zum Hauptinhalt
Parken verboten. Schilderwald in der Helene-Lange-Straße in Potsdam im April 2019.

© PNN / Ottmar Winter

Exklusiv

Wird Parken jetzt teurer?: Scheuer will Gebührengrenze für Bewohner-Parkausweise abschaffen

Viele Kommunen halten das Parken für Anwohner in der Stadt für zu billig. Bisher deckelt der Bund die Gebühren. Doch der Verkehrsminister will das ändern.

Der Parkraum in den Innenstädten wird immer knapper, die Gebühren für Bewohner-Parkausweise sind im internationalen Vergleich niedrig. Der Bundesverkehrsminister will das ändern und den Kommunen mehr Gestaltungsspielraum geben.

Parken für sieben Cent am Tag

30,70 Euro darf ein Parkausweis für ein Auto in Deutschland pro Jahr höchstens kosten. Das bestimmt die Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt), die den Kommunen eine Bandbreite von 10,20 bis 30,70 Euro per anno vorschreibt. Andreas Scheuer will das ändern. „Wir wollen, dass die Kommunen das selber regeln“, sagte der CSU-Bundesverkehrsminister Anfang Oktober bei einer Veranstaltung zum Nationalen Radverkehrsplan in Berlin. Statt eines Gewohnheitsrechts brauche es mehr Flexibilität.

Sein Ministerium bestätigte nun auf Anfrage des Fachdienstes Tagesspiegel Background Mobilität & Transport, dass das Thema Bewohnerparken (früher: Anwohnerparken) am 21. November auf der Agenda stehen wird – zum Abschluss der Jahreskonferenz des Nationalen Kompetenzzentrums Mobilität. Dort will Scheuer mit den Verkehrsministern der Länder – vertreten durch Ministerin Anke Rehlinger (Saarland) – sowie mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände das „Bündnis moderne Mobilität“ ins Leben rufen.

Es gehe darum, für die Kommunen die nötigen Rahmenbedingungen für den Wandel zu einer modernen Mobilität zu schaffen, so das Ministerium. Dazu gehöre auch, umweltfreundlichen Verkehrsmitteln den notwendigen Platz einzuräumen. Konkret soll geprüft werden, inwieweit die Obergrenze für das Bewohnerparken neu gesteckt und von den Kommunen individuell festgesetzt werden kann. Kommunen sollten auch bei der Gestaltung des Bewohnerparkens den nötigen Spielraum haben.

Zehn Euro Gebühr in Berlin? „Eine Frechheit“

Bei den Kommunen rennt Scheuer damit offene Türen ein. Verkehrsverbände bemängeln immer wieder, dass das Parken im öffentlichen Raum viel zu günstig ist. Berlin nimmt nur den untersten Betrag, der nach der bisherigen Regelung möglich ist. Kurz nach Antritt des rot-rot-grünen Senats hatte der damalige grüne Verkehrsstaatssekretär Jens-Holger Kirchner diese Gebühr „eine Frechheit“ genannt und eine deutliche Erhöhung angekündigt. Dies werde die Verkehrsverwaltung im Jahr 2018 anpacken, hatte Kirchner im April 2017 versprochen. Geschehen ist seitdem nichts.

In der Hauptstadt ist der Senat für die Gebührenhöhe des Bewohnerparkens zuständig, nicht die einzelnen Bezirke. Dies sagte eine Sprecherin der Verkehrsverwaltung auf Anfrage. Zu einer möglichen Erhöhung aufgrund von Scheuers Initiative äußerte sie sich nicht.

Köln hält auch 30 Euro im Jahr für zu wenig

Bei der Stadt Köln heißt es auf Anfrage von Tagesspiegel Background, die Gebühr von 30 Euro pro Jahr „sei definitiv zu gering“, um die Verkehrswende und damit den Umstieg auf ÖPNV und Fahrrad schneller voranzubringen. Die Höhe der Gebühr müsse aber im Detail geklärt werden.

