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Mitarbeiter vom Gesundheitsamt Berlin Mitte stehen auf dem Festplatz in der ambulanten Corona-Test-Einrichtung. (Archivbild)

© dpa/Britta Pedersen

Wie funktioniert Bevölkerungsschutz?: Deutschland wäre auf einen Krieg besser als auf Corona vorbereitet gewesen

Eine weltweit verbreitete ansteckende Krankheit ist gefährlicher als ein Atomkrieg und eine unbremsbare Erderwärmung. Doch wer hätte das gedacht? Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Barbara John

Wir erleben gerade die umfassendste staatliche Bevölkerungsschutz-Politik nach 1945. Sie richtet sich gegen eine Bedrohung, auf die so gut wie niemand vorbereitet war, eine Virus-Pandemie.

In den allgemeinen Planungen zur bundestaatlichen Schutzpolitik, dazu gehört das umfangreiche Papier „Konzept Zivile Verteidigung“ (KZV) ist diese Gefahr nicht präsent.

Eine Erwähnung findet sich aber im „Ratgeber für Notfallfürsorge“, wo Viren in einer Reihe mit Pilzen, Parasiten, Toxinen und Bakterien schlicht als Gefahrstoff auftauchen. Herausgeber ist das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.

Ginge es nach den vorliegenden Planungen, wären wir weit besser gerüstet gewesen, wenn uns nicht Corona, sondern räumlich und zeitlich begrenzte Kalamitäten wie „Hochwasser, Feuer, Krieg, und Unwetter“ getroffen hätten.

Politik will ein aufgetretenes Problem lösen

Gibt es eine Erklärung, warum das Coronarvirus erst politisch wahrgenommen wurde, als plötzlich viele Menschen erkrankten, gar starben. Gleichgültigkeit gegenüber den Bürgern, schwache Vorstellungskraft über die Dynamik einer ansteckenden Massenerkrankung, chronische Überforderung?

Ausgeschlossen. Spitzenpolitiker gehen nicht in dem Moment in Deckung, wo Führung und Ansage auf allen Kanälen gefragt ist.

Auf Hochwasser oder Feuer war Deutschland bisher besser vorbereitet als auf eine Viren-Pandemie.
Auf Hochwasser oder Feuer war Deutschland bisher besser vorbereitet als auf eine Viren-Pandemie.

© dpa

Besonders in der Politik gilt: Versäume keine Gelegenheit, eine Gelegenheit zu versäumen. Tue das, was unverzüglich als problemlösend angesehen wird und anfangs kaum Widerspruch erzeugt.

Welcher Politiker soll Millionen in den Haushalt stellen, wenn niemand an eine Pandemie glaubt?

Das bedeutet: Welche Minister und welche Bundestagsmehrheit hätten es gewagt, zu einer Zeit, als die meisten Menschen Pandemien für ausgestorben hielten, Millionen in den Bundeshaushalt einzustellen? Warum sollte man sich strategisch auf mögliche Katastrophen vorbereiten, wenn kaum einer daran denkt?

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Heute wissen wir, dass eine sich weltweit verbreitende ansteckende Krankheit das größte Potential hat, Gesundheit und die wirtschaftliche und politische Stabilität aller Menschen zu ruinieren. Und dass sie noch gefährlicher ist als ein Atomkrieg und eine unbremsbare Erderwärmung.

Jetzt wird man sich rüsten. Ein erstes Nach-Corona-Fazit könnte daher lauten: Die nächste Pandemie schmeißt uns nicht mehr um.

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