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Parteichef Armin Laschet soll nach dem Willen des CDU-Präsidiums Kanzlerkandidat der Union werden.

© imago images/sepp spiegl

Wird Laschet unterschätzt?: Bloß keine Häme, Hoffnung auf Jamaika – so reagiert die Parteien-Konkurrenz

Die Konkurrenz beobachtet die unionsinterne Debatte über die Kanzlerkandidatur genau. Mit CDU-Chef Laschet verbinden vor allem Grüne und FDP einige Hoffnung.

Die Durchschlagskraft des eigenen Wahlkampfes, so lautet eine alte Regel, hängt immer auch vom Gegner ab. Deshalb verfolgten auch SPD, Grüne und FDP am Montag gespannt die Vorgänge im Konrad-Adenauer-Haus. Bei den Sozialdemokraten löste die Nachricht von der Nominierung Armin Laschets durch die CDU-Gremien keine lauten Jubelschreie aus. Einen gewaltigen Vorteil in der Erwartung, den Wahlkampf nun gegen den CDU-Vorsitzenden statt gegen den der CSU zu führen, sehen nur wenige Genossen.

Auch SPD-Chef Norbert Walter-Borjans spielte die Entscheidung des Noch-Koalitionspartners herunter. „Wir machen den Weg, den wir gehen wollen“, sagte er. Dies sei „nicht abhängig davon, wer der Gegenkandidat ist“. Der „solidere und an der Sache arbeitende“ Bewerber sei ohnehin SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Dieser wolle an der Spitze einer „progressiven Regierung“ das Land führen, ergänzte Ko-Parteichefin Saskia Esken.

Zwar gilt der bayerische Ministerpräsident in der SPD schon wegen seiner Körpersprache als medial besser vermittelbar als dessen Kollege aus NRW. Und die Sozialdemokraten kennen auch die Umfragewerte, in denen Söder den eigenen Kandidaten Scholz – anders als Laschet – hinter sich lässt. Aber in der Partei wird auch darauf verwiesen, dass Söder als Kanzlerkandidat in einem langen Wahlkampf womöglich Schwierigkeiten bekommen würde, die ganze Union geschlossen und motiviert hinter sich zu versammeln.

SPD: Laschet nicht unterschätzen

Genossen aus NRW warnen davor, Laschet zu unterschätzen. Dass die Fähigkeit, seine Partei durch Kompromisse zu einen, politische Kraft entfalten können, habe sein Wahlsieg gegen die SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft 2017 bewiesen. Wie Merkel ziehe Laschet seine Kraft aus der Verankerung in der Mitte des politischen Spektrums – und sei so für viele anschlussfähig.

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Esken und Walter-Borjans geißelten die Debatte um die Kanzlerschaft der Union am Montag als „Ränkespiel“. Doch auch die Geschlossenheit der eigenen Partei zeigte am Wochenende Risse.

Die SPD-Chefs Norbert Walter-Borjans (l.) und Saskia Esken mit dem SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz.
Die SPD-Chefs Norbert Walter-Borjans (l.) und Saskia Esken mit dem SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz.

© AFP/Tobias Schwarz

Denn Esken erklärte, dass ihr ein Linksbündnis nach der Bundestagswahl viel lieber sei als eine Ampelkoalition – und nannte dann in der „Rheinischen Post“ eine grüne Kanzlerschaft noch eine „realistische Option“. Scholz dagegen vermeidet peinlich genau jede Festlegung – und spricht von sich aus nicht über bestimmte Koalitionsoptionen. Jenseits des linken Parteiflügels zeigten sich SPD-Bundestagsabgeordnete entsetzt über die Parteichefin.

Hoffnung bei den Grünen

Von den Turbulenzen in der Union hoffen die Grünen zu profitieren, die sich harmonisch und geschlossen als Gegenentwurf präsentieren. Die Partei will am 19. April bekanntgeben, ob sie mit Annalena Baerbock oder Robert Habeck an der Spitze in den Bundestagswahlkampf zieht. Die Entscheidung wollen beide Parteichefs intern und einvernehmlich herbeiführen – der maximale Kontrast zur Union.

Am Montag äußerte sich Habeck demonstrativ besorgt um die Union: Es brauche eine handlungsfähige konservative Partei, die Grünen hätten kein Interesse „am Versinken der Union in ihren eigenen Querelen“. Er halte die Häme, die Armin Laschet entgegengebracht werde, für „sehr bedenklich“, sagt Habeck. Es soll klingen, als habe er Mitleid mit dem potenziellen Kanzlerkandidaten von CDU und CSU. Eine Präferenz habe man jedenfalls nicht, versichert Habeck. Die eigene Strategie sei es zu agieren und die Konkurrenz zum Reagieren zu zwingen. „Wir nehmen es, wie es kommt“, sagte Habeck.

„Wir nehmen es, wie es kommt“, sagt Grünen-Co-Chef Robert Habeck über die K-Frage in der Union.
„Wir nehmen es, wie es kommt“, sagt Grünen-Co-Chef Robert Habeck über die K-Frage in der Union.

© dpa/Kay Nietfeld

In der Grünen-Parteizentrale ist man schon deutlich weiter. Dort geht man von einem Kanzlerkandidaten Laschet aus und hat erste Schwachstellen ausgemacht. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen setze auf eine „alte protektionistische Industriepolitik“ statt auf eine klimafreundliche Transformation. Auch in der Außenpolitik gebe es nennenswerte Unterschiede. Laschet war in der Vergangenheit immer wieder mit Verständnis für Syriens Machthaber Baschar al Assad und Russlands Präsidenten Wladimir Putin aufgefallen. Unterschätzen werde man Laschet aber nicht, heißt es aus der Parteizentrale.

Eine neue Chance für die Liberalen

FDP-Chef Christian Lindner dürfte sich freuen über Laschets Kandidatur. Schon als der im Januar zum Parteichef gewählt wurde, gratulierten die Spitzenleute der FDP herzlich. Laschet biete die „Chance für eine neu begründete Zusammenarbeit zwischen Union und FDP“, sagte Lindner damals. Die beiden sind seit Jahren gut bekannt. In Nordrhein-Westfalen regiert Laschet mit der FDP – „fair und erfolgreich“, wie Lindner findet.

Zuvor teilten sich die beiden Politiker die Oppositionsbank im Düsseldorfer Landtag. Und auch wenn der FDP-Chef Laschets Forderung nach einem „Brücken-Lockdown“ zuletzt kritisierte, überwiegt bei Lindner doch das Lob für den CDU-Vorsitzenden: Der habe das Zeug zum Kanzler, sagt er immer wieder. Die Hoffnung der Liberalen: Unter Laschet könnte sich die Möglichkeit für einen neuen Anlauf auf ein Jamaika-Bündnis auftun.

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