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Eine Frau erhält in England dem Impfstoff von Astrazeneca.

© Adrian DENNIS / AFP

Wie weiter mit der deutschen Impfstrategie?: Impfkommission rät von Astrazeneca-Vakzin für über 65-Jährige ab

Es ist ein Rückschlag im Kampf gegen das Virus in Deutschland. Die Stiko empfiehlt den Astrazeneca-Impfstoff nur für Jüngere. Was heißt das für den Impfplan?

Von Robert Birnbaum

Der Impfplan im Kampf gegen das Coronavirus erleidet einen neuen Rückschlag: Die Ständige Impfkommission rät von der Verwendung des Impfstoffs von Astrazeneca bei Menschen über 65 Jahre ab. Für das Mittel sei eine Wirksamkeit bei älteren Personen nicht ausreichend belegt, heißt es im jüngsten Entwurf für die Impfempfehlung der beim Robert-Koch-Institut (RKI) angesiedelte Expertengruppe.

Daher solle der Astrazeneca-Impfstoff nur in der Altersgruppe von 18 bis 64 Jahren eingesetzt werden. Für die beiden anderen zugelassenen Mittel von Biontech/Pfizer und Moderna gilt diese Einschränkung nicht. Der Impfstoff soll aller Voraussicht nach an diesem Freitag in der EU zugelassen werden.

Politik und Medizin hatten große Hoffnungen in den Astrazeneca-Impfstoff gesetzt, weil er als bisher einziger auch in normalen Arztpraxen verimpft werden kann. Die Mittel von Biontech/Pfizer und Moderna erfordern aufwändige Kühlung auf minus 70 Grad Celsius und sind nach dem Auftauen nur kurze Zeit verwendbar.

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Den Astrazeneca-Impfstoff kann jede Hausarztpraxis lagern. Er hat zwar mit etwa 70 Prozent eine etwas geringere nachgewiesene Wirksamkeit als die beiden Konkurrenzprodukte, doch liegt dieser Wert immer noch über dem der normalen Grippeimpfung. Abgesehen von der Altersbeschränkung sei er auch „gleichermaßen geeignet“ für die Abwehr von Covid-19, schreibt die Impfkommission.

Die Bedenken gegen seine Anwendung bei über 65jährigen stützen die Experten darauf, dass in den Studien von Astrazeneca zu wenig Ältere untersucht wurden. Unter jeweils rund 300 Personen dieser Altersgruppe trat jeweils nur ein Corona-Fall sowohl bei den Geimpften als auch in der Kontrollgruppe auf. Damit bleibt offen, ob ältere Geimpfte besser geschützt sind als nicht Geimpfte. Der britisch-schwedische Konzern hat weitere Studien zugesagt, doch liegen bisher keine Ergebnisse vor.

Für die Impfstrategie der Bundesregierung ist die vorläufige Einschränkung ein Rückschlag. Gerade bei Älteren, die zu Hause und nicht in Heimen leben, galten Arztpraxen als wichtigste Anlaufstelle für die Immunisierung. Der Gang zum Hausarzt fällt Senioren leichter als die Suche nach einer Impfstelle. Ärzte wissen meist auch, welche ihrer Patienten sie nur mit einem Hausbesuch erreichen können.

Der Astrazeneca-Impfstoff ist derzeit auch aus einem anderen Grund ein Problemfall: Der Konzern hat Lieferabsprachen mit der EU zurückgenommen und erklärt, er habe der EU-Kommission nie feste Zusagen gegeben. Die Kommission deutet die Verträge anders.

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