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Reisende warten vor einem Testzentrum am Flughafen von Palma des Mallorca.

© Guillermo Martinez/Reuters

„Wer reist, kann sich das auch leisten“: Weltärztepräsident fordert Corona-Tests für alle Reiserückkehrer

Impfdurchbrüche machten Schnelltests auch für Geimpfte und Genesene nötig, sagt Montgomery. Lauterbach plädiert für eine PCR-Testpflicht für Ungeimpfte.

Die Reisesaison in Deutschland geht in das letzte Drittel. Nach den Erfahrungen des vergangenen Jahres, als zurückkehrende Urlauber die Zahlen der Neuinfektionen mit dem Coronavirus stark ansteigen ließen, wird weiter heftig darüber debattiert, ob die aktuell geltenden Maßnahmen ausreichen, um dies 2021 zu verhindern.

Seit 1. August müssen alle Menschen ab zwölf Jahren, sofern sie nicht gegen Corona geimpft oder von einer Erkrankung genesen sind, einen negativen Test nachweisen, egal ob sie mit dem Flugzeug, Auto oder der Bahn kommen. Weltärztebund-Präsident Frank Ulrich Montgomery fordert nun eine Testpflicht für sämtliche aus dem Ausland kommende Reiserückkehrer, also auch für vollständig Geimpfte und von Covid-19 Genesene. Eine solche Maßnahme sei zumutbar, sagte Montgomery den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Zur Begründung für die Forderung einer Testpflicht für alle Urlaubsheimkehrer verwies Montgomery auf die steigende Zahl sogenannter Impfdurchbrüche. Das Robert Koch-Institut (RKI) habe bisher bei 42 Millionen vollständig Geimpften 7500 Impfdurchbrüche festgestellt. Erkrankungen trotz Impfung sind demnach bei rund 0,02 Prozent der vollständig Geimpften aufgetreten. „Wer sich eine Auslandsreise leisten kann, kann sich auch einen Schnelltest leisten“, fügte Montgomery hinzu.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach verwies allerdings darauf, dass Antigen-Schnelltests in vielen positiven Fällen ein falsch-negatives Ergebnis lieferten. „Es ist also leider ein beträchtlicher Teil der Menschen infektiös, obwohl der Test das Gegenteil anzeigt“, sagte er der „Rheinischen Post“.

Daher sollte es für Ungeimpfte bei hohen Inzidenzwerten eine Pflicht für zuverlässigere PCR-Tests geben, damit sie an Veranstaltungen teilnehmen oder ins Restaurant gehen können. Eine Impfung sei allerdings der leichtere Weg wegen der höheren Kosten und des größeren Zeitaufwands von PCR-Tests, fügte Lauterbach hinzu.

Vorstandsvorsitzender des Weltärztebundes: Frank Ulrich Montgomery.
Vorstandsvorsitzender des Weltärztebundes: Frank Ulrich Montgomery.

© Imago Images/Jürgen Heinrich

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte am Freitag für Reiserückkehrer unkomplizierte Impfangebote an Flughäfen und Bahnhöfen. „Ich schlage vor, nicht nur Teststationen, sondern auch Impfstationen für Einreisende bereit zu halten“ sagte Dobrindt den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „An Flughäfen und Bahnhöfen sollten nicht-geimpfte Reiserückkehrer schnell und unkompliziert ein Impfangebot bekommen.“

Insgesamt sind nach RKI-Angaben inzwischen rund 54 Prozent der deutschen Bevölkerung vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Zwar ist bei vollständigem Impfschutz weiterhin eine Ansteckung möglich – doch ist das Risiko einer Erkrankung signifikant reduziert.

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Das RKI hatte ebenfalls am Freitag darauf hingewiesen, dass die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen, in diesem Jahr mehrere Wochen früher und schneller wieder ansteigt als im Sommer 2020. „Trotz steigender Impfquote“, schrieb das RKI bei Twitter. Wie aus dem neuen RKI-Wochenbericht hervorgeht, können Gesundheitsämter nicht mehr alle Infektionsketten nachvollziehen.

Am Freitag hatte die Inzidenz erstmals seit dem Frühjahr wieder die Marke von 20 überschritten. Im vergangenen Jahr war dies erst Ende der ersten Oktoberwoche der Fall gewesen – und dann innerhalb von rund vier Wochen auf mehr als 150 gestiegen.

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Die Daten, die dem RKI zu mutmaßlichen Ansteckungsorten vorliegen, zeigen kein vollständiges Bild: In 42 Prozent der in den vergangenen Wochen übermittelten Fälle lägen keine Angaben zum wahrscheinlichen Infektionsland vor, heißt es dem RKI-Report. Der Anteil der Fälle, bei denen eine wahrscheinliche Ansteckung im Ausland bekannt ist, stieg demnach im Vergleich zur Vorwoche nicht weiter an.

Es geht um insgesamt gut 5000 Infektionen zwischen 5. Juli und 1. August, in denen Menschen dem Virus wohl im Ausland ausgesetzt waren. Im Inland wurde in der gleichen Zeit die rund vierfache Anzahl erfasst. Als Reiseziel mit den meisten mutmaßlichen Ansteckungen wird Spanien mit deutlichem Abstand vor der Türkei und Kroatien genannt.

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Über Maßnahmen gegen eine neue große Coronavirus-Welle wollen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten am Dienstag beraten. Dabei geht es neben Impulsen für mehr Impfungen auch um Beschränkungen, die nur für Ungeimpfte gelten könnten.

[Alle aktuellen Entwicklungen in der Coronavirus-Pandemie finden Sie hier in unserem Newsblog. Über die Entwicklungen speziell in Berlin halten wir Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden.]

Thema wird auch sein, welche Bedeutung der Inzidenz angesichts der Impfungen noch beigemessen werden soll. Während RKI-Chef Lothar Wieler darauf pocht, den Wert als Leitindikator beizubehalten, haben unter anderem Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), mehrere Länderchefs, Mediziner und Verbandsvertreter zuletzt betont, dass die Inzidenz an Bedeutung verloren habe.

Der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sagte am Samstag der „Welt“: „Wir brauchen einen neuen Wert, der das aktuelle Infektionsgeschehen beschreibt und Inzidenz und Impfquote nachvollziehbar miteinander ins Verhältnis setzt.“ Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil rief Bund und Länder auf, sich am Dienstag „zwingend gemeinsam auf neue Parameter für die Bewertung der Gefährdungslage verständigen“.

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