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Bisher gratis - aber Berlins Regierender Müller und Politiker aus der FDP wollen das ändern (Szenenfoto vom Münchner Flughafen).

© Matthias Balk/dpa

Wer am falschen Ende spart: Corona-Tests müssen gratis bleiben – auch für Risikourlauber

Politiker, die jetzt fordern, Risikourlauber für ihre Tests zahlen zu lassen, zetteln Neiddebatten an und könnten sich auch sonst gefährlich verrechnen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

Auch dafür hat Corona gesorgt: Dass ein CDU-Politiker eine Gratisleistung für alle organisiert und ein SPD-Politiker dagegen angeht. Berlins Regierender Michael Müller will Reiserückkehrer aus Risikogebieten an den Kosten für ihre Coronatests, die nach einem Beschluss von Gesundheitsminister Jens Spahn kostenlos sind, zumindest beteiligen. Müller liegt damit in etwa auf FDP-Linie, was seinen Vorstoß aber auch nicht richtiger macht.

Das Hintergrundrauschen der Mitzahl-Position erinnert an Neiddebatten. Motto: Egoisten, die sich zu Unzeiten Reisen in flotte Corona-Paradiese leisten können, sollten auch ein paar Kröten für Tests übrighaben und mit ihrem ohnehin rücksichtslosen Verhalten die Allgemeinheit nicht auch noch finanziell belasten.

Aber Risikogebiete heißen nicht immer Mallorca und sind nicht immer Partyzone. Sie heißen auch Türkei oder Kosovo. Viele Deutsche und Migranten, die in Deutschland leben, haben dort Familie – und möchten in den Ferien mit ihren Kindern zu Oma, Opa, Onkel und Tante fahren. Die Testkosten können sich durchaus zu Beträgen zusammenläppern, die nicht mal so eben übrig sind.

Und selbst wenn einem das egal wäre, muss man doch feststellen: Eine Zahlungsaufforderung wird die Regeltreue der Rückkehrer nicht fördern. Weder bei denen, die etwas mehr haben, noch bei denen, die das ohnehin nicht von sich behaupten würden.

Auf die Regeltreue kommt es aber an, also auf die Bereitschaft der Bevölkerung, die Coronaschutzmaßnahmen zu akzeptieren und auch dann umzusetzen, wenn gerade kein Ordnungshüter darüber wacht. Ohne diese Selbstverpflichtung können Bund und Länder sich den ganzen Aufwand, den sie seit Monaten zur Seuchenabwehr betreiben, nämlich sparen.

Zur Allgemeinheit gehören auch die Risiko-Urlauber

Dieser Aufwand beinhaltet schon jetzt Coronahilfsmaßnahmen -rettungsprogramme in Höhe von insgesamt 130 Milliarden Euro: von den Soforthilfen für strauchelnde Selbstständige, Sonderzahlungen an Familien mit Kindern und Entlastungen für Unternehmen über Geld für klamme Kommunen bis hin zur Mehrwertsteuersenkung. Was ebenfalls alles die Allgemeinheit zahlt – zu der im Übrigen auch die Risikourlauber gehören.

Diese ganzen Hilfsprogramme werden in ihrer Wirkmacht gefährdet, wenn die Bevölkerung sich gegen Maßnahmen sperrt, die auf ihr Verhalten im Alltag zielen. Zwar gibt es Umfragen, die eine verbreitete Zustimmung zum Krisenmanagement der Politik belegen, aber das sollte nicht dazu führen, dass man jetzt da wieder zu sparen anfängt, wo es die Menschen in ihrem Portemonnaie trifft.

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Wenn die Beträge, die Selbstzahl-Verfechter wie Müller und noch entschiedener Konstantin Kuhle von der FDP meinen, so läppisch sind, dass die Urlauber die noch eben mitzahlen können, dann sind sie auch läppisch genug, dass sie in den ohnehin eingepreisten Corona-Milliarden nicht weiter auffallen. Vor allem sind sie läppisch genug, um dafür nicht zu riskieren, dass Menschen sich der Testpflicht entziehen und als unerkannt Infizierte durch die Gegend laufen.

Die Aufregung, die in Bayern ausgebrochen ist, als herauskam, dass Urlauber von ihren positiven Tests nicht in Kenntnis gesetzt wurden, war groß. Jetzt mit der Rechnung zu drohen und so dafür zu sorgen, dass Reiserückkehrer versuchen, den Test zu vermeiden, könnte am Ende dasselbe bewirken: Die Krankheit wird weitergegeben.

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