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Der US-Klimabeauftragte John Kerry auf Deutschlandbesuch

© Odd Andersen/AFP

"Wir können das schaffen": US-Klimabeauftragter John Kerry wirbt für mehr globale Anstrengungen beim Klimaschutz

Auf seiner Deutschlandtour trifft Kerry die Kanzlerkandidaten von Union, Grünen und SPD - und das halbe Bundeskabinett.

Es ist ein straffes Programm, das der US-Klimabeauftragte John Kerry sich bei seinem kurzen Berlin-Besuch vorgenommen hat – und der nächste Kanzler oder die nächste Kanzlerin ist auch dabei. Alle drei Kandidat:innen Armin Laschet (CDU), Olaf Scholz (SPD) und Annalena Baerbock (Grüne) sind zu vertraulichen Gesprächen mit Joe Bidens Mann für die internationale Klimapolitik verabredet, außerdem das halbe Kabinett, von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) bis zu Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).

Kerrys Deutschlandbesuch dient dem Ziel, den UN-Klimagipfel in Glasgow im November vorzubereiten. Sein Appell ist unmissverständlich: Glasgow sei „die letzte große Hoffnung, um uns auf die richtige Spur zu bringen“, sagt er. Wenn die globale Erderwärmung nicht gestoppt werde, wie im Pariser Klimaabkommen vereinbart, steuere die Welt auf eine Katastrophe zu.

Kampf gegen die Klimakrise eine "gigantische Herausforderung"

Der Temperaturanstieg solle „wenn möglich“ auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter begrenzt werden, selbst 1,8 oder 1,9 Grad reichten nicht aus. Der Kampf gegen die Klimakrise sei nur gewinnbar, wenn in den nächsten zehn Jahren „wirklich große“ Entscheidungen getroffen und umgesetzt würden.

Doch auch wenn der 77-jährige von einer „gigantischen Herausforderung“ spricht, ist seine Botschaft dennoch eine optimistische: „Wir können das schaffen“, sagt er an die Adresse der Deutschen. Klimaschutz könne „Millionen von Arbeitsplätzen schaffen“ und „unser Leben verbessern“.

Kerry war es auch, der im April den virtuellen Klimagipfel von US-Präsident Joe Biden organisierte. Eingeladen waren die 20 Nationen, die am meisten Treibhausgase ausstoßen. Sein Fazit: Rund 55 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts stammen aus Ländern, die Verpflichtungen zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels eingegangen seien. Dazu zählt er die EU, Großbritannien, die USA, Kanada und Japan.

Die Herausforderung für die nächsten Monate sei nun, die übrigen 45 Prozent zu überzeugen – also etwa China und Russland. Nach seinen Gesprächen mit Vertretern beider Länder sei er aber „zuversichtlich“, dass sich etwas bewege. Ein Thema mit China sei die Finanzierung von Kohlekraftwerken in vielen Teilen der Welt.

Der jüngsten Forderung der Internationalen Energieagentur (IEA), auf neue Öl-, Gas- und  Kohleprojekte zu verzichten, will Kerry sich nicht uneingeschränkt anschließen. Nicht alle Vorhaben ließen sich stoppen, sagte er unter Verweis auf Unterschiede in der Energieversorgung in vielen Ländern. Aber die Hürden für neue fossile Projekte müssten „sehr hoch“ sein, sagt er.

Für seine Gastgeber hat Kerry Lob mitgebracht: Er sei „beeindruckt“ gewesen, wie schnell die Bundesregierung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz eine Kehrtwende vollzogen habe. Dass Deutschland den Ausstoß der Treibhausgase bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 verringern und bis 2045 klimaneutral werden wolle, sei „eine große Leistung“.

Ob eine Regierungsbeteiligung der Grünen nach der Bundestagswahl die transatlantische Zusammenarbeit in der Energiepolitik erleichtern könnte? Schließlich sieht Baerbocks Partei den Bau der Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland ebenso kritisch wie die US-Regierung. „Ich möchte mich in die deutsche Politik nicht einmischen“, sagt Kerry. Er habe aber schon als Außenminister unter US-Präsident Barack Obama die Auffassung vertreten, dass das Pipeline-Projekt die europäische Energiesicherheit in Frage stelle.

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