zum Hauptinhalt
Rekruten beim feierlichen Gelöbnis. Auch in Uniform kann man zivil sein.

© imago images/auslöser-photographie

Widerstand gegen Bundeswehr im Corona-Einsatz: Da kann die Verteidigungsministerin dem Linksdrall mal einen einschenken

Die Kreuzberger Gegenwehr gegen Soldaten im Gesundheitsamt ist lächerlich – sie sollen nur helfen. Aber ihnen sollte auch geholfen werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Annegret Kramp-Karrenbauer hätte als Parteipolitikerin versagt, würde sie so eine Chance vorüberziehen lassen: Dem Berliner Senat mit seinem Linksdrall richtig einen einzuschenken. Noch dazu, wo es um Kreuzberg geht, jenen Hauptstadtbezirk, der in der Republik als exotisch-explosive Mischung aus Siebziger-Jahre-Bronx und Kopenhagens „Freistadt“ Christiania gilt.

Es ist mithin nachvollziehbar, wenn die Verteidigungsministerin nach Ablehnung ihres Angebots, das bezirkliche Gesundheitsamt mit Soldaten aufzustocken, die Empörte gibt und vorausgreifend Tote beklagt, die dann nur aus „aus ideologischen Gründen“ gestorben wären. Ein borniertes Interview der Linken-Landesvorsitzenden, die statt Uniformierter gekündigte Kaufhof-Angestellte arbeiten lassen will, sowie steigende Infiziertenzahlen tragen ein Übriges zur Aufregung bei.

Tatsächlich ist die Lage so dramatisch noch nicht, und es gibt auch keinen Hinweis, dass die Pandemie ohne das gewiss wertvolle Zutun der Bundeswehr unkontrollierbar wäre. Es geht daher in der Politik oft um Ideologie, sie findet sich in der Ablehnung der Bundeswehr ebenso so wie im eifrigen Angebot.

Dies vorausgeschickt, könnten beide Seiten etwas entspannter sein. Schon im Sommer hatte der zuständige Gesundheitsstadtrat angedeutet, die Damen und Herren Soldaten durchaus brauchen zu können. Amtshilfe heißt das im Bürokratendeutsch und hat mit einem „Einsatz der Bundeswehr im Innern“ nicht das Geringste zu tun; Panzer sind bekanntlich wirkungslos im Kampf gegen Viren.

Aufgabe der Streitkräfte ist es hier, zu telefonieren und Infektionsketten nachzuspüren. Viel friedlicher geht es eigentlich nicht. Wäre es immer so gewesen, es hätte einige Weltkriege weniger gegeben.

Der linke Antimilitarismus hat Probleme mit der Gegenwart

Eine Einsicht, die sich auch bei der sonst sehr eigenwilligen Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann durchzusetzen scheint. Sie macht sich jetzt stark dafür, der Bundeswehr im Gesundheitsamt Zutritt zu verschaffen. Die Bezirksverordneten indes wollten Herrmann am Donnerstagabend mehrheitlich erstmal nicht folgen - was sich aber noch ändern kann.

Eigentlich muss man sich wundern, weshalb der linke Antimilitarismus solche Schwierigkeiten hat, mit der Gegenwart umzugehen. Statt Streitkräfte aufzulösen, ist es nicht das Schlechteste, sie schrittweise zu zivilisieren. Einsätze im Rahmen von Amtshilfe gehören dazu. Ähnlich verhält es sich mit der Öffnung für Frauen, die von der EU-Justiz verordnet werden musste. Auch rechtsdrehenden Netzwerken in der Truppe dürften Begegnungen mit dem richtigen Leben außerhalb der Kasernen eine gesündere Marschrichtung geben. Die Bundeswehr bietet nicht nur Hilfe. Sie braucht auch welche.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false