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Angriff auf den Bundestag. Coronaleugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten versuchten im August 2020, das Reichstagsgebäude zu stürmen. Ein Beleg für verfassungsfeindliche Umtriebe

© imago images/JeanMW

Zahlreiche Anlässe für Verfassungsschutz: Die Beobachtung der Corona-Leugner ist ein überfälliges Signal

Bei den Querdenkern wird die Radikalisierung zunehmend gefährlich für Staat und Demokratie. Der Verfassungsschutz muss genau hinschauen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Frank Jansen

Das war überfällig. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) stuft in Teilen die Szene der Corona-Leugner und Verschwörungsmythiker als Beobachtungsobjekt ein. Es geht um demokratiefeindliche Delegitimierung des Staates.

Die Anlässe sind zahlreich. Aggressive Demonstrationen in Berlin, Dresden, Kassel, um nur einige Städte zu nennen. Ein Hass auf Staat und Demokratie, oft antisemitisch gefärbt, der im August 2020 sogar zum versuchten Sturm auf das Reichstagsgebäude eskalierte, dem Sitz des Bundestages.

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Und gerade an diesem Mittwoch, dem Tag der Mitteilung des BfV, wird bekannt, dass mutmaßlich militante Corona-Leugner mit einer "Todesliste deutscher Politiker" Abgeordnete des Bundestages bedrohen, die vergangene Woche für die Änderung des Infektionsschutzgesetzes gestimmt haben.

Dass die Hemmschwelle zur Gewalt weiter sinkt, zeigt auch der Vorfall vom Montagabend in der thüringischen Kleinstadt Schmalkalden. Aus einer Gruppe Corona-Leugner wurden Polizisten attackiert, zwei Beamte erlitten Verletzungen und mussten sich vor der Menge in Sicherheit bringen.

Teile der Szene radikalisieren sich offenkundig in einem Ausmaß und in einem Tempo, dass Militanz bis hin zum Terrorismus zu befürchten ist. Im Oktober 2020 flogen bereits Brandflaschen gegen das Gebäude des Robert-Koch-Instituts in Berlin.

Querdenker erinnern an Linksextremisten und Neonazis

Der ausufernde Hass bei Querdenkern erinnert an die historische Fanatisierung bei Linksextremisten und Neonazis, die dann zu Phänomenen wie Rote Armee Fraktion und NSU führte. Höchste Zeit, dass der Verfassungsschutz als Frühwarnsystem der Demokratie den gefährlichen Wahnsinn aggressiver Corona-Leugner, Impfgegner und Verschwörungstheoretiker wie der apokalyptischen QAnon-Bewegung bundesweit in den Blick nimmt.

Und nicht nur in einigen Ländern wie bisher. So vermeidet das BfV den Fehler, den es einst bei den Reichsbürgern gemacht hat. Sie wurden erst zum Beobachtungsobjekt, nachdem 2016 ein schwer bewaffneter Reichsbürger im bayerischen Georgensmünd einen Polizisten erschossen hatte. Zumal auch bei radikalisierten Corona-Leugnern zu befürchten ist, dass sie wie Reichsbürger zum Dauerphänomen werden.

Berlins Innensenator Andreas Geisel warnt zu Recht, der Extremismus werde auch nach dem Ende der Pandemie bleiben und sich vermutlich ein anderes Thema suchen. Hauptsache, es geht weiter gegen den Staat und die Demokratie. Da muss der Verfassungsschutz dran bleiben. Und mit ihm die Demokraten in Politik und Gesellschaft. Die Notwendigkeit eines Nachrichtendienstes, der die Feinde der Republik durchleuchtet, hat sich wieder einmal bestätigt.

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