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Wikileaks-Gründer Julian Assange nach seiner Festnahme 2019 in einem Polizeiwagen.

© REUTERS/Henry Nicholls

Update

Wikileaks-Gründer: Britische Regierung bestätigt Auslieferung von Assange an die USA

Die Auslieferung des Australiers in die USA rückt näher. Dort drohen ihm bis zu 175 Jahre Haft. Doch entschieden ist die Sache wohl immer noch nicht.

Großbritannien hat die Auslieferung des Wikileaks-Gründers Julian Assange an die USA genehmigt. Das bestätigte das Innenministerium in London am Freitag.

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Innenministerin Priti Patel unterzeichnete eine entsprechende Auslieferungsanweisung, wie ihr Ministerium am Freitag mitteilte. „Herr Assange hat das Recht, in der üblichen 14-Tage-Frist Berufung einzulegen“, teilte das Innenministerium mit. 

Nach jahrelangem Hin und Her vor verschiedenen Gerichten war die britische Regierung nun am Zug, nachdem ein Gericht in London im April die Auslieferung Assanges genehmigt hatte. Damals hatten seine Anwälte angekündigt, Einspruch gegen Patels Entscheidung zu erheben, sollte sie der Auslieferung zustimmen.

Der High Court in London hatte Ende vergangenes Jahr ein zuvor wegen Suizidgefahr erlassenes Auslieferungsverbot für Assange wieder aufgehoben. Das oberste Gericht (Supreme Court) hatte eine Berufung dagegen zuletzt abgelehnt.

Ob und wann der 50-jährige Australier ausgeliefert wird, war aber zunächst unklar. Sollten die Richter grünes Licht für die Auslieferung geben, muss Assange spätestens 28 Tage später in die USA geflogen werden.

Seinen Unterstützern zufolge ist der Rechtsweg noch nicht ausgeschöpft. Sie befürchten, dass er trotz anderslautender Zusicherungen aus Washington in ein Hochsicherheitsgefängnis kommen wird. „Dies ist ein dunkler Tag für die Pressefreiheit und für die britische Demokratie“, sagte Assanges Frau Stella. „Heute endet der Kampf nicht. Es ist nur der Beginn eines neuen juristischen Schlacht.“

Stella Morris bei einer Demonstration für ihren Mann Julian Assange.
Stella Morris bei einer Demonstration für ihren Mann Julian Assange.

© REUTERS/Tom Nicholson

In den USA ist Assange wegen Spionage und der Veröffentlichung von Hunderttausenden geheimen Dokumenten auf der Enthüllungsplattform Wikileaks zu den Kriegen im Irak und in Afghanistan angeklagt. Die Papiere enthielten brisante Informationen über die US-Einsätze in diesen Ländern, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen.

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Vorgeworfen wird ihm, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von den US-Militäreinsätzen gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben.

In den USA drohen ihm bis zu 175 Jahre Haft

Bei einer Verurteilung in den USA drohen Assange bis zu 175 Jahre Haft. Der 50-Jährige und seine Unterstützer haben die Verfahren immer wieder als politisch motiviert kritisiert. Seine Unterstützer sehen in ihm einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht gebracht hat und an dem nun ein Exempel statuiert werden soll.

Ein Sprecher des Innenministeriums begründete die Entscheidung mit den Worten: „Britische Gerichte haben in diesem Fall nicht festgestellt, dass es repressiv, ungerecht oder ein Missbrauch des Verfahrens wäre, Herrn Assange auszuliefern.“ Auch seine Grundrechte - einschließlich der Rechte auf ein rechtsstaatliches Verfahren und Meinungsfreiheit - seien nicht beeinträchtigt. Assange habe nun zwei Wochen, um Einspruch einzulegen. Seine Umgebung befürchtet, dass er trotz anderslautender Zusicherungen aus Washington in Isolationshaft kommt und kein faires Verfahren erhält.

„Schwarzer Tag für die Pressefreiheit“

Wikileaks sprach von einem „schwarzen Tag für die Pressefreiheit und die britische Demokratie“. Patel habe sich zur Komplizin der USA gemacht, die investigativen Journalismus zum Verbrechen machen wollten. Die Plattform wirft US-Geheimdiensten sogar vor, in ein Mordkomplott gegen Assange verstrickt gewesen zu sein. Der Rechtsstreit um eine Auslieferung zieht sich schon Jahre hin.

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Assange sitzt seit seiner Festnahme im April 2019 im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Zuvor hatte er sich mehrere Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entzogen. Diese hatten ihn zunächst wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden gesucht. Diese Vorwürfe wurden später jedoch aus Mangel an Beweisen fallen gelassen.

Wikileaks will weiter für ihn kämpfen

Ob der 50-Jährige nun tatsächlich ausgeliefert wird, ist noch unklar. Seinen Unterstützern zufolge ist der Rechtsweg noch nicht ausgeschöpft. „Wir werden den Rechtsweg beschreiten. Die nächste Berufung wird vor dem High Court eingereicht werden. Wir werden lauter kämpfen und stärker auf den Straßen rufen“, hieß es in der Wikileaks-Mitteilung. Die Bundesregierung verwies ebenfalls darauf, dass die Entscheidung zur Auslieferung noch anfechtbar sei. Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagte in Berlin: „Da ist nach jetzigem Kenntnisstand wohl auch noch ein weiterer Rechtsweg möglich.“ Man werde dies „sehr genau beobachten“. Der menschenrechtspolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Peter Heidt, zeigte sich verwundert, „dass die britische Regierung keine Gründe gesehen hat, die gegen eine Auslieferung Assanges an die USA sprechen“. Eine Nichtauslieferung wäre „ein starkes Zeichen für die Pressefreiheit“ gewesen, sagte er einer Mitteilung zufolge. Er betonte jedoch auch, dass Großbritannien sowie die Vereinigten Staaten von Amerika Rechtsstaaten seien.

PEN Berlin ernannte Assange zum Ehrenmitglied

Der neu gegründete Schriftstellerverband PEN Berlin, der Assange gleich zu seinem Ehrenmitglied gemacht hatte, forderte die Regierung auf, weiterzugehen: „Wir ersuchen die Bundesregierung dringend, sich für seine sofortige Freilassung einzusetzen und ihm politisches Asyl anzubieten“, hieß es in einer Mitteilung. Dafür habe sich Außenministerin Annalena Baerbock noch im vergangenen Jahr als Oppositionsabgeordnete stark gemacht, so die Vereinigung.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen sprach von einem „niederschmetternden Signal für die Pressefreiheit“. Der Deutsche Journalisten-Verband rief die USA auf, die Anklage fallen zu lassen. Wenn Präsident Joe Biden russische Kriegsverbrechen in der Ukraine anprangere, dürfe er nicht mit äußerster juristischer Härte gegen den Aufklärer amerikanischer Kriegsverbrechen vorgehen. (AFP/dpa/Reuters)

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