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Ungeachtet heftiger Kritik hält der rot-rot-grüne Berliner Senat an seinem Ziel fest, den Anstieg der Wohnkosten mittels eines Mietendeckels zu stoppen.

© Taylan Gökalp/dpa

„Wo ist die Stimme der Vernunft?“: Welche Bedenken es gegen die Mietendeckel-Pläne von Lompscher gibt

Viele Politiker, Wirtschaftsvertreter und Juristen lehnen die Pläne zur Mietenobergrenze aus dem Hause Lompscher ab. Wie ist der Plan zu bewerten?

Viele Reaktionen aus den Parteien auf den ersten Entwurf des Mietendeckels waren ablehnend. „Klar verfassungswidrig“ und auf direktem Wege in eine „sozialistische Planwirtschaft“ hatten Mietexperten der CDU die Vorschläge aus dem Hause von Berlins Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen Katrin Lompscher (Linke) geschimpft.

Auch Politiker der SPD lehnten die durchgehende staatliche Festschreibung fast aller Mieten auf gesetzliche „Oberwerte“ ab. Sogar vereinzelte Rücktrittsforderungen gab es. So sagte Udo Marin, Geschäftsführer des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI): „Wo ist die Stimme der Vernunft, die diesem für die Stadt so katastrophalen Treiben ein Ende bereitet? Herr Müller, Frau Pop – Zeit zu handeln!“

Vielleicht auch angesichts solcher Stimmen mühte sich Senatorin Lompscher am Montag darum, die zu früh bekannt gewordenen Pläne als „Arbeitsstand“ zu relativieren – und damit wieder die Hoheit über die Debatte zu gewinnen.

Was genau will Lompscher mit ihrem Mietendeckel-Plan?

Sie will trotz aller Relativierungen einen festen Deckel auf die Mieten, der fünf Jahre lang nicht wackelt. Am Montag berief sie sich zwar wiederholt nur auf die vom Senat beschlossenen Eckpunkte zum Mietendeckel aus dem Juli. Doch diese enthalten in vielen Punkten verschiedene Varianten.

Die tiefen Eingriffe in den Markt schließen sie aber auch ausdrücklich nicht aus. Und auf hartnäckige Nachfragen betonte sie, dass in den Eckpunkten stehe, dass die Mieten in Berlin „für fünf Jahre nicht erhöht werden dürfen“. Lompscher sagte äußerst nachdrücklich: „Das ist Sachstand“.

Riskiert sie damit die Zerreißprobe mit den Regierungspartnern SPD und Grüne?

Spitzenpolitiker der Linken werden hinter den Kulissen damit zitiert, dass ihre Partei nicht erneut den Fehler machen wolle, ihre Wählerschaft aus den Augen zu verlieren. Mieter mit geringen Einkünften zählen dazu. Und wenn diese durch eine Mietsenkung bedient werden können, dürfte sich das bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus in zwei Jahren auszahlen.

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Und wenn ein „Mietendeckel light“ kommt, könne die Linke das auf die beiden Koalitionspartner schieben. Lompscher selbst sagt das in dieser Form nicht. Aber sie sprach am Montag von einer „Notwehr“ angesichts der massiv steigenden Mieten. Und dass immer mehr Menschen Angst hätten, „sich das Dach über den Kopf nicht mehr leisten zu können“.

Wie reagiert die Berliner Wirtschaft auf den Mietendeckel?

Die Verbände sind empört über den Lompscher-Vorschlag. Udo Marin, Geschäftsführer des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI), sagte dem Tagesspiegel: „Rot, röter, Lompscher: Der Irrsinn in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung nimmt immer groteskere Züge an.“ Marin bezeichnet den Mietendeckel als „flächendeckende Enteignung“ und einen „Bruch mit den Werten, die dieses Land stark gemacht haben.“ Der Mietendeckel sei ein Versuch, die Stadt mit allen Mitteln ins investitionspolitische Abseits zu katapultieren.

Der geplante Mietendeckel im Vergleich zu Neuvermietungen und Bestandsmieten (Kaltmiete in Euro pro Quadratmeter):

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Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) lehnt den Entwurf ab. IHK-Präsidentin Beatrice Kramm nennt den Entwurf „völlig unverhältnismäßig und wirtschaftlich wäre es für Berlin eine Katastrophe.“ Claus Michelsen, Immobilienökonom vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, sagt: „Eine kluge Politik würde an den Knappheitsverhältnissen ansetzen, würde Konzepte der Bebauung und der Nutzung von Flächen in den Vordergrund schieben und auf eine eigene Bauoffensive des Landes Berlin setzen.“

Was spricht gegen eine Umverteilung am Wohnungsmarkt zugunsten der Mieter?

