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Anna-Maria Toska, Erhebungsbeauftragte für den Zensus 2022, führt eine Befragung durch.

© Daniel Karmann/dpa

Update

Die Angst vor Kriminellen: Daran erkennen Sie echte Zensus-Interviewer – FAQ zur Volkszählung 2022

Der Zensus 2022 in Deutschland läuft. Wir beantworten die wichtigsten Fragen – auch zu den Interviewern an der Wohnungstür.

Der Zensus ist eine Art von Inventur, nur dass keine Waren im Lager gezählt werden, sondern Menschen im Land – und zusätzlich werden Daten zur Wohnsituation in Deutschland gesammelt. Alle Mitgliedsstaaten der EU sind zum Zensus verpflichtet, der alle zehn Jahre stattfinden soll und wegen der Corona-Pandemie von 2021 auf 2022 verschoben wurde.

Sogenannte Volkszählungen waren immer wieder umstritten. Als besonders kontrovers gilt der Zensus in der Bundesrepublik Deutschland von 1987, gegen den es Bürgerproteste und einen Boykott gab. Ursprünglich sollte dieser Zensus bereits 1981 stattfinden, er wurde schließlich aber vom Bundesverfassungsgericht untersagt, da die Fragen Rückschlüsse auf die Identität der Befragten zuließen.

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Warum gibt es den Zensus?

Das Statistische Bundesamt begründet die Notwendigkeit eines Zensus damit, dass er der Politik dabei hilft, vorausschauend planen zu können. Wie viele neue Wohnungen braucht Berlin? Wo sollen neue Kitas in Freiburg entstehen? Der Bund, die Länder und die Gemeinden nutzen Bevölkerungsstatistiken als eine Grundlage ihrer Planung – die möglichst aktuell sein sollen.

Hauptsächlich werden Daten aus bestehenden Verwaltungsregistern verwendet. Da diese aber teilweise unvollständig und nicht aktuell sind, wird der Zensus als Ergänzung durchgeführt. Betroffen sind 2022 etwa 10,3 Millionen zufällig ausgewählte Menschen (das entspricht etwas mehr als zehn Prozent der Einwohner:innen Deutschlands).

Hinzu kommen 23 Millionen Eigentümer:innen von Wohnraum, die zu Nettokaltmieten und Gründen für Leerstand Auskunft geben müssen.

Offenbar kommt es bei der Befragung aber zu Pannen, wie Lorenz Maroldt für den Tagesspiegel-Newsletter Checkpoint berichtet.

Zensus 2022: Wie mache ich mit und wo ist der Online-Fragebogen?

Wer am Zensus 2022 teilnehmen muss, wird per Brief dazu aufgefordert. Die Fragen können entweder online beantwortet, oder auch portofrei per Post eingeschickt werden. Jeder kann sich die unterschiedlichen Fragebögen auch ohne Zugangsdaten im Internet ansehen.

Den Befragten wird jeweils eine Frist mitgeteilt; die Fristen können zwischen den Bundesländern sowie den Erhebungsstellen variieren.

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Interviews zuhause: Wie erkenne ich echte Interviewer?

Ein Teil der Bevölkerung wird zusätzlich direkt befragt. Betrüger:innen könnten das ausnutzen, doch es gibt klare Erkennungsmerkmale für die offiziellen Erhebungsbeauftragten. Die Interviews werden von Ehrenamtler:innen persönlich und an einem vorab angekündigten Termin durchgeführt, entweder an der Tür oder online. In Ausnahmefällen ist auch eine telefonische Befragung möglich.

Der Befragungstermin wird zuvor schriftlich angekündigt, mit Datum und einem Zeitfenster. Der Erstkontakt erfolgt nie telefonisch. Die Befragenden haben einen offiziellen Ausweis dabei, den sogenannten Ausweis für Erhebungsbeauftragte. Er ist nur in Kombination mit einem amtlichen Lichtbildausweis gültig. Niemand muss die Erhebungsbeauftragte in die Wohnung lassen. Die Erhebungsbeauftragten haben ein – laut Bundesamt – sorgfältiges Bewerbungsverfahren hinter sich.

Pflicht, Verweigerung, falsche Angaben: Welche Strafe ist zu erwarten?

Wer den Brief mit den Fragen zum Zensus bekommt, ist laut Zensusgesetz 2022 zur Auskunft verpflichtet. Falsch ausgefüllte Fragebögen sollen durch eine Plausibilitätskontrolle auffallen. Wer nicht antwortet, wird mehrmals gebeten, die Fragen zu beantworten. Wer schließlich eine falsche, unvollständige oder nicht rechtzeitige Auskunft erteilt, kann zur Zahlung eines Zwangsgeldes verpflichtet werden. Das Zwangsgeld würde erst nach Verstreichung einer Frist fällig. Geldbußen sind eine mögliche anschließende Sanktion.

