zum Hauptinhalt
Autonome E-Busse auf einer Teststrecke in Wien.

© Herbert Pfarrhofer/APA/dpa

Wiens oberste IT-Chefin Huemer: „Eine kluge Stadt, die sich um die Menschen kümmert“

Wien setzt beim Umweltschutz auf Digitalisierung. Dabei will sich die Stadt kein Technologiekonzept überstülpen, sondern Probleme lösen, sagt Ulrike Huemer.

Ulrike Huemer (42) digitalisiert Wien. Als „Chief Information Officer“ ist sie die oberste IT-Chefin von Österreichs Hauptstadt. Klimapolitik spielt bei ihrer Arbeit eine zentrale Rolle.

Frau Huemer, worum geht es bei einer Smart City?

Es gibt ganz unterschiedliche SmartCity-Konzepte. Wien unterscheidet sich da etwa von vielen asiatischen Städten. Wir definieren die Smart City als kluge Stadt, die sich um die Menschen kümmert. Wir wollen kein Technologiekonzept über die Stadt stülpen, sondern politische und gesellschaftliche Probleme unter anderem durch Digitalisierung lösen. Technik ist für uns ein Mittel zum Zweck, kein Selbstzweck. Klimaschutz spielt dabei eine wichtige Rolle.

Trotz Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums sind Energieverbrauch und Treibhausemissionen gesunken.

Unsere Smart-City-Strategie gibt es schon seit 2014. Das hat zu vielen Projekten geführt, die Emissionen senken. Darüber hinaus ist der öffentliche Verkehr in Wien seit Jahrzehnten extrem gut organisiert. Für 36 Prozent der Wege nutzen die Wiener die „Öffis“ – wie wir den öffentlichen Personennahverkehr in Wien nennen. Auch hier arbeiten wir an innovativen Lösungen. Es gibt zum Beispiel sehr erfolgreiche Pilotprojekte, bei denen die Bremskraft der U-Bahnen in Energie umgewandelt wird. So können die Stationen direkt mit Strom versorgt werden, wenn die Waggons einfahren.

Ulrike Huemer ist die oberste IT-Chefin von Österreichs Hauptstadt.
Ulrike Huemer ist die oberste IT-Chefin von Österreichs Hauptstadt.

© Promo

Wien war die erste Stadt im deutschsprachigen Raum, die offene Daten bereitstellte. Welche Rolle spielen diese bei der Mobilität?

Die begehrtesten Daten sind Echtzeit-Daten der Wiener Linien – des Pendants zu den Berliner Verkehrsbetrieben. Durch diese Daten entstehen Lösungen, die die Routenplanung für die Bürger verbessern oder die den öffentlichen Verkehr mit anderen Anbietern kombinieren – etwa mit Bike- oder Car-Sharing-Angeboten. In unserer App „WienMobil“, in der Nutzer ihre Tickets kaufen, bekommen Bürger etwa immer sofort angezeigt, wie viel CO2 sie durch die Fahrt gespart haben. Oder eben, wo das nächste Rad oder Leihauto steht.

Welche Anreizsysteme kann eine Stadt noch schaffen?

Ein völlig neues Projekt, das ab 2020 startet, ist unser Wiener „Kultur-Token“. Mit einer App, die auf Blockchain-Basis läuft, sollen die Bürger spielerisch zu klimaschonendem Verhalten animiert werden. Die Wiener können dann Punkte sammeln, wenn sie zu Fuß gehen oder das Rad oder die Öffis benutzen. Diese Punkte können sie dann in Kultureinrichtungen der Stadt einlösen – und etwa kostenlos das Museum oder Theater besuchen. Das passt auch zu unserem Ziel des „Digitalen Humanismus“ und der Kulturstadt Wien.

Wie verändert Digitalisierung das Bauen?

Einerseits muss bei Neubauten auf innovative Lösungen geachtet werden, andererseits aber vor allem auch beim Bestand. Im Stadtteil Simmering gibt es deshalb etwa das Projekt „smarter together“, bei dem unter anderem für Tausende Haushalte klimaschonende Technik installiert wird. Sonnenenergie wird etwa in Wärme umgewandelt, Photovoltaik und Fernwärme genutzt. Wir sparen dort viel Energie. Simmering liegt nicht im Stadtinneren. Auch das ist uns wichtig: mit innovativen Projekten nicht immer nur in die „hippen Bezirke“ zu gehen.

Welche Rolle spielen die kommunalen Dienstleister?

Wien Energie – unser Energiedienstleister – ist digital fit. Das Vorzeigeprojekt ist sicher die „Aspern Smart City Research“ in der Seestadt Aspern (siehe nebenstehenden Text), wo kommunale Dienstleister gemeinsam mit Siemens an intelligenten Stromnetzen und smarten Häusern forschen. In der langen Frist bauen wir so Know-how auf und werden viel Energie sparen. Ein anderes aktuelles kommunales Projekt ist, dass unsere Hauptkläranlage energieautark wird. Dazu verwerten wir den eigenen Klärschlamm, um Energie zu gewinnen, die dann wiederum die gesamte Anlage betreibt. Der Energieverbrauch der Stadt soll bis 2050 generell zu 70 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden, dazu brauchen wir viele solche Projekte.

Zur Startseite