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Kanzler Olaf Scholz (SPD) wird am 15. Februar vom russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau erwartet.

© Michael Sohn/AFP

Update Exklusiv

Wirbel um Scholz-Reise nach Moskau: Deutsche Welle fehlte auf erster Passagierliste – nun doch dabei

Zunächst erhielt die Deutsche Welle nach ihrem Rauswurf aus Russland eine Absage für eine Begleitung der Scholz-Reise nach Moskau. Nun darf der Sender doch mit.

Wenn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 15. Februar in Moskau dem russischen Präsidenten Wladimir Putin begegnet, wird er eine ganze Reihe von Problemen zu besprechen haben. An erster Stelle: der massive Aufmarsch russischer Truppen an der Grenze zur Ukraine. Seit das russische Außenministerium am vergangenen Donnerstag die Schließung des Büros der Deutschen Welle (DW) verfügt hat, ist ein weiteres Problem für Scholz hinzugekommen. Er muss mit Putin auch über die Medienfreiheit reden.

Wie bei solchen Reisen üblich, wird Scholz auch in Moskau von einem Tross mitreisender Journalistinnen und Journalisten begleitet. Dass die Teilnahme der Deutschen Welle dabei für die Bundesregierung ein heikles Thema ist, zeigte sich bei der Zusammenstellung der Gruppe der mitreisenden Journalisten. Die Deutsche Welle erhielt zunächst eine Absage, erst am Samstag gab es eine Zusage.

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Besonders für Regierungssprecher Steffen Hebestreit ist der Vorgang unangenehm, da er in den Verdacht geraten ist, die Wahrheit zu verschleiern. Der Ablauf war wie folgt: Am Freitag gab es trotz des Rauswurfs der Deutschen Welle aus Russland eine Absage zur Mitreise bei der Scholz-Reise nach Moskau.

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Als es zunächst eine Absage gegeben hatte, hatte der menschenrechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Michael Brand (CDU), dem Tagesspiegel gesagt: „Der deutsche Bundeskanzler, der die Deutsche Welle, den einzigen deutschen Auslandssender, nicht zu einer Reise mit in das Land mitnimmt, dessen Regierung unter Bruch internationaler Normen das Büro der Deutschen Welle geschlossen hat, ist nicht nur politisch feige, sondern zeigt auch das Problem dieses Kanzlers, der nicht einmal mehr das Grundrecht auf freie Presse verteidigen will. Das ist ein einzigartiger Vorgang und auf Deutsch gesagt, Herr Scholz: eine echte Schande!“

Rund 20 Journalistinnen und Journalisten hatten eine Zusage erhalten, darunter von ARD, ZDF und RTL, aber auch von der Augsburger Allgemeinen oder The Pioneer. Die Deutsche Welle stand aber nicht auf der Zusageliste. Umgehend wurde von Seiten der Opposition gefragt, ob Scholz etwa keinen unnötigen Ärger mit Putin riskieren wolle.

Am Samstag fragte der Tagesspiegel gegen 15.30 Uhr bei Regierungssprecher Hebestreit nach und fragte nach den Beweggründen, warum die Deutsche Welle nicht dabei sei und kündigte eine Berichterstattung dazu an. Diese erschien online, um 18.37 Uhr ließ Hebestreit über den Chef vom Dienst des Bundespresseamtes mitteilen, er dürfe mitteilen, dass die Deutsche Welle zur Moskau-Reise eingeladen sei.

Vorige Absage wurde verschleiert

Aber bewusst wurde verschleiert, dass es zunächst eine Absage gegeben hatte. Die entsprechende Tagesspiegel-Information wurde aber auch vom Sprecher der Deutschen Welle inzwischen bestätigt. Hebestreit twitterte zum entsprechenden Tagesspiegel-Bericht: „Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen: Die Deutsche Welle ist zur Reise des Bundeskanzlers nach Moskau eingeladen.“ Umgehend wurde Hebestreit aufgefordert, Stellung zu beziehen, warum er die erste Absage und die Gründe dafür verschweige.

Der Bundeskanzler nimmt auf Reisen üblicherweise in seiner Regierungsmaschine eine Gruppe von Journalistinnen und Journalisten mit. Die Zahl der Plätze ist selbstverständlich begrenzt. Es handelt sich dabei nicht um eine Einladung im klassischen Sinne, die Flugtickets für die Mitnahme durch die Flugbereitschaft des Verteidigungsministeriums zahlen die Arbeitgeber der Medienvertreter selbst.

Scholz: Von Vorgängen um Deutsche Welle aus Medien erfahren

In der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ sagte Scholz auf die Frage, ob er zunächst habe Ärger mit Russland vermeiden wollen: „Ehrlicherweise habe ich aus den Medien davon erfahren. Da wird irgendwas technisch von irgendwelchen Leuten besprochen. Und bevor man selber überhaupt jemals sich damit befassen kann oder auch nur die zuständigen Leute sich damit befassen können, machen einige schon eine Meldung daraus.“ Das zeige, „dass man sich nicht von der Hektik anderer anstecken lassen darf“.

Die Deutsche Welle als Auslandssender wird eher selten auf Reisen des Kanzlers mitgenommen - aber vor dem Hintergrund der jüngsten Sanktionen gegen den Sender in Moskau war die Mitnahme auf dieser Scholz-Reise zu einer hochpolitischen Frage geworden. Ob die Lage von Regierungssprecher Hebestreit falsch eingeschätzt wurde oder ob es für die zunächst erfolgte Absage politische Gründe gab, um die die russische Seite nicht zu verärgern, blieb zunächst unklar.

FDP-Außenpolitiker Lambsdorff: „Gut, dass die Deutsche Welle mitfährt“

Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff sagte dem Tagesspiegel zu dem Vorgehen der Bundesregierung gegenüber der Deutschen Welle: „Gut, dass die Deutsche Welle mitfährt, noch besser wäre, wenn ihr Korrespondent in der Pressekonferenz Wladimir Putin eine Frage stellen könnte.“ Die Mitreise der DW-Journalisten nach Russland hängt indes auch davon ab, ob sie von Russland ein Visum erhalten.

Der EU-Abgeordnete Sergey Lagodinsky (Grüne) warnte, dass die Bundesregierung angesichts der autokratischen Politik Putins nicht nachgeben dürfe. „Rote Linien sind dann überschritten, wenn wir anfangen, eigene demokratischen Grundsätze unter dem Eindruck der Kreml-Despotie in Frage zu stellen“, sagte Lagodinsky dem Tagesspiegel. „Bei eigenen Grundrechten darf es kein Nachgeben und auch kein Eindruck der Verunsicherung geben.“

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Das russische Außenministerium hatte am vergangenen Donnerstag die Schließung des DW-Büros in Moskau verfügt. In Berlin hatte Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner dazu am Freitag erklärt, dass die russischen Maßnahmen gegen die Deutsche Welle „völlig unbegründet“ seien und der Pressefreiheit widersprächen. Büchner richtete im Namen der Bundesregierung einen „dringenden Appell“ an die russische Seite, die Probleme um die Zulassung des russischen Senders RT DE in Deutschland „nicht für eine Beschränkung der Pressefreiheit zu missbrauchen“.

In Deutschland hatte das Sendeverbot für die „Deutsche Welle“ große Kritik ausgelöst. So hatte Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) das Verbot als "aggressiven Akt" bezeichnet. Roth will sich aber mit ihrer russischen Amtskollegin Olga Ljubimowa um eine Vermittlung bemühen.

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