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Zwei Designierte - Olaf Scholz (Bundeskanzler) und Annalena Baerbock (Außenministerin).

© picture alliance/dpa

Wie einig ist die Ampel in ihrer China-Politik?: Der Kanzler gibt die Richtung vor

Annalena Baerbock plädiert für eine „wertegeleitete Außenpolitik“. Dialog und Härte. Olaf Scholz setzt etwas andere Akzente. Er ist der Chef. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Angela Merkel hat’s getan. Richard von Weizsäcker hat’s getan. Joschka Fischer hat’s getan. Sie trafen den Dalai Lama, das religiöse Oberhaupt der Tibeter, und ließen sich von ihm den traditionellen weißen Schal umlegen. Gerhard Schröder hat’s nicht getan. Frank-Walter Steinmeier hat’s nicht getan. Und Klaus Kinkel traf zwar – inoffiziell, wie betont wurde – den Dalai Lama, aber die Geste des Schalumlegens verweigerte er seinem Gast. Das blieb als peinlich in Erinnerung.

Die kommunistische Führung Chinas verbittet sich jedes Treffen mit dem Dalai Lama als Einmischung in die inneren Angelegenheiten. Schroff reagiert sie ebenfalls auf Kritik an Menschenrechtsverletzungen, die Unterstützung Taiwans und ein Eintreten für die Autonomie Hongkongs. China ist seit Jahren Deutschlands größter Handelspartner. Zehntausende Arbeitsplätze hängen von dieser Wirtschaftsbeziehung ab. Eine „wertegeleitete Außenpolitik“, für die die künftige deutsche Außenministerin Annalena Baerbock eintritt, wird Peking missfallen.

Die Ampel will ein selbstbewussteres Auftreten Deutschlands

Die „Wirtschaftswoche“ berichtet nun, dass Olaf Scholz, der designierte Bundeskanzler, im Oktober dem Präsidenten Chinas, Xi Jingping, habe übermitteln lassen, am pragmatischen Kurs seiner Vorgängerin festhalten zu wollen. Seine Koalitionspartner, Grüne und FDP, werde er diesbezüglich in Schach halten. Baerbock wiederum hatte vor einigen Tagen in einem Interview mit der „tageszeitung“ für ein Importverbot für Produkte aus der chinesischen Provinz Xinjiang geworben, wo die überwiegend muslimische Minderheit der Uiguren brutal drangsaliert wird.

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„Menschenrechtspolitik ist keine Schaufensterpolitik“, hatte Steinmeier gesagt, als er Außenminister unter Merkel war. Wie es scheint, steht Scholz in dieser Tradition. Das könnte zu Konflikten mit seinen Partnern führen. Im Koalitionsvertrag der Ampel ist zwar kein Kurswechsel in der China-Politik vorgesehen. Aber an mehreren Stellen wird an ein selbstbewussteres Auftreten Deutschlands gegenüber China appelliert.

Gerhard Schröder sprach von „Koch und Kellner“

Allerdings darf Baerbock nicht überziehen. Als Außenministerin sind ihre Gestaltungsmöglichkeiten begrenzt. Die wesentlichen Elemente der deutschen Außenpolitik werden vom Kanzleramt vorgegeben – ob Westbindung (Konrad Adenauer), Ostpolitik (Willy Brandt), Nato-Nachrüstung (Helmut Schmidt), Europäische Union und Wiedervereinigung (Helmut Kohl). Schröder hatte für das Verhältnis von Kanzler und Außenminister den Vergleich von „Koch und Kellner“ geprägt.

Letztlich wird Scholz das Gesicht Deutschlands in der Welt sein, auf sein Wort wird gehört. Je eher Baerbock das akzeptiert, desto reibungsloser dürfte die Zusammenarbeit verlaufen.

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