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In Großbritannien gibt es eine große Kampagne pro Krebsvorsorge. Bald auch in Deutschland?

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Weniger Vorsorge in der Pandemie: Es ist Zeit für eine neue Kampagne gegen Krebs

Zu den Opfern des Virus gehören auch diejenigen, die ihre Krebsfrüherkennung verpassen – und an einem zu spät entdeckten Tumor erkranken. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ingo Bach

Es ist eine gute und eine schlechte Nachricht zugleich, die die große Krankenkasse DAK-Gesundheit zum Weltkrebstag veröffentlichte. Der gute Part lautet: Nach einem Tiefstand 2020 nahmen die Menschen im ersten Halbjahr 2021 wieder mehr Untersuchungen zur Krebsvorsorge in Anspruch. Der schlechte: Die Anzahl bleibt mit minus zwölf Prozent weiterhin deutlich unter der im ersten Halbjahr 2019, also vor der Corona-Pandemie.

Die spielt hier eine große Rolle, denn es war vor allem die Angst, sich in einer Arztpraxis mit Sars-CoV-2 anzustecken oder die eh schon überlasteten Ärzte zu nerven, die die gesetzlich Versicherten davon abhielt, einen Termin für die Krebsfrüherkennung zu vereinbaren.

Seit zwei Jahren lassen Menschen ihre Vorsorge wegen Corona ausfallen

Die neue Analyse lässt nur einen Schluss zu: Seit nunmehr zwei Jahren verschieben viele Menschen, die ohne Pandemie zur Vorsorge gegangen wären, ihre Untersuchungen oder lassen sie gleich ganz ausfallen.

Aus guten Gründen und nach langen Debatten wurden in Deutschland verschiedene Untersuchungen für die Früherkennung von Krebs eingeführt, deren Kosten die gesetzlichen Krankenkassen tragen. Denn viele Tumorarten sind desto besser behandelbar und oft sogar heilbar, je früher sie entdeckt werden. Das gilt beispielsweise für Darm-, Haut- oder Brustkrebs.

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Die entsprechenden Screeningprogramme mit Millionen Berechtigten sind aufwändig und teuer. Dass sie trotzdem von den Krankenkassen – die von Gesetzes wegen sehr genau Kosten und Nutzen abwägen müssen – getragen werden, zeigt deren gesundheitlichen Gewinn bei vielen Tumorarten.

Wer die Früherkennung verschiebt, riskiert

Die Auswirkungen einer verschobenen Früherkennungsuntersuchung werden unterschiedlich sein. Manche Krebsarten, wie ein bösartiger Tumor im Darm, entwickeln sich über Jahre. Da fällt eine Vorsorgekoloskopie, die um ein halbes Jahr verschoben wird, nicht so sehr ins Gewicht – wenn es nicht die erste ist, auf die Frauen ab 55 und Männer ab 50 Jahren ein Recht haben. Denn je später diese erste Darmspiegelung stattfindet, desto mehr Zeit hatten Wucherungen im Darm womöglich, zu einem Krebs zu entarten.

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Andere, wie Hautkrebs, können noch schneller zur Gefahr werden, weil sie schnell Tochtergeschwulste bilden. Deshalb zahlen die Kassen alle drei Jahre das Hautkrebsscreening. Und ein unentdeckter winziger Tumor in der Brust kann binnen kurzer Zeit zum Knoten heranwuchern und Metastasen streuen.

Zu den Opfern der Corona-Pandemie zählen also auch diejenigen, die aus Angst vor dem Virus ihre Vorsorge verpassen und deshalb an einem nicht mehr heilbaren Tumor erkranken und daran möglicherweise sterben. Auf die Kampagnen für eine Impfung gegen Corona sollte also bald eine neue Kampagne für die Krebsvorsorge folgen.

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