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Sie sollen der SPD den Weg in die Zukunft zeigen: Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken.

© Kay Nietfeld/dpa

Worauf es beim SPD-Parteitag ankommt: Jetzt bloß kein Harakiri!

Was sollten Walter-Borjans und Esken denn anders machen? Der Leitantrag zum Parteitag öffnet einen Spielraum für Verhandlungen mit der Union. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Und was, wenn Olaf Scholz gewonnen hätte? Dann hätte die SPD, überhaupt die ganze Öffentlichkeit auch nicht anders als jetzt reagiert. Also nicht anders als mit Ablehnung und Verhöhnung. Immer derselbe Mist, hätte es geheißen, nur vornehmer; wenn das so weitergeht, wer weiß, wo die SPD morgen steht ... Halt in dem Tenor.

Gerade Scholz (weniger Klara Geywitz, weil die auch viel weniger kennen) hätte zu der Wertung geradezu eingeladen, ist er doch der, den in der Sozialdemokratie, wenn überhaupt, vor allem die Exekutivpolitiker mögen, die Radikalpragmatiker. Die allerdings nicht in der Mehrheit – nicht in der Mitgliedschaft. Wohl aber unter den Funktionären und unter den Delegierten des Parteitags, der an diesem Freitag beginnt.

Da sitzen sehr, sehr viele, die auf keinen Fall ihre Mandate verlieren wollen. Die zwar Ämter auf Zeit haben, aber noch viel Zeit haben wollen. Politik als Berufung wird eben mit der Zeit zur Politik als Beruf. Und weil das so ist, oft so ist, und weil Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans ja auch nicht ganz von gestern sind, wissen sie: Die müssen wir einbinden. Schon gar, wo sie doch bloß ein paar tausend Stimmen mehr als das andere Duo bekommen haben.

Knapp 115.000 Stimmen in der Urwahl sind nach Adam Riese nicht die ganze Partei. Frei nach Willy Brandt: Ein Viertel ist auch schon ein schönes Ergebnis? Nein. Darum müssen EsKaBo wahr machen, was sie versprochen haben: die SPD zusammenzuführen. Der Leitantrag konnte deshalb doch logischerweise nicht allein ihre Sprache sprechen.

Ein bisschen ist das wie „Versöhnen statt spalten“, so lautete das Motto von Johannes Rau, der Walter-Borjans geprägt hat. Unabhängig davon wäre es auch Harakiri, die Funktionäre/Delegierten provozieren und zugleich von ihnen gewählt werden zu wollen. Das kann sich ja jeder ausrechnen, ein ehemaliger Stadtkämmerer und Finanzminister gewiss.

[Lesen Sie mehr auf Tagesspiegel.de: Die SPD muss mehr sein als ein paar Milliardenforderungen fürs Soziale. Ein Beitrag des ehemaligen Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel.]

Nach dem Parteitag müssen Esken und Nowabo Substanzielles liefern

Deshalb reden Esken und er jetzt ja auch so. Sie nennen es nicht mehr Verhandlungen oder Nachverhandlungen, sondern Gespräche, sie reden von der Notwendigkeit, ein paar Dinge zu verändern – aber die Konsequenz ist klar, was geschieht, wenn nichts geschieht. Vorher alle auf die Bäume zu reden heißt, sich Spielraum für das zu nehmen, was man der Union im Gespräch abhandeln will.

Ja, elegant geht anders, aber anders geht es in Anbetracht der Mehrheitsverhältnisse auf dem Parteitag halt gerade nicht. Bloß müssen Esken und Nowabo, EsKaBo, danach auch wirklich Substanzielles liefern. Sonst sind auch sie ganz schnell wieder geliefert. Da sei die SPD vor. Gewonnen ist noch nichts.

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