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Die Polizei setzte erstmals seit Jahren wieder Wasserwerfer ein.

© Paul Faith/AFP

Wieder Krawalle in Nordirland: Randalierer werfen Molotowcocktails, Polizei setzt Wasserwerfer ein

Trotz aller Mahnungen hat es in Nordirland erneut gewalttätige Proteste gegeben. Zerbricht der ohnehin fragile Frieden?

Ungeachtet aller Appelle zum Stopp der Gewalt haben in der Nacht zu Freitag in der nordirischen Hauptstadt Belfast erneut Randalierer gewütet. Jugendliche warfen im Westen der Stadt Steine, Feuerwerkskörper und Molotowcocktails auf Polizisten, wie die Nachrichtenagentur PA berichtete. Daraufhin habe die Polizei Wasserwerfer gegen die Randalierer eingesetzt – nach Angaben des Senders BBC zum ersten Mal seit sechs Jahren bei Krawallen. Sie habe zudem mit dem Einsatz von Plastikgeschossen gedroht.

Hunderte Randalierer hätten sich versammelt, berichtete die Zeitung "Belfast Telegraph". Die nordirische Justizministerin Naomi Long machte für die Krawalle auf Twitter "nationalistische Jugendliche" verantwortlich. Die Gewalt müsse aufhören. Über Verletzte an diesem Abend wurde zunächst nichts bekannt.

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Der britische Premierminister Boris Johnson zeigte sich "zutiefst besorgt". Er und sein irischer Amtskollege Micheal Martin riefen zu "Ruhe" auf. Martin und Johnson sprachen am Donnerstag bei einem Telefongespräch "über die besorgniserregenden Entwicklungen in Nordirland". Beide betonten, dass "Gewalt inakzeptabel ist" und riefen "zur Ruhe auf", wie das Büro des irischen Regierungschefs mitteilte

Das Zentrum der Auseinandersetzungen ist Belfast.
Das Zentrum der Auseinandersetzungen ist Belfast.

© Liam Mcburney/PA Wire/dpa

Johnson und Martin seien sich einig, dass "der Weg nach vorne über den Dialog" erfolgen müsse. Auch das Weiße Haus veröffentlichte am Donnerstag eine Stellungnahme zu der Gewalt. Washington zeigte sich besorgt über die Ausschreitungen und mahnte zur Ruhe.

Im Nordirland-Konflikt, der erst 1998 mit dem Karfreitagsabkommen endete, standen sich jahrzehntelang mehrheitlich protestantische Befürworter der Union mit Großbritannien und überwiegend katholische Anhänger einer Vereinigung der beiden Teile Irlands gegenüber. Auch die Polizei und das britische Militär wurden in den Konflikt hineingezogen. Mehr als 3600 Menschen starben, fast 50.000 wurden verletzt. Noch immer ist die Gesellschaft tief gespalten.

In der britischen Provinz kommt es nun seit Tagen wieder zu Ausschreitungen, bei denen inzwischen mehr als 50 Polizisten verletzt wurden. Außerdem wurde ein Busfahrer verletzt, dessen Fahrzeug mit einer Brandbombe angegriffen wurde und komplett ausbrannte. Nach Ansicht der Sicherheitsbehörden stecken hinter den Attacken teils militante protestantisch-loyalistische Gruppierungen, die auch im Drogenhandel tätig sind.

Am Donnerstag hatten Politiker beider konfessioneller Lager in Nordirland die Ausschreitungen scharf verurteilt. Nordirland wird von einer Einheitsregierung der jeweils größten Parteien von protestantisch-unionistischer und katholisch-republikanischer Seite regiert. Auch der britische Premierminister Boris Johnson und die USA verurteilten die Krawalle.

Vorgeblicher Anlass für die Proteste ist die Entscheidung der Polizei, Politiker der katholisch-republikanischen Partei Sinn Fein nach Teilnahme an der großen Beerdigung eines ehemaligen IRA-Terroristen nicht wegen Verstößen gegen Corona-Regeln zu belangen. Auch der Sonderstatus Nordirlands, wie er im Brexit-Abkommen festgelegt wurde, stößt in Teilen des protestantischen Lagers auf Widerstand. Die Provinz ist weiter Teil des EU-Handelsraums, um Warenkontrollen an der Grenze zum EU-Mitglied Irland zu verhindern. Stattdessen muss nun zwischen Nordirland und dem übrigen Vereinigten Königreich kontrolliert werden. (dpa, AFP)

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