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Prodemokratische Demonstranten in Hongkong erinnern an den Beginn der Proteste gegen Chinas Auslieferungsgesetz vor einem Jahr.

© REUTERS/Tyrone Siu

„Widersetzt euch dem bösartigen Gesetz": Hongkonger Aktivisten planen Protest zum Jahrestag

Vor einem Jahr entzündete sich in Hongkong an Pekings Plänen ein mehrmonatiger Protest, den die Corona-Pandemie stoppte. Nun soll der Widerstand fortgeführt werden.

Ein Jahr nach Beginn der Demonstrationen in Hongkong hat die Protestbewegung zum entschiedenen Widerstand gegen die Regierung und den Einfluss der kommunistischen Pekinger Führung aufgerufen. Die Organisatoren der Massenproteste appellierten am Dienstag an die sieben Millionen Hongkonger, insbesondere gegen das Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit anzugehen, das die Zentralregierung für die chinesische Sonderverwaltungsregion erlassen will. „Widersetzt Euch dem bösartigen Gesetz, kämpft bis zum Ende“, heißt es in einer Erklärung der Civil Human Rights Front.
Das Gesetz ist umstritten, weil es der bisher weitgehendste Eingriff in die Autonomie Hongkongs wäre. Es umgeht das Parlament der Metropole und richtet sich gegen Aktivitäten, die aus Pekinger Sicht subversiv sind oder auf eine Unabhängigkeit Hongkongs abzielen.

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Auch international stößt das Gesetz, das der Ständige Ausschuss des Volkskongresses noch diesen Monat erlassen könnte, auf heftige Kritik. Die USA haben Sanktionen angekündigt, indem Hongkong bislang gewährte Vorteile entzogen werden sollen.

Protestaktionen in Hongkong gestartet – trotz Corona-Beschränkungen

Es kam zu kleinen Protestaktionen, weitere Aktionen sollen am Abend stattfinden. In einem Einkaufszentrum versammelten sich am Abend (Ortszeit) rund 100 Demonstranten. Auf einem Plakat stand „Befreit Hongkong“.

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Eine Frau hielt eine Fahne, die den Ruf nach Unabhängigkeit symbolisiert. „Wir sind Hongkonger, wir sollten frei sein“, sagte sie. „Wir sind heute hergekommen, um der Welt zu sagen, dass wir keine Angst haben. Die Kommunistische Partei will, dass wir Angst haben, aber wir fürchten uns nicht.“ Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP sagte die Börsenhändlerin Ng:„Solange es Demonstrationszüge gibt, werde ich auf die Straße gehen, und solange es Sitzstreiks gibt, werde ich mitmachen.“ Das chinesische System dürfe in Hongkong keine Wurzeln schlagen, sagte sie.


Vor der Presse wandte sich Regierungschefin Carrie Lam gegen Pläne von Gewerkschaften und Studentengruppen für einen möglichen Aufruf zum Generalstreik. Das widerspreche den Interessen der Hongkonger in der Wirtschaftskrise durch das Coronavirus. Sie verteidigte ihre Politik und meinte, alle Seiten, einschließlich ihrer Regierung, hätten von den Ereignissen des Jahres eine Lektion zu lernen. „Hongkong kann es sich nicht leisten, weiter chaotisch zu sein.“ Die Bewohner Hongkongs müssten beweisen, dass sie „vernünftige Bürger der Volksrepublik China“ seien, wenn sie ihre Freiheiten und Autonomierechte behalten wollten.

Auslieferungsgesetz startete die Proteste – Sicherheitsgesetz befeuert sie erneut

Das Sicherheitsgesetz ist Pekings Reaktion auf die prodemokratische Bewegung in Hongkong, die sich am 9. Juni 2019 mit einem Massenprotest von Hunderttausenden gegen ein damals geplantes Auslieferungsgesetz neu formiert hatte. Es hätte die Auslieferung von Personen nach China ermöglicht, die von der - politisch nicht unabhängigen - chinesischen Justiz verdächtigt werden.

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Nach wochenlangen Protesten zog Hongkongs Regierung das Gesetzesvorhaben zurück. Doch dauerten die Demonstrationen Woche für Woche an – insgesamt gut sieben Monate. Erst der Ausbruch des Coronavirus dämmte die Aktionen ein. Kritik an ruhiger Haltung der der Bundesregierung gegenüber China „Die Menschen, die seit einem Jahr in Hongkong für ihre Freiheit auf die Straße gehen, sind keine Separatisten, keine Aufwiegler, keine Unruhestifter“, sagte Gyde Jensen (FDP), Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestages, in Berlin.

Prodemokratische Demonstranten bei einer Protestaktion in einer Shopping Mall.
Prodemokratische Demonstranten bei einer Protestaktion in einer Shopping Mall.

© REUTERS/Tyrone Siu

Die Hongkonger wollten nur ihre verbrieften Grund- und Freiheitsrechte behalten, träfen dabei aber auf die „autoritäre und brutale Übermacht“, die Chinas Präsident Xi Jinping auf die Sonderverwaltungszone ausgeweitet habe. Mit ihrer neutralen Haltung mache sich die Bundesregierung „zu einem willfährigen Komparsen des chinesischen Regimes“. Die Demonstranten setzen sich für demokratische Mitsprache ein und protestieren gegen Polizeibrutalität und den langen Arm Pekings.

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Die ehemalige britische Kronkolonie wird seit der Rückgabe 1997 an China nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ als eigenes Territorium autonom regiert. Die Hongkonger genießen anders als die Menschen in der Volksrepublik viele Freiheiten und Rechte, um die sie jetzt aber zunehmend fürchten. Hongkongs Polizei untersagt gegenwärtig neue Proteste mit dem Hinweis auf das weiter geltende Verbot von Versammlungen von mehr als acht Personen wegen der Corona-Pandemie.

„Über das vergangene Jahr haben die Hongkonger ihre friedlichen Forderungen nach Freiheit und Autonomie deutlich gemacht“, sagte Sophie Richardson von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. „Aber die Behörden in Peking und Hongkong zogen es vor, mit noch größerer Repression und Gewalt zu reagieren.“ (dpa/ AFP)

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