2002 durch Merkel als deren Gegnerin. Nur sie selbst könnte aber durch einen Rücktritt den Weg frei machen für einen personellen Wechsel im Kanzleramt, wenngleich dann auch vorgezogene Neuwahlen wahrscheinlich wären.

Denn die SPD dürfte nicht gewillt sein, jemanden anderes von der Union zum Kanzler oder zur Kanzlerin zu wählen, der bei der nächsten Bundestagswahl dann mit einem Amtsbonus ins Rennen gehen würde. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) betonte, die nächste Wahl werde die erste seit 1949, bei der kein Amtsinhaber ins Rennen gehen werde. Für Merkel ist es definitiv die letzte Amtszeit. Ihr wird zunehmend vorgeworfen, abzutauchen und so zu tun, als habe sie mit all den dramatischen Wahlniederlagen der CDU nichts zu tun.

Der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) warf den Parteien der großen Koalition vor, durch Konfliktvermeidung zum eigenen Bedeutungsverlust beizutragen. Sie setzten zu stark auf gesellschaftlichen Konsens und verschonten Bürger mit allem, „was sie empören und verunsichern könnte“, schreibt Koch in einem Beitrag für „Cicero“.

Er warf der Regierung Merkel vor, durch Formelkompromisse und die Entkernung der parteipolitischen Profile die Ränder – etwa die AfD – zu stärken. „Die Leidenschaft des politischen Streits muss in der Mitte der Gesellschaft lodern, nicht an den Rändern.“ Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der selbst als möglicher Kanzlerkandidat gehandelt wird, forderte eine Rückkehr zur Sacharbeit. Die Koalition mache gute Arbeit. Der Chef des Parlamentskreises Mittelstand, Christian von Stetten (CDU),sagte dagegen der „Heilbronner Stimme“, ein vorzeitiges Ende der Koalition sei durch Thüringen wahrscheinlicher geworden.

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