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Sanofi wird 2021 nicht die mindestens angedachten 27,5 Millionen Corona-Impfdosen nach Deutschland schicken können.

© Imago/Hans Lucas

Update

Weniger Corona-Impfstoff als geplant?: Welche Auswirkungen ein Sanofi-Rückschlag für Deutschland hätte

Ein Impfstoff des französischen Pharmakonzerns Sanofi steht 2021 wohl doch nicht zur Verfügung. Hat das Einfluss auf die Planungen der Bundesregierung?

Als vor zwei Wochen eine Liste mit den geplanten Impfstoff-Lieferungen für dieses Jahr publik wurde, mahnte die Bundesregierung bereits, dass bei Prognosen Änderungen „nicht ungewöhnlich“ seien.

Der mögliche Rückschlag des französischen Pharmakonzerns Sanofi bei der Entwicklung eines Impfstoffs in der Corona-Pandemie wirft nun erste Fragen auf, ob die rund 324 Millionen Dosen der angedachten Hersteller tatsächlich vollständig geliefert werden können.

Zwar teilte Sanofi dem Tagesspiegel am Montag mit, dass es keine Änderungen bei den Zeitplänen der beiden Impfstoffkandidaten gebe. Demnach strebe das Unternehmen auch für den von Deutschland bestellten Impfstoffkandidaten in Zusammenarbeit mit dem britischen Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) die Zulassung wie geplant im vierten Quartal dieses Jahres an.

Allerdings wurde bereits am Sonntag publik, dass der zweite Impfstoffkandidat, das mit dem US-Partner Translate Bio entwickelte Vakzin, in diesem Jahr nicht zur Verfügung stehen wird. Das sagte der Chef des Arzneimittel-Herstellers Sanofi, Paul Hudson, der Sonntagszeitung „Le Journal du Dimanche“. Geplant war, dass eine Zulassung schon in der zweiten Jahreshälfte 2021 möglich sei.

Sanofi kämpft auch bereits längere Zeit mit einer Verzögerung bei seinem ersten Impfstoffkandidaten, der Ende des Jahres nach Deutschland geliefert werden soll. Die beiden Unternehmen hatten im Dezember mitgeteilt, dass das Mittel bei älteren Erwachsenen keine ausreichende Reaktion des Immunsystems hervorrief. Die Phase-2-Studie soll allerdings noch im Februar starten, teilte Sanofi am Montag mit.

Aus einer Übersicht des Bundesgesundheitsministeriums, die dem Tagesspiegel vorliegt, geht hervor, dass Deutschland mit mindestens 27,5 Millionen Dosen von Sanofi in diesem Jahr rechnet. Noch steht der Plan.

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Allerdings hätte eine verschobene Lieferung des Sanofi-Impfstoffs erst im kommenden Jahr keine Auswirkungen auf die Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel, jeder Bürgerin und jedem Bürger bis Ende des Sommers ein Impfangebot machen zu können. Denn der Sanofi-Impfstoff war, wie erwähnt, ohnehin erst für das letzte Quartal 2020 eingeplant.

Allein bis Ende September rechnet die Regierung weiterhin mit mehr als 220 Millionen Impfdosen von Biontech/Pfizer, Moderna, Astrazeneca, Johnson & Johnson und Curevac. Wobei von diesen Impfstoffen noch nur die von Biontech/Pfizer, Moderna und Astrazeneca eingesetzt werden. Wann die Impfstoffe von Johnson & Johnson und Curevac zugelassen werden, ist noch unklar.

Die zugelassenen Impfstoffe genügen für Merkels Plan

Doch was ist, wenn die letztgenannten Hersteller ihre Impfstoffe auch nicht wie geplant liefern könnten? Immerhin weist die Bundesregierung in ihrer Auflistung auf „erhebliche Unsicherheiten bei den Pharmafirmen“ hin. Im dritten und vierten Quartal erwartet Deutschland insgesamt 61,3 Millionen Impfdosen von Johnson & Johnson und Curevac, 45 Millionen davon bis Ende September.

Heißt also: Auch nur mit Biontech/Pfizer, Moderna und Astrazeneca wären mit rund 175 Millionen erwarteten Impfdosen noch genügend da, um jedem Bürger und jeder Bürgerin ein Impfangebot zu machen. Sofern es bei diesen Herstellern nicht zu unerwarteten Produktionsausfällen oder anderen Problemen kommt.

Unterdessen stellte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides ein Schnellverfahren für die Anpassung bereits zugelassener Corona-Impfstoffe an Virus-Mutationen in Aussicht. „Wir haben nun entschieden, dass ein Impfstoff, der vom Hersteller auf der Basis des bisherigen Vakzins zur Bekämpfung neuer Mutationen nachgebessert wurde, nicht mehr den ganzen Zulassungsprozess durchlaufen muss“, sagte sie der „Augsburger Allgemeinen“. „Es wird also schneller gehen, geeignete Impfstoffe verfügbar zu haben, ohne bei der Sicherheit Abstriche zu machen.“

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Die USA und Großbritannien hatten – anders als die EU – die ersten Corona-Impfstoffe wesentlich schneller in einem Notfallverfahren zugelassen und sind deswegen jetzt deutlich weiter bei der Impfung von Risikogruppen als etwa Deutschland und Frankreich.

In den USA sind mittlerweile mehr als 50 Millionen Impfdosen verabreicht worden (rund 330 Millionen Einwohner), in Großbritannien mehr als 15 Millionen (rund 66 Millionen Einwohner). In Deutschland sind es hingegen erst rund vier Millionen (rund 83 Millionen Einwohner) und in Frankreich weniger als drei Millionen (rund 67 Millionen Einwohner).

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn räumte am Wochenende nochmals Fehler bei den Vorbereitungen auf die Corona-Impfungen ein. „Der europäische Bestellprozess war teilweise nicht schnell genug, und wir haben nicht genug erklärt, wie schwierig der Start sein würde. Das war ein Fehler“, sagt der CDU-Politiker in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“.

Das liege auch an der Struktur. „Unser Vergaberecht bei Aufträgen in Europa ist zu stark von Sicherheit und Routinen geprägt. Dadurch sind wir langsamer als nötig.“ In den nächsten Wochen werde sich die Situation verbessern. „Deshalb ist es wichtig, dass die Länder jetzt ihre Kapazitäten darauf einstellen.“

EU-Gesundheitskommissarin Kyriakides zufolge sollen bis Ende September mindestens 700 Millionen Dosen zur Verfügung stehen. Das sei mehr als genug für 70 Prozent der EU-Bevölkerung. Bis Ende Juni stünden 300 Millionen Dosen der bislang drei zugelassenen Impfstoffe für mehr als ein Drittel der EU-Bürger bereit. „Diese Zahl könnte sich sogar noch erhöhen, wenn der Impfstoff von Johnson & Johnson hinzukommt“, so Kyriakides mit Blick auf den US-Konzern. (mit Reuters)

[In einer vorherigen Version des Textes stand, dass Sanofi in diesem Jahr keinen Impfstoff nach Deutschland liefern kann. Das ist falsch. Bei dem Impfstoff, der in diesem Jahr nicht zur Verfügung stehen wird, handelt es sich um den anderen Impfstoffkandidaten.]

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