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Jurist, Hobbyfußballer, ehemaliger Links-Wähler. Sehr viel mehr weiß man über Giuseppe Conte nicht.

© Alessandra Tarantino/AP/dpa

Wieder ein Technokrat: Giuseppe Conte wird Italiens Alibi-Ministerpräsident

Seit den Parlamentswahlen sind in Italien alle politischen Gewissheiten dahin - der neue Ministerpräsident ist der beste Beweis dafür.

Er hat eine Vorliebe für dunkle Anzüge mit Manschettenknöpfen und Einstecktuch; er gilt als „maßvoll und ausgewogen“. Außerdem: Der wahrscheinliche neue Ministerpräsident von Italien stammt aus Apulien, lebt getrennt von seiner Frau, hat einen zehnjährigen Sohn, war begeisterter Hobbyfußballer, bis er sich vor ein paar Jahren am Meniskus verletzte – und er hat, bevor er sich für die Fünf-Sterne-Bewegung zu interessieren begann, links gewählt. Sehr viel mehr Privates ist über Giuseppe Conte nicht bekannt.

Dafür ist Contes akademisches Curriculum umso länger: Abschluss in Privatrecht an der römischen Sapienza-Universität mit „110 e lode“, also der italienischen Höchstnote, anschließend diverse Weiterbildungen und Lehraufträge an Elite-Universitäten wie Yale Law School, Cambridge, Sorbonne. Im Moment unterrichtet der 54 Jahre alte Jurist Privatrecht an der Universität von Florenz und an der privaten römischen Luiss-Universität.

Giuseppe Conte ist der lebende Beweis, dass in Italien seit den Parlamentswahlen vom 4. März alle Gewissheiten dahin sind. Bisher war es so, dass der Staatspräsident nach Parlamentswahlen und einigen Sondierungsgesprächen eine Persönlichkeit mit der Bildung der neuen Regierung beauftragte, in der Regel den Anführer der stärksten Partei der künftigen Koalition. Anschließend ließ er ihn eine Kabinettsliste erstellen und ein Regierungsprogramm entwerfen, das dieser dann dem Parlament vortrug. Der Premier war die starke Figur in der Exekutive.

Jetzt haben sie einen, den sie nie wollten

Bei Conte läuft alles umgekehrt: Zwei Parteien, die außer ihrer Wut auf das alte System und ihrer Ablehnung der europäischen Regeln nichts gemein haben, schustern ein über weite Strecken widersprüchliches, schwammiges und unrealistisches Programm zusammen und präsentieren dann dem Staatspräsidenten den „Koalitionsvertrag“ und einen Alibi-Premier, auf den sie sich nach wochenlangem Hin und Her geeinigt haben. Den Ton in der Regierung wird nicht Conte angeben – sondern Fünf-Sterne-Chef Di Maio und Lega-Führer Salvini.

Im Wahlkampf hatten sich Di Maio und Salvini noch darüber aufgeregt, dass Italien seit Mario Monti, also seit 2011, nicht mehr von einem vom Volk gewählten Premier regiert werde; während der Sondierung schlossen sie aus, dass ein „Technokrat“ Regierungschef werde. Nun schlagen sie, weil keiner der beiden nachgeben wollte, selbst einen Technokraten vor: Conte, Premier mit beschränkter Haftung.

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