Eine Umverteilung, wie sie im Lompscher-Entwurf vorgesehen ist, könnte gegen Grundsätze der Demokratie verstoßen: Gegen Verhältnismäßigkeit und die Rechte, die nicht nur Mieter sondern auch Vermieter haben. Deshalb warnen SPD und Grüne vor zu radikalen Einschnitten. Das ist vernünftig, weil es niemanden etwas nützt, wenn der Mietendeckel von den Gerichten ganz schnell wieder kassiert. Dann würde die Mietsteigerungen sich womöglich noch beschleunigen.

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Die Verhältnismäßigkeit von Eingriffen in den Markt hatte zuletzt auch das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse des Bundes unterstrichen. Dass ein Deckel mehr leisten muss als die wenig wirksame Bremse, sagen alle drei Koalitionäre. Aber SPD und Grüne behalten auch die am Gemeinwohl orientierten Vermieter im Auge. Wenn deren Einkünfte drastisch gekürzt werden, ist der Spielraum für Reparaturen und bei großen Konzernen für Neubau nicht mehr da.

Wie ist der Plan rechtlich zu bewerten?

Das Mietrecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt und ist Bundesrecht. Die Mietpreisbremse, die vom Bundesverfassungsgericht gerade erst überprüft und gebilligt wurde, könnte insoweit abschließend sein. Deshalb ist fraglich, ob das Land Berlin in der geplanten Weise in Mietverträge eingreifen darf. Das Land Berlin darf allerdings das „Wohnungswesen“ regeln.

Hintergrund zum Berliner Mietendeckel – alles, was Sie wissen müssen:

Interessant ist also der Umfang dieser Kompetenz. Ein Blick in den Grundgesetz-Kommentar Jarass/Pieroth ergibt: Das Wohnungswesen umfasst „alle Regelungen, die sich aus sozialen Gründen auf privaten Wohnzwecken dienende Gebäude beziehen.“ Die Betonung liegt hier auf „Gebäude“. Es können also zum Beispiel Wohnraumbewirtschaftung, Wohnraumverteilung, Wohnungsbauförderung geregelt werden, und womöglich auch eine Mietpreisbindung beim öffentlich geförderten Wohnraum.

Bei Wohnungen aber, die von privaten Anbietern frei am Markt angeboten werden, gilt nach überwiegender Ansicht das Bundesrecht als abschließend. Das bedeutet, Berlin könnte die Deckelung der Mieten in der geplanten Weise nicht durchsetzen.

Was bedeutet das in der Konsequenz für die Berliner Mietendeckel-Pläne?

Noch liegt kein Berliner Gesetz vor. Wenn das Gesetz in Kraft getreten ist, kann das Bundesverfassungsgericht eingeschaltet werden, zum Beispiel von mindestens einem Viertel der Abgeordneten des Bundestages. Die CDU hat das vor. Sie ist aufgrund ihrer Stärke auch die einzige Fraktion, die das kann. Ansonsten könnte die Bundes- oder eine Landesregierung ebenfalls den Antrag auf abstrakte Normenkontrolle stellen. Das Bundesverfassungsgericht würde dann prüfen, ob das Berliner Gesetz dem Grundgesetz und dem einfachen Bundesrecht entspricht.

Gegebenenfalls würde es das ganze Gesetz oder einzelne Regelungen für verfassungswidrig und damit nichtig erklären. Relevant würde hier neben der Kompetenzfrage die Eigentumsgarantie aus Artikel 14 des Grundgesetzes. Dieser Artikel schützt das Privateigentum, enthält aber zugleich dessen Sozialbindung.

Zu den geschützten Eigentumspositionen gehört übrigens auch der Besitz des Mieters an seiner Wohnung, was hier aber nicht entscheidend ist. Hier ist vielmehr die Kernfrage, wie weit die Sozialbindung reicht und wann ein Eingriff ins Eigentum zu weit geht und zur Enteignung wird. Es kann auch gut sein, dass im Ergebnis nur einige der Regelungen des Mietendeckels Bestand haben, aber nicht alle.

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