zum Hauptinhalt
Der Tatort: Im Kleinen Tiergarten in Moabit wurde am 23. August ein Georgier erschossen.

© Christoph Söder/dpa/AFP

Wer steckt hinter dem Mord von Moabit?: Hinweise auf „Nähe zum russischen Staatsapparat“ mehren sich

Den deutschen Ermittlern ist nach dem Mord an einem Georgier in Moabit die wahre Identität des Täters bekannt. Die deutet auf eine Verbindung nach Russland hin.

Mehr als drei Wochen nach dem Mord an einem Georgier in Berlin-Moabit gibt es offenbar neue Hinweise auf eine Verbindung des Täters zu staatlichen Akteuren in Russland. Während bereits kurz nach der Tat ein entsprechender Verdacht Richtung Russland geäußert wurde, verdichten sich nun die Erkenntnisse. Denn inzwischen ist den Ermittlern die mutmaßlich wahre Identität des Tatverdächtigen bekannt.

„Es deutet viel darauf hin, dass der Täter eine Nähe zum russischen Staatsapparat hat“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg dem Tagesspiegel. Als Indizien dafür nannte er die „gefälschten Passdokumente“ und „erste Erkenntnisse zur Biografie des Täters“. Sensburg ist als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags unmittelbar über den Fall informiert.

US-Behörden haben einem „Spiegel“-Bericht zufolge die Deutschen über die mutmaßlich wahre Identität des Mannes in Kenntnis gesetzt. Der russische Staatsbürger soll demnach „Angehöriger einer Einheit des russischen Innenministeriums“ gewesen sein. Diesem Ministerium waren bis 2016 die so genannten „inneren Truppen“, eine paramilitärische Einheit, ebenso unterstellt wie die Polizei-Spezialeinheiten OMON und SOBR. Außerdem soll der mutmaßliche Täter bereits in Russland wegen Mordes im Gefängnis gesessen haben.

Am 23. August war der Georgier Zelimkhan K. im Kleinen Tiergarten in Moabit getötet worden. Der Täter, der auf einem Fahrrad unterwegs war, schoss ihm in den Kopf. Das Opfer hatte in Tschetschenien gegen die russische Armee gekämpft. Zelimkhan K. soll in Deutschland Morddrohungen erhalten haben, auf ihn war bereits 2015 in Georgien ein Anschlag verübt worden. Der mutmaßliche Täter wurde kurz nach den tödlichen Schüssen festgenommen. In seinem russischen Pass steht der Name Wadim Solokow.

Der Tatverdächtige auf einem Foto der Berliner Polizei.
Der Tatverdächtige auf einem Foto der Berliner Polizei.

© dpa

Eine Person mit diesem Namen und dem angegebenen Geburtsdatum existiert allerdings nicht in der zentralen russischen Passdatenbank, in der alle Inhaber solcher Ausweisdokumente verzeichnet sind. Zu diesem Ergebnis kamen die Rechercheplattform Bellingcat, das russische Medium „The Insider“ und der „Spiegel“. Bei der Ausreise am Flughafen werden in Russland Pässe grundsätzlich gescannt und mit der Datenbank abgeglichen, die Grenzkontrolle untersteht dem Inlandsgeheimdienst FSB. Daher hätte der falsche „Sokolow“ nicht unbemerkt ausreisen können.

"Unklare Kommunikationsstrategie" der Bundesregierung

Das Team um „Bellingcat“ kam zu dem Schluss, dass er entweder mit Billigung russischer Behörden reiste – oder seine Daten nach der Festnahme aus der offiziellen Passdatenbank gelöscht wurden. Außerdem sei sein Pass offenbar von derselben Moskauer Behörde ausgestellt worden wie die Ausweisdokumente von Offizieren des militärischen Nachrichtendienstes GRU.

Für die Aufklärung der Tat in Berlin ist derzeit noch die Berliner Staatsanwaltschaft zuständig. Das könnte sich allerdings bald ändern: „Wenn sich die Erkenntnisse verdichten, dass der russische Staatsapparat involviert ist, wird sich der Generalbundesanwalt des Falles annehmen müssen“, sagte Sensburg.

Aus der Opposition kommt derweil Kritik an der Bundesregierung, die eine Stellungnahme unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen ablehnt. Die Bundesregierung verfolge eine „unklare Kommunikationsstrategie“, sagte der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz.

Allerdings wird die Zurückhaltung der Bundesregierung in Berlin auch damit erklärt, dass der Fall massive Auswirkungen auf das deutsch-russische Verhältnis haben kann.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false