Die Höhe der Zwangs- und Bußgelder wird von den Bundesländern festgelegt. In Berlin und Brandenburg beginnt das Zwangsgeld bei 300 Euro. Bußgelder sind bundesweit bis zu einer Höhe von 5000 Euro möglich.

Welche Daten müssen angegeben werden?

Abgefragt werden Daten zur Demographie, also zum Beispiel zu Alter, Geschlecht oder der Staatsbürgerschaft. Dazu kommen Fragen zur Wohn- und Wohnungssituation, die etwa die Anzahl der Personen im Haushalt betreffen.

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Welche Daten liefert der Zensus genau?

Es geht um den Blick von oben auf Deutschland. Individuelle Einstellungen spielen im Zensus keine Rolle. Erhoben werden:

  • Aktuelle Bevölkerungszahlen
  • Daten zum Alter, Geschlecht oder der Staatsbürgerschaft der Einwohner:innen
  • Daten zur Wohn- und Wohnungssituation wie durchschnittliche Wohnraumgröße, Leerstand oder Eigentümerquote

Ausdrücklich nicht erhoben werden unter anderem:

  • Die Sozialversicherungsnummer
  • Das Einkommen
  • Der Impfstatus

Warum wird im Zensus 2022 auch zu Wohnungen gefragt?

Der Zensus 2022 erhält auch eine Gebäude- und Wohnungszählung für Eigentümer:innen. Der Grund: In Deutschland existiert kein einheitliches Verwaltungsregister zum flächendeckenden Bestand an Wohnungen und Gebäuden.

Wie werden meine Daten geschützt?

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts erfülle die Datenübermittlung des Online-Fragebogens „höchste Sicherheitskriterien nach den Vorgaben des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik“. Die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder wollen dafür Sorge tragen, keiner unbefugten Person Zugriff auf Daten zu geben, die noch nicht anonymisiert wurden.

Die Auswertung der Daten soll anonymisiert passieren. In der Aufbereitung werden keine Einzelfälle dargestellt. Voraussichtlich werden die Ergebnisse im November 2023 vorliegen. Spätestens im Mai 2026 werden die Daten gelöscht.

Kritik am Datenschutz-Niveau

Wie oben beschrieben, behauptet das Statistische Bundesamt, dass beim Zensus 2022 „höchste Sicherheitskriterien“ gelten würden. Allerdings kam inzwischen Kritik am Datenschutz auf. Die Seite heise online und das auf Datenschutz und IT-Sicherheit spezialisierte Blog kuketz-blog.de bemängelten die Zusammenarbeit zwischen der Zensus-Seite und Cloudflare, einem US-amerikanischen Dienst.

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Cloudflare soll dafür sorgen, dass Hacker-Attacken auf die Zensus-Seite abgewehrt werden können und der Betrieb auch unter Höchstlast – also vielen Nutzer:innen auf der Seite – stattfinden kann. Das Unternehmen hat einige seiner Server in den USA stehen. Können daher beim Zensus 2022 Daten in die USA abfließen?

Zunächst wurde in der Datenschutzerklärung auf der Zensus-Webseite nicht über die Zusammenarbeit mit Cloudflare informiert. Inzwischen wurde dieser Mangel unter der Zwischenüberschrift „Einsatz von Content Delivery Network“ behoben. Gegenüber heise online versicherte das Statistische Bundesamt, dass nur europäische Cloudflare-Server zum Einsatz kommen würden.

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Außerdem würde Cloudflare laut Datenschutzerklärung des Bundesamts und Auskunft des Unternehmens keinen Zugang auf die sensiblen Daten haben, die Zensus-Teilnehmer:innen nach dem Einloggen in den Fragebogen-Bereich preisgeben müssen, also zum Beispiel Name, Wohnort und Geschlecht. Diese Daten seien dem Statistischen Bundesamt zufolge Ende-zu-Ende verschlüsselt und würden nur auf Servern des Bundes in Deutschland verarbeitet.

Cloudflare hingegen würde ausschließlich Daten verarbeiten, die beim Besuch des nicht passwortgeschützten Bereiches der Zensus-Seite anfallen, darunter Datum und Uhrzeit des Abrufs. Nur diese Daten können unter Umständen in einen Drittstaat wie die USA transferiert werden, sollte das aufgrund eines Gesetzes oder einer verbindlichen Anordnung einer US-Behöre notwendig sein. So steht es in der Datenschutzerrklärung. Cloudflare selbst betont, dass alle Daten in Zusammenhang mit dem Zensus 2022 vollständig in Europa bleiben würden.

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