Auch in München würde man es begrüßen, wenn die Kommunen die Höhe der Parkausweis-Gebühren selbstständig bestimmen könnten. „Dies würde uns konkrete Steuerungsmöglichkeiten einräumen, um die gewünschten Effekte des Parkraummanagements zu erhöhen“, heißt es von der Münchner Verkehrsplanung auf Anfrage.

Vor allem in den „hochverdichteten“ Bestandsquartieren Münchens innerhalb und außerhalb des Mittleren Rings sei der Druck groß, den Parkraum „effektiv und bedarfsgerecht“ zu bewirtschaften. Ziel sei dabei insbesondere, die Parkplatzsituation für die Bewohner zu verbessern. Außerdem wird Parkraum für Radwege freigeräumt: Prominentes Beispiel ist die Fraunhoferstraße, wo 120 Stellplätze zugunsten von gut zwei Meter breiten Radspuren zurückgebaut wurden.

Eine Mitarbeiterin des Ordnungsamts Berlin Wilmersdorf-Charlottenburg schreibt einen Strafzettel.
Eine Mitarbeiterin des Ordnungsamts Berlin Wilmersdorf-Charlottenburg schreibt einen Strafzettel.

© Kai-Uwe Heinrich

Der Deutsche Städtetag begrüßt die Pläne ebenfalls. Die geltende Rechtslage „hindert viele Städte, höhere Gebühren festzusetzen, um den Verwaltungsaufwand und den Wert eines Parkplatzes zu berücksichtigen“, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Tagesspiegel Background. „Deshalb begrüßen wir den Vorschlag von Bundesverkehrsminister Scheuer, den Gebührenrahmen anzupassen und den Städten mehr Entscheidungsspielraum einzuräumen.“

Andere europäische Städte kassieren mehrere hundert Euro

Geld verdienen die Kommunen mit den Parkausweisen nicht: Bisher ist das Parken mit Bewohnerparkausweis praktisch kostenlos. Die maximal 30,70 Euro werden in der Regel nur als Verwaltungsgebühr für das Ausstellen des Ausweises fällig. Umgerechnet kostet ein Tag Parken mit Bewohnerausweis damit gerade mal rund acht Cent pro Tag. Besonders im Vergleich mit anderen Ländern sind die Kosten hierzulande gering: Während in Berlin zehn Euro, in München 30 und in Cottbus 31 Euro im Jahr fällig werden, sind es in Kopenhagen 158 Euro, in Amsterdam 535 Euro und in Stockholm stolze 827 Euro jährlich.

Doch mit dem Zuzug der Menschen in die Städte steigt der Parkdruck und damit der Handlungsbedarf für die Kommunen. Ein durchschnittlicher Parkplatz verbraucht etwa zwölf Quadratmeter hart umkämpften Stadtraum. Verschärft wird das Problem durch den Trend zu immer größeren Fahrzeugen, insbesondere SUVs. Genutzt werden Autos im Schnitt aber nur eine Dreiviertelstunde pro Tag.

Der Studie „Mobilität in Deutschland" von 2017 zufolge parken 60 Prozent der Pkw in deutschen Metropolen im öffentlichen Raum. Heruntergerechnet auf Köln stellten Autos im Jahr 2017 dort knapp 3,5 Millionen Quadratmeter zu. Die Rheinmetropole betreibt bereits eine flächendeckende Parkraumbewirtschaftung in den Bewohnerparkgebieten und ist dabei, sie in angrenzende Bezirke auszuweiten. Damit soll der Parksuchverkehr reduziert und die Bereitschaft zum ÖPNV-Umstieg gefördert werden. Außerdem werden immer mehr Parkplätze in Abstellflächen für Fahrräder oder ausgewählte Fahrspuren in Radstraßen und Radwege umgewandelt.

Zur Startseite