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Der Freiburger Stephan Burger, ruft zu direkten Spenden für die Misereor-Fastenaktion auf.

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Update

Wegen Corona-Krise: Misereor drohen Millionen-Einbußen für Hilfsprojekte

Am Sonntag ist die Fasten-Kollekte für Misereor. Doch da wegen des Coronavirus Gottesdienste nicht stattfinden, bleiben die Klingelbeutel leer.

Es war früher immer ein Ritual kurz vor Osten, der Vater steckt zu Hause einige Scheine in die Spendentüte aus Papier und legt sie dann im Gottesdienst feierlich in den herumgereichten Kollektekorb. Für das bischöfliche Hilfswerk der katholischen Kirche, Misereor, ist die Fastenzeit die wichtigste Spendenaktion des Jahres, vergangenes Jahr kamen knapp zehn Millionen Euro zusammen.

Ein Bild sagt ja manchmal mehr als viele Worte. Das Plakat zur Fastenaktion 2020 zeigt Anoud Raslan mit ihrer Tochter. Sie ist aus dem Kriegsland Syrien in den Libanon geflüchtet. In Beirut hat sie Zuflucht und Unterstützung durch ein Projekt des Hilfswerks gefunden und hilft nun selbst als Lehrerin. Doch so wie das Leid der Syrer gerade in Vergessenheit gerät, droht als Kollateralschaden der Corona-Pandemie auch für Misereor ein massiver Einnahmeneinbruch.

Keine Gottesdienste - keine Kollekte

Denn wegen der Virusausbreitung darf es derzeit keine Gottesdienste geben, somit fällt auch die Fastenkollekte in den Kirchen aus. Damit entfällt die Möglichkeit, am kommenden Sonntag, dem 5. Fastensonntag, in Gottesdiensten wie geplant im Rahmen der diesjährigen Fastenkollekte für Misereor zu spenden. Der Sonntag wird in der Kirche auch der „Misereor“-Sonntag. Die Deutsche Bischofskonferenz appelliert daher, Geld zu überweisen oder die Spendentüten in der Pfarrei abzugeben. Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger, der auch für der für Misereor zuständige Bischof mahnt, in der aktuellen Corona-Krise dürften die unter Krieg, Armut und Hunger leidenden Menschen weltweit nicht vergessen werden.

Bischöfe mahnen: Anderes Leid nicht vergessen 

Die Bischöfe mahnen trotz aller eigenen Corona-Sorgen, die vom Krieg in Syrien traumatisierten und geflüchteten Menschen nicht im Stich zu lassen. Daneben gibt es viele Projekte in Afrika und Lateinamerika. Zum Beispiel werden in Kolumbien Friedensprojekte unterstützt, die es vertriebenen Familien nach dem Ende des Guerillakrieges und der Beseitigung von Landminen ermöglichten, in ihre Dörfer zurückzukehren.

Auch Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) rief dazu auf, trotz fehlender Gottesdienste für das Hilfswerk zu spenden. „Die kirchlichen Hilfswerke sind gerade in den Flüchtlingsgebieten häufig die einzige Zufluchtsstätte, um zu überleben. Durch das Corona-Virus sind zwischenzeitlich weltweit Millionen von Flüchtlingen ohne jeglichen Schutz.“ Er wisse um die Sorgen in Deutschland um Gesundheit und Arbeitsplätze. „Und dennoch erfordert die Corona-Pandemie unseren weltweiten Einsatz und Hilfe.“

Nur wenige Spaziergänger sind vor dem Kölner Dom unterwegs.
Nur wenige Spaziergänger sind vor dem Kölner Dom unterwegs.

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Der "Digitale Klingelbeutel"

In vielen Bistümern werden die Gottesdienste nun per Livestream im Internet übertragen – und es soll auf den in diesem Jahr eher digitalen Klingelbeutel hingewiesen werden. Doch intern wird befürchtet, dass die Spenden um mindestens die Hälfte auf unter fünf Millionen Euro einbrechen könnten. Zumal der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) auch nicht wie bisher vielerorts nach den Gottesdiensten „Solibrote“ für die Spendenaktion verkaufen kann. Nun werden die Brote in ausgewählten Bäckereien mit einem Spendenanteil von 50 Cent verkauft. Und in einer Gemeinde haben junge Leute laut Misereor Spendenflyer in die Briefkästen geworfen – und dazu ein Blatt Klopapier, das Motto: „Misereor geht uns nicht am Ar*** vorbei“.

Gerade in der Krisenregion des Nahen Ostens könnte Corona noch zu verheerenden Folgen führen, betont Misereor-Vorstand Martin Bröckelmann-Simon. „Binnenvertriebene und Randgruppen in Irak, Syrien und Libanon halten sich zurück, mögliche Verdachtsfälle zu melden, weil sie weitere Ausgrenzung fürchten und ihnen der Zugang zu Gesundheits- und Sozialdiensten verwehrt werden könnte.“ So gefährden sie sich, ihre Angehörigen und andere Personen, es sei eine große Dunkelziffer an Infizierten zu vermuten.

Es ist dies auch für Katholiken und Protestanten die erste große Krise ohne die direkten Kontakten in denn Kirchen. Da sich die Menschen nicht mehr zu Gottesdiensten versammeln können, läuten vielerorts nun täglich abends die Glocken, um ein Zeichen der Gemeinschaft und Solidarität zu setzen. Auch der Kölner Dom bleibt leer. Kardinal Rainer Maria Woelki nennt die schwierige Corona-Zeit ohne Gottesdienste als „eine Fastenzeit, wie sie noch niemand von uns erlebt hat und hoffentlich auch nie wieder erleben muss“.

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